MAIDAVALE, 06.03.2025, Kleine Kneipe, Wagenhallen, Stuttgart

Mein drittes MaidaVale-Konzert – und ich könnte jedes Mal mehr in diesem unfassbar einnehmenden, hypnotischen, psychedelischen Rocksound baden. Die vierköpfige Band aus Schweden spielt ihren erstaunlich eigenständigen Retrorock diesmal in der kleinen Kneipe der Wagenhallen. An die 150 Menschen wohnen einem erneut denkwürdigen Konzert bei, obwohl die Band anfangs noch einen etwas matten Eindruck macht – was sich im Verlauf des Konzerts aber schnell ändert.

Benannt nach dem Londoner Stadtteil, huldigen MaidaVale einem gitarrensatten, psychedelischen Rocksound mit tiefer 70er-Verwurzelung. Ihr Classic-, Space- und Hardrock klingt jedoch kein bisschen altbacken, sondern nimmt sich einfach das Beste aus über 50 Jahren Rockgeschichte und fügt es zu einem sehr coolen und wie gesagt rundum eigenständigen Sound zusammen. Dieses entspannte Geschichtsbewusstsein fußt in beeindruckendem Songwriting, gekonnter Inszenierung und staunenswerten technischen Fähigkeiten aller Bandmitglieder.

Betrachten wir das mal im Einzelnen: Sofia Ströms, äh, Strömgitarre funkelt bei fast jedem Song mit funktional-präziser Riffarbeit, die regelmäßig zu majestätischen Soli abhebt. Eigentlich sonst nicht so meine Leidenschaft, enden heute die meisten Gitarrentrips viel zu früh. Ihr WahWah-Pedal scheint sie sehr zu lieben, aber auch die pointierten Flanger-, Phaser- und Fuzzface-Effekte sind punktgenau platziert. Trotz der fast schon an Hendrix (zweifellos ein Vorbild) gemahnenden Trickkiste ist ihr Sound immer kristallkar. In den schönsten Soli verliert sie sich in dezent orientalischen Harmonien, die das kopfnickende Publikum auf die Reise schickt.

Im Mittelpunkt steht ansonsten Sängerin Matilda Roth. Sie bedient zwar auch Gitarre, kleines Keyboard und Schellenring, lebt aber vor allem von ihrer grandiosen Stimme. Die ist enorm kraftvoll und schneidend und immer extrem präsent. Dazu wirkt sie ein wenig wie die junge Grace Slick, wie überhaupt der Geist von Jefferson Airplane latent präsent ist. Stimmlich erinnert sie mich auch ein wenig an die tolle Mariska Veres von den niederländischen Shocking Blue („Venus“). Ihre hippieeske Performance passt ebenfalls perfekt zum dezent drogenseligen Sound der Band.

Nicht genug loben kann man auch die Rhythm Section. Linn Johannesson spielt ihren wunderschönen Rickenbacker-Bass mit maschinenhafter Präzision (und mit Plektrum!), unterbaut den Bandsound aber auch mit hypnotisch-spacigem und definitiv raumgreifendem Groove. Drummerin Johanna Hansson ist nicht nur eine exzellente Technikerin, sondern verschafft der Band mit eleganter Leichtigkeit diesen tighten, mitreißenden Beat, der auch dieses Konzert beständig vorantreibt. Unter Jazzern würde man sagen, sie swingt.

Mit einem solchen Team kann auf der Bühne nichts schiefgehen. Die vier sind perfekt eingespielt und auch die längeren Instrumentalpassagen wirken kein bisschen routiniert. In besonders erhabenen Momenten fühle ich mich an die schönsten Klassiker des psychedelischen 70er-Jahre Rocks erinnert, wie Ted Nugents „Stranglehold“. In dieser Konstellation kommt man auch an der US-Band Heart („Barracuda“) als Einfluss nicht vorbei. Der Gedanke liegt nahe, dass die Schwedinnen mindestens ebenso erfolgreich hätten sein können, wenn sie 50 Jahre früher dran gewesen wären.

So bleibt ein rundum erhebendes Konzerterlebnis vor rund 150 Auskenner*innen in einer ansprechenden, kleinen Location – wäre da nicht das in meinem Umfeld regelmäßig ventilierte Problem mit der Bierversorgung. Leider sind wir uns auch diesmal einig: Stuttgarts unbeliebtestes Bier zu Preisen wie für eine Daimler-Firmenfeier zu verkaufen, ist unbefriedigend. Heute allerdings der einzige kleine Makel an einem herrlichen Konzertabend.