DESPERATE JOURNALIST, 03.04.2025, Manufaktur, Schorndorf

DESPERATE JOURNALIST, 03.04.2025, Manufaktur, Schorndorf | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Ein denkwürdiges Konzert war es damals, 2016, im Alter Schwede am Nordbahnhof. Desperate Journalist spielten ihren ersten Gig in der Region. Sehr intensiv war es, intim und schwitzig, man war auf Tuchfühlung mit der Band, die sowohl musikalisch als auch performativ absolut zu überzeugen wussten. Publikum, Band und Veranstalter waren begeistert und so kam es, dass in den nächsten Jahren noch zwei weitere Konzerte folgten, 2017 im Goldmark’s und 2019 im Merlin. Brexit und coronabedingt gab es dann leider eine längere Pause vom süchtig machenden Live-Sound der Londoner Band. 

Nun hat das sehnsuchtsvolle Warten aber endlich ein Ende. Organisiert vom IndieWohnzimmer, wie auch schon die anderen drei Auftritte, spielen Desperate Journalist heute Abend auf der, bis dato größten Bühne, in der Manufaktur Schorndorf, die erfreulich gut besucht ist.

DESPERATE JOURNALIST, 03.04.2025, Manufaktur, Schorndorf | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Gleich zu Beginn, beim Song „Everything“, wehen feinste New Wave Vibes über die Bühne und man wähnt sich in die goldenen Achtziger, die Hochzeit des Waves, zurückversetzt. Da kommen natürlich sofort Vergleiche mit The Cure, Joy Division oder was gewisse Harmoniestrukturen anbelangt, The Smith, in den Sinn; was den vier Musiker*innen aber nicht ganz gerecht wird, vermögen sie es doch dem Genre ihren ganz eigenen Stempel aufzudrücken. Dies liegt auch an der sehr eigenen, sehr charakteristischen Stimme der Sängerin Jo Bevan; intim und energisch zugleich ist ihr Gesang. Dies zeigt sich besonders beim dritten Track „Afraid“, der mit einer großen emotionalen Intensität vorgetragen wird, geerdet durch den alles durchdringenden Sound der Rhythmusgruppe, dem präzisen Drumming von Caroline Helbert und dem vibrierenden Bassspiel Simon Drowners. Das darauffolgende „Hollow“ changiert zwischen ebendieser Erdung und einer psychedelischen Atmosphäre gepaart mit einer postpunkigen Dringlichkeit, erzeugt von Rob Hardys treibenden Gitarrenriffs.

Die Atmosphäre, die die Vier zu erzeugen wissen, ist ganz besonders; irgendwie unheimlich und doch glitzert es im Dunkel; düsterer Glamour, melancholisch schön. 

DESPERATE JOURNALIST, 03.04.2025, Manufaktur, Schorndorf | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Wirklich tief verwurzelt in den 1980er Jahren, in seiner selbstverständlichen Coolness, im hypnotischen Vibrieren, ist der Sound von Desperate Journalist. Da kann man sich natürlich die Frage stellen, ob die Musik der Band überhaupt noch zeitgemäß ist. Die Antwort für mich ist ein eindeutiges Ja! Reflektiert sie doch, in ihrer, sowohl kühlen Distanziertheit, als auch großen Emotionalität und punkigen Protesthaltung, formal-ästhetisch nach wie vor die Verwerfungen unserer Zeit, Verwerfungen die in ebendieser Epoche ihren Ursprung haben, wie zum Beispiel dem Thatcherismus und den daraus entstandenen Auflösungen gesellschaftlicher Strukturen, und zunehmender sozialer Kälte.

DESPERATE JOURNALIST, 03.04.2025, Manufaktur, Schorndorf | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Und trotz aller Ernsthaftigkeit, macht das Konzert einfach großen Spaß, man kann sich komplett in der Musik fallen lassen und begeistert zusehen, wie echt und dringlich dies alles ist. Besonders die Performance von Joe Bevan ist von absoluter körperlicher und emotionaler Hingabe; exaltiert, aber in keinster Weise aufgesetzt, pure künstlerische Authentizität. 

Vor der Zugabe bedankt sich die Band dann noch bei Claudia und Holger vom IndieWohnzimmer. Dem kann ich mich nur anschließen, vielen Dank, dass ihr diese großartige Band wieder in die Region gebracht habt!

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