MARDUK, 24.02.2025, Live Music Hall Weiher, Mörlenbach

MARDUK, 24.02.2025, Live Music Hall Weiher, Mörlenbach | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

„Darum, gleichwie durch einen Menschen die Sünde in die Welt gekommen ist und durch die Sünde der Tod, und so der Tod zu allen Menschen hingelangt ist, weil sie alle gesündigt haben.“ – Römer 5:12

Es ist ein verregneter Montag. Der Alltag schlägt mit voller Härte zu und der Pegel an erträglicher Stumpfheit der Mitmenschen um einen herum ist bereits am Anschlag. Ein Ventil muss her – rasch. Schon morgens wandert der Blick immer wieder ungeduldig auf die Uhr, wann es endlich so weit ist und man sich auf den Weg machen kann. Ein kleines, südhessisches Dorf wurde ins Fadenkreuz von Marduk genommen auf ihrer dritten Angriffswelle der „Memento Mori“-Tour. Weiher, ein kleiner Vorort von Mörlenbach, entspricht etwa der Größe und dem Flair von Unterriexingen, das kleine Dörfchen aus dem ich komme. Es ist kaum zu glauben, dass in diesem verschlafenen Kaff mit nur einer Hauptstraße, eine Konzertlocation beheimatet ist, die soundtechnisch locker zu meinen TOP 3 zählt und mittlerweile ein fester Stopp im Tourplan diverser Metal-Bands ist.

Für Marduk spielt es keine Rolle auf welcher Bühne sie stehen, in welcher Hauptstadt oder welchem Hinterland auch immer. Sobald der Panzer rollt, macht er alles platt – ohne Erbarmen.

DOODSWENS, 24.02.2025, Live Music Hall Weiher, Mörlenbach | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

Wie schon vor knapp einem Jahr haben Marduk wieder Doodswens aus den Niederlanden als Opener mit an Bord. Sängerin/Drummerin Inge Van Der Zon kümmert sich selbst um den Aufbau ihres Altars, an dem sie wenig später das Eröffnungsritual vollzieht und die Live Music Hall in dichte Weihrauch-Schwaden hüllt. Es ist ein faszinierender Kontrast, mit welcher Ruhe und Besonnenheit Inge die Kerzen des Altars entzündet, das Räucherwerk entfacht und dem zahlreich erschienenen Publikum dabei in die Augen blickt. Es wird der letzte ruhige Moment des Abends sein, denn nachdem sie sich wie in Trance ans Schlagzeug gesetzt hat, wird der erste Song „Driven By Death“ wörtlich genommen. Inge hat eine extrem unangenehme, ächzende Stimme. Eine Mischung aus Wehklagen und Zorn, die einen bis in die Träume hinein verfolgt. Ich kenne es von meinen Auftritten mit „Pest Empire“, Schlagzeug spielen und sich nebenher die Seele aus dem Leib brüllen, führt unweigerlich in manchen Passagen zu ein paar Holprigkeiten, doch das ist auch beim zweiten Song „In Mijn Bloed“ völlig irrelevant, denn die Hingabe und Intensität machen dies wieder mehr als wett.

Kommen wir für einen Moment zum Herzstück der Live Music Hall. Der Sound. Ich bin bei relativ „kleinen“ Konzerten äußerst selten zufrieden mit dem Sound. Man freut sich auf ein Blast-Beat-Gewitter, sägende Gitarren und dann versaut der Sound der Location einem die eigentliche Wucht einer Band. Doch nicht hier. Alles drückt, die Bass-Drum verteilt Schläge in die Magengrube, der Bass dröhnt, dass die Scheiben wackeln und die Gitarren sind glasklar. Doodswens verschaffen sich viel Respekt mit ihrer Setlist und der Applaus nach jedem Song ist für Black Metal Verhältnisse beinahe schon euphorisch und ausgelassen. Mit „Devil Stone“ und noch mehr mit „Vlaamse Vloek“ bekommen wir zum Abschluss des knapp 30-minütigen Auftritts nochmal zwei ordentliche Kracher, bevor Inge wieder an den Bühnenrand tritt und bedeutungsschwanger die Kerzen erlischt. Dieses zweite Konzert, das ich nun von ihnen gesehen habe, hat mich definitiv mehr überzeugt als der letzte Auftritt in Mannheim – was zu großen Teilen einfach am viel besseren Sound hier liegt.

