PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
Foto: Claus Kullak

Man lasse sich nicht vom martialisch tönenden Namen in die Irre führen. Weder haben wir es hier mit einer Neue-Deutsche-Härte-Kappelle dumpfer Natur, noch mit einer Black-Metal-Band mit fragwürdigen Ansichten zu tun. Panzerballett: Das Bandprojekt des Münchner Jan Zehrfeld spielt heute Abend im Club Zentral, könnte aber genauso gut auf Jazzfestivals in wohlsituierteren Hallen in Stuttgart auftreten. Ein Abend, in dem Genres verschmolzen werden und viel zwischen den Stühlen gesessen wird.

Mal wieder einer dieser Konzertbesuche ohne Vorabkenntnisse über die Kunstschaffenden. Ein oder zwei Panzerballett-Videos hatten die Jahre meinen Weg gekreuzt. Genug, um mir den Namen für einen Konzertbesuch vorzumerken, und erst danach zu eventuellen Plattenkäufen überzugehen. Nach diesen wenigen Höreindrucken lautete das vorläufige Urteil: Prog mag ich, Metal mag, Jazz mag ich… in Maßen. Wie diese Anteile beim restlichen Publikum aussehen, keine Ahnung. Gut gefüllt ist der Laden aber auf jeden Fall.

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
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Ca. viertel nach acht isses als das Quintet auf die Bühne kommt. Der sehr gute Sound fällt gleich mal auf. Ziemlich sicher das Beste, was ich bisher im Club Zentral gehört habe. Panzerballett spielen gerne Covers. Dabei wildern sie unbekümmert in allen Genres. So bekommen wir heute Abend u.a. aus Beethovens Neunter die „Ode To Joy“, Average White Bands Funk-Klassiker „Pick Up The Pieces„, aber auch das mit einem von der UN auferlegten Coververbot belegte „Smoke On The Water“ zu hören. Die Band darf dies aber ausdrücklich, denn die Originale werden so verfremdet und verhackstückelt, dass nur noch sporadisch erkennbare Fetzen übrig bleiben.

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
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Insgesamt bin ich überrascht, wie hoch der Jazzanteil in Panzerballetts Musik ist. Das liegt nicht nur am Saxophon. Die beeindruckenden Gitarrensoli von Rafael Trujillo z.B. erinnern mich mit ihrem violinenartigen Legatospiel öfters an Allan Holdsworth. Mastermind Zehrfeld lässt sich aber auch nicht lumpen und soliert weitab von jeglichen Skalen, die sonst in der Rockmusik Verwendung finden. Ok, er kollaborierte schon mit Klaus Doldinger oder der NDR Big Band. Und mit denen spielt man nicht zusammen, wenn man gerade mal seine Blueslicks auf der Pentatonikskala beherrscht.

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
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Der bekannteste Musiker diesen Abend ist aber Virgil Donati am Schlagzeug. Und seinen Bekanntheitsgrad hat er zu Recht. Was die Planet X Legende da zusammentrommelt, ist nicht von dieser Welt. Oder wie uns ein Zuschauer in der Pause anvertraut: „Ich spiele auch ein bisschen Schlagzeug, aber ich habe keine Ahnung, was der da macht.“ Ich erst recht nicht, aber es ist spektakulär, und das nicht nur aus rein technischer Sicht. Allerdings fehlt mir der rhythmische Intellekt und das entsprechende Vokabular, um das, was Virgil Donati macht, korrekt zu würdigen. Das Schlagzeugsolo ist auf jeden Fall fantastisch, keine Sekunde langweilig.

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
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Oft geht es polyrhythmisch zur Sache bei Panzerballett, und zwar so, dass es nur so eine Art hat. Wenn man sonst nur Schlager hört, käme man wahrscheinlich zu dem Urteil, die spielen ja ständig falsch und gar nicht richtig zusammen. Schön immer auf die eins mitklatschen kann man hier nicht, das stimmt. Aber die Disziplin und Stringenz, wie hier komplizierteste, teils gegeneinander laufende Rhythmen und Melodien doch immer punktgenau zu einem stimmigen Ganzen zusammenfinden, macht sprachlos.

PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart | Foto: Claus Kullak
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Da passt es natürlich, dass auch Meshuggah gecovert werden. Die Schweden, über die Jan Zehrfeld seine Diplomarbeit (!!!) geschrieben hat, sind ja bekannt für rhythmische Kompliziertheiten. Das Hauptriff von „Bleed“ klingt dementsprechend chaotisch polterig, hat aber natürlich eine festgelegte Struktur (siehe dieses aufschlussreiche Video). Es ist gleichzeitig auch das härteste Stück des Sets, von dem ich weiterhin überrascht bin, wie hoch der Fusion-Jazz Anteil ist. Da passt natürlich auch ein Bass-Solo bestens. Und auch hier, wie beim Schlagzeugsolo: grandios! Der kristallklare Bass-Sound tut dann sein Übriges. Anton Davidyants, auch er ein Übermeister auf seinem Instrument.

Der grundsympathische Fünfer lässt sich dann noch schlussendlich für eine Zugabe namens „SOS“ auf die Bühne bitten. Die Eigenkomposition rundet den Auftritt vollends ab. Geswingt, geschwooft und mitgepfifen wurde heute Abend nicht. Aber music for the brain kann auch einen Haufen Spaß machen.

Ein Gedanke zu „PANZERBALLETT, 10.05.2025, Club Zentral, Stuttgart

  • 19. Mai 2025 um 08:45 Uhr
    Permalink

    Subtext: „Liebe Leser, unbedingt beim nächsten Mal hingehen.“ Gilt auch für mich. Zu Monika Roscher habe ich es auch erst in der zweiten Runde geschafft.

    Danke fü Text und Bild, sehr aufschlussreich.

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