MOTORPSYCHO, 15.05.2025, Manufaktur, Schorndorf

Eine wichtige Leerstelle sind wir nun endlich bereit zu füllen. In den über 15 Jahren dieses Konzertblogs hatten wir es doch tatsächlich geschafft, bisher noch nichts über die legendären, hier trifft es wirklich zu, Motorpsycho zu schreiben. Seit den 80ern aktiv hat die Band, eigentlich das Duo, roundabout 30 Alben veröffentlicht. Je nachdem wie man EPs oder Projekte wie mit den Jaga Jazzist dazu zählen mag oder nicht. Über Alternative, Metal, 60ies-Pop, Stonerrock, Country, Prog mit Space- und Psychedelicrockausflügen spielen die Norweger seit den 90ern in einer eigenen Liga. Und natürlich sind auch ihre Livekonzerte nicht business as usual. Laut Blogkollegin Maren eine der besten Livebands überhaupt. Eine Meinung die auch Oliver Polak vertritt.

Die Manufaktur ist so gut besucht, dass die Empore geöffnet wird. Mir springt sofort das Rainbow Rising T-Shirt eines Besuchers ins Auge. Der offizielle Gründungsmythos Motorpsychos lautet ja so:
„…back in the mid-1980s, when teenage Norwegian metalheads Hans Magnus ‘Snah’ Ryan and Bent Sæther met. Agreeing that Rainbow Rising was the finest album ever recorded by anyone.“
Total agree meinerseits. Vorbands sind übrigens im Normalfall kein Thema bei den Norwegern, denn ihre Konzerte dauern gerne mal fast drei Stunden. So geht’s auch heute ohne Support um ca. viertel vor neun los.

„In Every Dream Home“ bricht los wie ein Sturm. Schwerer Beat. Stoner-Riff und der treibende, laute und verzerrte Bass lassen gleich mal die Köpfe wippen. Im Soloteil wird ausgiebig gejammt, bevor der ruhige Mittelteil einen wieder runterholt, nur um dann wieder Anlauf zu nehmen. Epischer Einstieg in typisch grandioser Motorpsycho-Qualität. Wie bei allen meinen bisherigen MP-Konzerten ist der Sound nicht perfekt. V.a. die lauten Momente in ihrer Musik sind für mich nicht immer leicht auseinanderzuklamüsern. Ein Unterschied hingegen zum letzten Mal ist, dass die Band als Quartett und nicht als Trio spielt.

Die im Anschluss folgenden Stücke, vor allem des aktuellen Albums, reichen von fast schon bluesigen, oder meinetwegen southern-rockigen Rockern („The Comeback“) über melodischen Psychrock über einen Motorik-Beat („Lucifer, Bringer Of Light“) zu einem flotteren Progsong („Three Frightened Monkeys“). Selten werden die Songs einfach nur so gespielt wie auf Platte. Soliparts werden gejammt und es wird improvisiert. Dafür nehmen sie sich viel Zeit. Das erfordert manchmal Geduld, ist nicht in jedem Momente genial, schwingt sich aber in den besten Momenten zu Höhen auf, die man so nur bei Motorpsycho erleben kann.

„A Pacific Sonata“ klingt genauso so grandios wie der Titel vermuten lässt. Und dank viertem Musiker, der hier die Keyboards bedient, bekommt auch der lange instrumentale Mittelteil die richtige klangliche Würze. Apropos neue Musiker. Der Schlagzeuger spielt, trotz filigraner old-school-jazzdrummiger Klöppelhaltung (gewollt umständlich formuliert), deutlich straighter und weniger virtuos als sein Vorgänger Tomas Järmyr. Kann man vermissen, aber andererseits haben bei einem Motorpsycho-Konzert die Ohren auch so genug zu tun. Die Augen im Übrigen auch ein wenig, denn es gibt stimmungsunterstreichende Visuals.

„Neotzar (The ScondComing)“ ist nochmal so eine finstere Walze von einem Song. Vor allem der immerzu pulsierende, dringend klingende Bass ist wieder so ein typisches Merkmal der norwegischen Band. Der Gesang, meist von Bassist Bent Sæther, ist im Kontrast dazu eher leicht. Etwas, was mir schon beim Konzert von Carpet auffiel, die wiederum auch dadurch ein wenig an Motorpsycho erinnern. Gitarrist Hans Magnus Ryans Stimme klingt verblüffend ähnlich by the way. Bei den beiden reinen Akustikstücken „Patterns“ und „Babylon“ stehen die Art zu singen dann wiederum nicht in Kontrast zur Musik. Eigentlich nicht so der Fan von Unplugged-Momenten, bin ich ziemlich angetan von diesem Zwischenspiel. Einerseits etwas Erholung für die Ohren, andererseits sind das einfach schöne Stücke, v.a. die kompetent gespielten Gitarrenparts wissen zu entzücken.

Um jetzt selber nicht einen Konzertbericht von Motorpsychoscher Konzertlänge zu schreiben, kommen wir mal zum Ende. Trotz zweieinhalb Stunden Spieldauer wird die Band frenetischst zu einer Zugabe auf die Bühne wiedergerufen. Und mit dem Mini-Epos „The Tower“ lässt man sich natürlich auch nicht lumpen. Wir werden alle nochmal auf eine Minireise durch den Klangkosmos von Motorpsycho mitgenommen. Von leise bis schwer heavy und frenetischer Soliererei ist alles dabei, was wir Fans an der Band mögen. Motorpsycho spielen weiterhin in a league of their own.

Setlist
In Every Dream Home (2017 – The Tower)
The Comeback (2025 – Motorpsycho)
Lucifer, Bringer of Light (2025 – Motorpsycho)
Sentinels (2023 – Yay!)
Three Frightened Monkeys (2025 – Motorpsycho)
A Pacific Sonata (2017 – The Tower)
Neotzar (The Second Coming) (2025 – Motorpsycho)
Patterns (Acoustic) (2023 – Yay!)
Babylon (Acoustic) (1993 – Demon Box)
Bed of Roses (2025 – Motorpsycho)
Like Chrome (2020 – The All Is One)
The Quick Fix (2017 – The California E.P.)
Hyena (2006 – Black Hole / Black Canvas)
Mountain (1993 – Mountain EP)
The Tower (2017 – The Tower)