DEWS PEGAHORN, MINAE MINAE, BUZZ KULL, RUE OBERKAMPF, FAT DOG, About Pop Festival, 16.05.2025, Im Wizemann, Stuttgart

Zwei Tage About Pop und bei uns stapeln sich die Bilder und Texte. Wir arbeiten den Berg nach und nach ab – und veröffentlichen in loser Folge Berichte unserer Blogger:innen und Fotografen. Den Reigen eröffnet Joe Whirlypop mit seinen Eindrücken vom ersten Festivaltag.
Aus unerklärlichen Gründen ist die 2025er Ausgabe der About Pop meine Premiere. Ich bewege mich also staunend durch die verschlungenen Räumlichkeiten des Wizemann Areals und des benachbarten Impact Hub. Respekt ans Popbüro für das ausdifferenzierte Programm mit reichlich Konzerten und einer Vielzahl spannender Panels, vor allem auch für die extrem geschmeidige Organisation. Prompt ist dann auch so ziemlich jeder Mensch hier, der in Stuttgart mit Musik zu tun hat. Musiker*innen, Djs, Veranstalter*innen, Journalist*innen. Und natürlich auch die fleißigen Konzertgänger*innen – kurz: Socializing und Kommunikations-Overkill zwischen und teils auch während der ereignisreichen Konzerte. Meine Chronologie des ersten Festivaltages:
Panel „Quo Vadis, Heavy Metal“

Ich darf schon am frühen Nachmittag einem erfreulich aufgeräumten Fachgespräch zum Stand der Dinge innerhalb einer eher nicht mehr allzu undergroundigen Subkultur beiwohnen. Streaming und Social-Media-Content dominiert selbst beim Heavy Metal das Geschehen, Tonträger kaufen eher nur noch ergraute CIS-Männer. Umso wichtiger sind Konzerte, da waren sich alle drei Frauen auf dem Podium einig – darunter Jennifer Haben, Frontfrau von Beyond The Black.
Es folgen Stippvisiten bei weiteren Panels, teils sehr gut, teils recht dünn besucht – leider finden viele Veranstaltungen der Convention zeitgleich statt, was mich dann doch ein wenig überfordert. Dann lieber gleich zum ersten Konzert im Studio.
Dews Pegahorn

Straight Outta Möhringen: Dews Pegahorn. Junger Typ aus der Stuttgarter Vorstadt, der es sich völlig zurecht einfach macht und allein zu programmiertem Bandsound aus dem Rechner auftritt. Das macht er für einen Newcomer ausgesprochen lässig und entspannt – das noch nicht allzu zahlreiche Publikum im Studio hat er schnell für sich gewonnen.

Sein Kniff: Er zimmert sich aus klassischen Postpunk-Sounds a la Joy Division, Cure und New Oder ein saucooles Backing mit eleganten darkwavigen Gitarrenlinien und strammem, extrem tanzbarem und ziemlich schnellem Beat. Und warum auch nicht – keine Ahnung, ob Dews Pegahorn die historischen Vorbilder überhaupt kennt (von seinen Großeltern?). Er nimmt sich einfach alles was cool ist und zaubert daraus einen zumindest für mich neuen und richtig freshen Sound.
Minae Minae

Standortwechsel ins Atelier, einem recht hermetischen Raum mit labyrinthischem Zugang, ansonsten leergeräumt. Neben ein paar Neonröhren sitzt Klangkünstler Minae Minae auf seinem Stühlchen vor nicht allzu viel analogem Equipment (modulare Synthesizer, lese ich nach). Dem entlockt er (ich weiß nicht wie) flauschig mäandernde Analogsounds – soft und fließend, einnehmend schön. Langsam schält sich dazu ein sanfter Groove heraus, der mit coolen Kontrapunkten zumindest latent funky gemacht wird. Das finde ich wunderschön, auch weil der elegant fließende Sound von kongenialen Visuals (ebenfalls mit Vintage-Anstrich) kontrastiert wird.
Die meisten Leute setzen sich auf den Boden und genießen dieses wohlige Klangbad entspannt im Sitzen. Leider wird es schnell recht warm in dem fensterlosen Raum, weshalb ich vor Konzertende zum nächsten Event gehe – so ist das halt auf wohlkuratierten Festivals.
Buzz Kull

Marc Dwyer aka Buzz Kull aus Sydney schafft es, die beim Festival vielköpfig vertretene Goth/Darkwave-Szene Stuttgarts vor der Bühne im mittelgroßen Club zu versammeln. Als Typ allein mit ein bisschen elektronischem Equipment hat er es showmäßig nicht leicht, schafft es aber sofort, die Anwesenden auf eine Zeitreise in die späten 80er mitzunehmen. Denn Buzz Kull klingt erstaunlich authentisch nach den Pionieren der seinerzeit ganz neuen Electronic Body Musik.
Das kriegt er so gut hin, dass historische Vorbilder wie Front 242 oder Nitzer Ebb zum Greifen nah sind. Allerdings: als Showact hat Dwyer auf der recht großen Bühne nicht so viel zu bieten, auch erweist sich sein Programm als vielleicht doch ein wenig gleichförmig. Den anwesenden Genre-Fans gefällt’s, ich ziehe weiter zum nächsten Programmpunkt.
Rue Oberkampf

Die Münchner Band Rue Oberkampf spricht exakt dasselbe Publikum wie Buzz Kull an, was zu einem zwischenzeitlichen Einlassstop im kleinen Studio führt. „Ihre Konzerte sind magische Zeremonien, die die Massen elektrisieren“ – so die etwas vollmundige Ankündigung. Vor allem dank der charismatischen und stimmlich überzeugenden Sängerin funktionieren die Songs sehr gut: Der schwer nach 80er Jahren klingende Sound ist kristallklar und druckvoll, auch die stroboskopische Lightshow rückt die Band ins korrekt zuckende Retro-Licht. Die Wave/Gothic-Fans sind zufrieden, mir ist es schon früh zu voll und heiß, auch die Bierversorgung gerät ins Stocken – Zeit zu einem weiteren Standortwechsel.
Fat Dog

Hier waren die Erwartungen doch recht hoch, durften zwei geschmackssichere Freunde die Londoner Band Fat Dog doch beim letzten Haldern Pop Festival erleben, „totaler Abriss“ war ihr übereinstimmendes Fazit. Ob das auch in Stuttgart möglich ist? Auf der Bühne drängeln sich gleich sieben Menschen in Straßenklamotten, darunter ein Geiger und ein Trompeter.

Nach ein bisschen Gedaddel entscheidet sich der Tastenmann dann während fast jedem Song, die Drummachine recht unvermittelt auf Overdrive zu stellen. Was dann in meinem geschulten Ohr nach Scooter klingt. Galoppierende Kirmestechno-Beats bringen das Publikum (okay, einen kleinen Teil davon) zur Raserei. So sehen dann auch alle weiteren Songs aus. Erst irgendwie Pop und dann auf Raverock/Prodigy/Gabbertechno umswitchen und eskalieren. Ich stehe altersverwirrt am Rande und halte immerhin fast eine halbe Stunde durch.

Beim Rue Oberkampf-Gig gab es eine kleine Überraschung …Geistha, neulich erst solo im Utopiakiosk und vor längerer Zeit mal als Support von Umme Block im Club Cann gesehn, ist als neues? Bandmitglied dabei gewesen…
Nächstes Jahr (2026) bitte Geistha unbedingt als Solo-Act zur aboutpop einladen, liebe Organisator:innen, falls ihr das hier lesen solltet…