MAYA ONGAKU, 04.06.2025, Merlin, Stuttgart

Bereits zum zweiten Mal ist die von der japanischen Halbinsel Enoshima, 50 Kilometer südwestlich von Tokio, kommende Band auf Europatour. Ursprünglich gegründet als zusammengewürfeltes Kollektiv lokaler Musiker, bestehen Maya Ongaku aktuell als Trio, aus Tsutomu Sonda, Ryota Takano und Shoei Ikeda. Beim Bandnamen, der sich nicht, wie man vielleicht vermuten mag, auf eine antike Zivilisation bezieht, handelt es sich um einen Neologismus, der die imaginäre Sicht jenseits der eigenen Wahrnehmung definieren soll.

Weite, Regen und nebelverhangener Bergwald erscheint vor meinem inneren Auge, als das Konzert mit sanften, naturassoziativen Klängen beginnt. Eine Querflöte entführt in eine ephemere Welt, lässt einen über ursprüngliche Natur schweben, um gleich darauf von der dezent eingesetzten Rhythmik geerdet zu werden. Sonodas zurückgenommener und erzählerischer Gesang versetzt mich, auch wenn ich des Japanischen leider nicht mächtig bin, in eine märchenhafte Parallelwelt, und zugleich ist es auch eine Entdeckungsreise in innere Welten.

Ikedas schwebende Saxophonharmonien, die fein austarierten Perkussionen und Takados Basslinien (in einer Spielweise, wie ich sie sonst nur aus dem Jazz kenne), erschaffen eine psychedelische, abstrakte Klangwelt von großer und doch ruhiger Sogwirkung. Ambient-Klänge, analoge Synthie-Modulationen und die hypnotischen Visuals erschaffen ein audiovisuelles Gesamtkunstwerk, das mich in eine surreale Sechzigerjahre Science-Fiction Welt à la Roger Vadims „Barbarella“ beamt.
Ein bewusstseinserweiternder Trip, der aus fernen, unbekannten Welten von einsetzenden, fast schon clubbigen Beats, zurück auf die Erde geführt wird. Körperlich, tanzbar, der Brustkorb vibriert, um gleich darauf von loungigen Easy-Listening Klängen sanft umschmeichelt zu werden, die mich wohlig in ein imaginäres Chesterfield Sofa sinken lassen.

Aus dem schwer fassbaren, positiv gemeinten, Wabern, schälen sich kraftwerk-esque, an Transeuropa Express erinnernde, massive Soundscapes, die durch die Leichtigkeit Ikedas Querflöte kontrapunktiert werden.
Was soll ich noch schreiben, denn wirklich beschreibbar ist May Ongakus Darbietung nicht. Es ist Musik, die mit Worten nur schwer zu fassen ist, auf die man sich einlassen muss. Große Kunst eben, die vom begeisterten Publikum gefeiert wird.
