INTERNATIONALES STRASSENMUSIKFESTIVAL, 06.06.2025, Blühendes Barock, Ludwigsburg

Das Maifeld Derby hängt immer noch etwas melancholisch nach, da befinde ich mich an einem Sonntag spontan schon wieder auf einem Festival – dem Straßenmusikfestival Ludwigsburg im Blühenden Barock. Kollege Holger fragte am Vormittag in die Runde, wer ihn am Nachmittag begleite und zack, schon standen wir am Eingang für Künstler:innen und Mitarbeitende und Holger teilte mit mir sein Wissen über die Standorte der verschiedenen Bühnen und alles Wichtige, das er sich am Festivalfreitag angeeignet hatte und hier samt den Eindrücken und Bildern von Kollege Reiner hier festgehalten hat. Als Chronist möchte man gerne alles sorgfältig im Überblick haben, aber ein absolut passables Vorgehen ist bei diesem mittlerweile alteingesessenen Spektakel das halbwegs planlose Umherwandern auf diesem beeindruckenden Gelände.

Das machen wir dann angesichts der uns zuerst zu Ohren kommenden schwäbischen Mund-Art-Cover-Band auch zügig. Unsere erste Kombination ist D19 [= Bühne „D“, Künstler-Startnummer „19“]: Kemadito Sound aus Argentinien. Hier zeigt sich sogleich die Herausforderung für die Bands – schneller Aufbau und pragmatischer Line-Check sollten angesichts der engen Taktung keine allzu großen Herausforderungen sein. Das bekommen die vier Musiker auch gekonnt hin, und schon weht uns in Reihe eins ein respektabel lauter Cumbia-Sound um die Ohren.

Es werden ab Minute eins keine halben Sachen gemacht und jeder, der nicht bei vier an den nahe liegenden Verpflegungsständen ist, zum Mitklatschen und -tanzen animiert. Da steigt die Stimmung beim insgesamt leider nicht allzu zahlreichen Publikum rasant und ein für diesen Nachmittag irgendwann gewohntes Bild bietet sich den enthusiastisch performenden Bands – enthusiastisch tanzende Funktionskleidungs-Träger:innen. Die Argentinier erfreut das sichtlich und das fast durchgehende Set, angetrieben von einer respektablen Percussion-Drumset, Trompete, Posaune und Akkordeon, hinterlässt strahlende Gesichter.

G6: Während Laura Guidi noch acht sich vor dem leichten Regen vor der kleinen Bühne unter dem schützenden Pavillion Schutz-Suchenden ihre beiden letzten Songs des Sets präsentiert, wird um sie herum schon fleißig aufgebaut und wie schon am Vortag, machen Cacao Munch ermaßen Stimmung, dass es auf der Wiese teilweise kein Halten gibt. Es wird paar-getanzt, die Regenjacken von den Leibern gerissen und schwäbische Reserviertheit wird nach spätestens zwei Songs durch kolumbianische Bühnen-Euphorie in Beschlag genommen. VAUDE trifft Cumbia – das ist Völkerverständigung!

E15: Indjoov sind ein Schlagzeuger und ein Gitarrist, die als erstes durch ihre geschminkten Gesichter im Stile einer Mischung aus KISS und dem Joker auffallen. Sie haben ihr Set vor der Bühne aufgebaut und sind voll in ihrer Musik versunken. Diese besteht aus sich abwechselnden Gitarren-Riffs und -soli plus entsprechender Drum-Begleitung. Das ist durchaus ein ganz nettes Gesamtpaket, allerdings für mich persönlich nach zehn Minuten etwas langweilig

E4: Wir bleiben bei derselben Bühne, da danach die mehrfachen Gewinner des Festivals auftreten: Beranger . Und irgendwie ist es ein ähnliches Konzept, nur die E-Gitarre wird durch ein Stagepiano ersetzt. Und irgendwie scheine ich für dieses Konzept auch in dieser Variante an diesem Sonntagnachmittag nicht empfänglich zu sein. Vielleicht haben mich die südamerikanischen Sounds schon in eine bestimmte Richtung entführt. Ich erfreue mich derweil an der Tüte gebrannter Kürbiskerne – vielleicht eine leckere Weiterverwendung der weltgrößten Kürbis-Ausstellung an selber Stelle.

Wir sehen noch bei K22 drei Blues-Cover-Musiker aus Spanien (Loop’n Loompa) mit ausladenden Gitarren-Soli vor der Bühne, I5 der Ein-Personen-Act mit Loop-Station (Borja Catanesi), der mit „Like A Sex-Machine“ und nigerianischen Afrobeats als Könner seines Handwerks wilde Tanzszenen und eine halbe Polonaise hervorruft, während im Hintergrund Rote Würste gereicht werden.

Langsam verlassen mich die sonntäglichen Superkräfte, die mir eigentlich meine neon-farbene Multifunktionsjacke verleihen sollte und wir sehen am Ende nochmals die Italienerin Laura Guidi (6), die auf der abgelegensten, aber heimeligsten Bühne (H) unter einem großen Zeltdach unter anderem ein wunderbares Gianna-Nanini-Cover spielt („America“)

I34 (The RW Smith) geleitet uns mit der schönsten Stimme des Tages und schönem Singer-Songwriter-Sound mit ein bisschen Americana mit der Gewissheit in Richtung Ausgang, dass dies auf jeden Fall nicht unser letzter Besuch dieses etwas anderen Festivals gewesen sein wird.
