NIKKI HILL, 03.04.2025, Goldmark’s, Stuttgart

Ihre mächtige Frauenstimme füllt den Raum, sie tanzt, gestikuliert, zieht das Publikum im ausverkauften Goldmark’s in ihren Bann: Mit unbändiger Energie beschert Nikki Hill Stuttgart einen astreinen Clubgig mit allem, was dazugehört. Die Afroamerikanerin kann Rhythm & Blues, Soul und sogar Country, und die Dramaturgie des Abends ist simpel: Immer vorwärts, immer weiter, bloß nicht nachlassen – Verschnaufpausen sind bei Nikki Hill nicht vorgesehen.

Ihr stark angerauter Gesang klingt nie leise, sondern so, als würde ein unerschöpflicher Dampfdruckspeicher ihn befeuern. Das öffnet die Tür zu einer weiteren Musikrichtung, die Nikki Hills vierköpfige Band besonders zu mögen scheint: Garagen-Punk. Eine munter treibende Rhythmusgruppe bereitet den Groove für eine Gitarristin und einen Gitarristen, die ihre Instrumente griffige Riffs plärren lassen und im Blues-getränkten Zusammenspiel ein Rock’n’Roll-Gewitter entfachen, zumeist in schwitzigem Dur.

All das kann die Laune nur heben, das Publikum wogt und johlt und singt auch mal im Chor eine Refrainzeile nach. Der gesamte Sound erinnert an ein Amerika der unbegrenzten Freiheit und der wilden Abenteuer, das derzeit vor den Augen der Welt in atemberaubender Geschwindigkeit zu verschwinden scheint; man kann Musikerinnen wie Nikki Hill nur wünschen, dass sie nicht irgendwann auch ins Visier der Willkür geraten.

Der Spielort jedenfalls passt perfekt. Das Goldmark’s, eine der raren verbliebenen Musikoasen in einer Stadt der Immobilienspekulation, versorgt ein buntes Publikum zuverlässig mit Gerstenkaltschale, Starkstrommusik und einem fernen Nachhall der Rock-Revolution. Hier feiern mehrere Generationen gemeinsam das Leben – an diesem Abend angefacht von einer quirligen Sängerin, deren Energielevel nicht einem Moment lang sinkt.

Wer sich fragt, wieso Nikki Hill nicht längst auf größeren Bühnen spielt, findet die Antwort in dem grandiosen Dokumentarfilm »20 Feet from Stardom«: Der Regisseur Morgan Neville zeigt darin, dass nur wenige Musikerinnen und Musiker fürs ganz große Rampenlicht gemacht sind – und es selbst überbordend begabte Soul-Sängerinnen wie Darlene Love, Merry Clayton und Lisa Fischer nicht geschafft haben, zu Solo-Stars zu werden. Für die Clubszene ist das ein Segen.