MARDUK, 24.02.2025, Live Music Hall Weiher, Mörlenbach | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

Ich wage mich heute mal unmittelbar vor die Bühne – was bei Marduk ja durchaus risikofreudig sein kann, wenn man irgendetwas tut, das Sänger Mortuus nicht passt. Mehrere Male schon hatte dabei seine Faust ein eher ungemütliches Fantreffen. Doch das Risiko gehe ich heute ein. Ich möchte direkt an der Front stehen und die schwedische Panzereinheit über mich hinwegrollen lassen. Bereits nach wenigen Minuten scheint die Bühne bereit zu sein für die anstehende Schlacht, doch werden wir noch mindestens weitere 10 Minuten mit sakralem Gesang auf die Folter gespannt beziehungsweise unterstelle ich der Band, dass wir damit scharf gemacht werden sollen. Ich verspüre eine gewisse Ungeduld/ansteigende Aggressivität im Publikum. Ein taktisch kluger Schachzug – wir sind hier schließlich nicht zum Spaß. Und dann – endlich – verstummen die Gesänge und durch dichten Nebel kommend nehmen Marduk die Bühne ein und feuern direkt mit „The Levelling Dust“ eine heftige Salve auf uns. Als Mortuus ans Mikrofon tritt, um es sich zurechtzubiegen, rammt er erst mal dem Besucher neben mir den Galgen in die Fresse. Willkommen in der ersten Reihe bei Marduk – ich kann mir ein Grinsen nicht verkneifen. Schon mit dem zweiten Song „Warschau“ stellen Marduk klar – es gibt keine halbgaren Konzerte von Marduk. Der schwedische Zerstörer bedeutet live immer 100 % Wucht, Aggression und absolute Kompromisslosigkeit. Mortuus schreitet zwischen Gitarrist Morgan und Bassist Devo in stoischer Ruhe hin und her und kotzt uns Gift und Galle ins Gesicht. Mittlerweile vermischt sich mein Schweiß nicht nur mit dem anderer Konzertbesucher, wegen des immer weniger werdenden Platzes, auch Mortuss verteilt ordentlich über die erste Reihe.

MARDUK, 24.02.2025, Live Music Hall Weiher, Mörlenbach | Foto: Madita Nair
Foto: Madita Nair

Die Pause zwischen den Songs nutzt Mortuus immer wieder, um das Publikum wahlweise einzupeitschen oder als „Cowards“ zu bezeichnen. Ich höre keine Widersprüche oder provokante Antworten aus dem Publikum. Marduk veranstalten weder Spektakel auf der Bühne, noch brauchen sie Licht. Den Hauptteil der Show bekommen wir nur Silhouetten in dichtem Nebel zu sehen – doch strahlt diese Band, vor allem in Form von Mortuus – im Gegensatz zu vielen  anderen Black-Metal-Bands, die böse von der Bühne herunterstarren und nach der Show erst mal einen Tee trinken, eine greifbare Bedrohung aus. Keiner wagt es, das Konzert auf irgendeine Weise zu stören und so rattern Marduk mit „Steel Inferno“ erbarmungslos über uns hinweg.

Das letzte Drittel der Show beinhaltet nur noch Dauerfeuer und Drummer Simon Schilling hämmert alles in Grund und Boden. Ich kann es gar nicht oft genug in Berichten über Marduk erwähnen – möchte man die pure Härte, die Intensität und absolute Präzision des Black Metal einmal live erleben, führt kein Weg um ein Marduk Konzert herum.

Anspieltipp:

Marduk

Doodswens

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