AMI WARNING, 14.03.2025, Im Wizemann, Stuttgart

Im Spätsommer 2023 befand ich mich aufgrund einer Fußball-Tour (Wermelskirchen, Enschede, Herne) im Ruhrgebiet und wurde auf ein kleines Ein-Abend-Festival aufmerksam, das „Szeniale Tunes“. An jenem Abend war, neben Kapa Tult (am 24.03. im Franz K.) oder Juli Gilde (am 11.04. im Kulturzentrum Dieselstraße), auch Ami Warning mit einem Solo-Auftritt zu erleben. Und dieser zeigte, welches musikalische Können die Münchnerin auf der Bühne vereint: eine warme, kraftvolle Stimme (über die noch zu sprechen sein wird) und die tolle Eigenschaft, das angestaubte Genre der Singer-/Songwriter:innen-Musik wiederbelebenden Maßnahmen zu unterziehen.

Das Konzert findet zu meiner Freude im Studio des Im Wizemann statt. Ich mag das Setting hier sehr – größere Nähe zur niedrigeren Bühne und durch die Lichterkette etwas mehr Wärme als z.B. im Club. In den ersten vier Reihen räkelt sich das Publikum auf Sitzkissen, was am Ende der Woche bei manchen sichtlich zum Halbschlaf einlädt. Die Besetzung passt in ihrer musikalischen Zurückhaltung gut zu dieser Lounge-/Feierabend-Atmosphäre: Zwei Mitmusiker begleiten die Gitarre spielende Ami Warning an Bass, Gitarre und Percussion bzw. Mini-Drumset. Mit diesen Rahmenbedingungen könnte die Befürchtung nahe liegen, dass sich dieser Abend zu einer Mischung aus seichter Musik mit leicht geschwätzigem Hintergrund entwickelt – mitnichten.
Meine Befürchtung liegt auch daran, dass ich seit einigen Jahren durchaus empfindlich gegenüber Singer-/Songwriter:innen-Musik bin, die zu ihrem eigenen Klischee geworden ist. Doch die Songs von Warning strahlen eine Wärme aus, in die ich mich an diesem Freitagabend liebend gerne einpacken lasse. Die Songs sind wunderbar für dieses Trio arrangiert und nicht nur ich, sondern das ganze ausverkaufte Studio erliegt dem Charme dieser Musik – andächtige Stille, engagiertes Mitsingen und begeisterter, lang anhaltender Applaus nach jedem Song haben zur Folge, dass Ami Warning und ihr Publikum förmlich um die Wette strahlen.

Zu den Höhepunkten des Abends zählt für mich das inhaltlich bewegende „Simsalabim“, das sie für ihren erkrankten Vater geschrieben hat und auch musikalisch überzeugt mit einer sehr halligen Off-Beat-Gitarre des Drummers. Überhaupt tragen die beiden Mitmusiker dazu bei, dass die bei manchen Singer-/Songwriter:innen entstehende Eintönigkeit in keinem Moment des Abends auftritt. Verschiedenste Bass-, Gitarren- und Percussion-/Drumsounds erzeugen zusammen mit Warnings Gitarrenspiel eine angenehme Abwechslung. Und da ist ja auch noch ihre Stimme. Das Annemaykantereit-Cover „Zuhause“ lässt es dann offensichtlich werden. Es passt perfekt zu Warnings Stimmlage, die temperiert ist wie die von Henning May, aber mit einem deutlich größeren Spektrum und mehr Klang als Reibung.
Bei „kurz vorm ende der welt“ von der gleichnamigen EP, auf der Warning aufgrund der Pandemie alle Instrumente selber einspielte, wechselt sie ans Schlagzeug und bleibt dort für insgesamt drei Songs, bevor dann zur ersten Zugabe in den ersten Reihen die Sitzkissen verlassen werden und das gesamte Studio nochmals in einer Art von zurückhaltender Ekstase zu „ich war dabei“ tanzt. „Fliegen“ heißt dann der letzte Song des Abends – kein Tanzen mehr, dafür aber wohlige, träumerische, lächelnde Blicke.
