SHITNEY BEERS, ALICE & DOLORES, 25.02.2025, Werkstatthaus, Stuttgart

Bei Combos, die für ihren Band-Namen ein „lustiges“ Wortspiel verwenden, da bin ich immer vorsichtig. Nicht ausgeschlossen, dass sich diese Albernheit auch in ihrer Musik niederschlägt. Erst Akne Kid Joe haben mich hier milder gestimmt. Dennoch frage ich mich, auf einer Skala von 8 bis 10, wie betrunken muss man/frau eigentlich gewesen sein, als Shitney Beers als voll guter Band-Name festgelegt wurde? (Vielleicht mal eine Frage für unser nächstes Band-Q&A?)
Sei’s drum, dem Erfolg tut es keinen Abbruch. Der Konzertkeller im Werkstatthaus ist proppenvoll, erstaunlich viele Ältere darunter. Viele Schachtel-Stammgäste, lokale Musik-Prominenz, die Stuttgarter Zeitung – aber auch ein paar jüngere Fans, die sich später als textsicher erweisen werden.

Aus Karlsruhe und mit weit weniger albernen Namen: Alice & Dolores. Das Quartett eröffnet den Abend mit überraschend großer stilistischer Bandbreite: Das Intro aus sanften Gitarrengefrickel geht über in einen postrockigen Instrumentalpart. In der Folge bekommen wir Songs aus den Genres Triphop, Chanson, Folk, Slowcore und Shoegaze geboten. Zusammengehalten wird der bunte Strauß von der stimmsicheren Frontfrau Marlene Kuppinger, die sich selbst kurioserweise „awkward“ findet, in Wirklichkeit aber souverän durch das Set gleitet. Das Publikum ist begeistert. Sogar eine Zugabe wird eingefordert – und geliefert.

Nun also Shitney Beers auf ihrer Abschiedstour. Vielleicht erklärt die letzte Gelegenheit den enormen Andrang, oder liegt es daran, dass Drummer Kevin Kuhn einfach enorm viele Leute in Stuttgart kennt? Sängerin Maxi Haug kränkelt etwas, ist aber dennoch bester Laune – und wundert sich ein wenig, warum dieser Gig so voll ist, wo sie doch beim letzten Auftritt im clubCANN ein eher schmales Publikum hatten. Apropos: Der clubCANN ist auch der Veranstalter dieses Abends und hat einen Mischer mitgebracht, der sein Handwerk wirklich versteht. In diesem Gewölbe haben wir schon grauenhaften Sound erlebt, heute ist alles vom Feinsten und selbst der Totalausfall der Keyboards wird routiniert im laufenden Betrieb behoben.

Musikalisch bewegen sich Shitney Beers irgendwo zwischen Indie-Pop und Slacker-Rock. Eingängige Melodien, klassische Songstrukturen. Das ist leichte Kost und erzeugt umgehend gute Laune im Konzertkeller. Zumal sich die Band bestens zu verstehen scheint und mit Rumgewitzel und Publikumsanimationen den Stimmungspegel nach oben dreht. Klare Stimmungskanone: Kevin Kuhn, schick geschminkt und im grünen Einteiler, kann seine Entertainer-Qualitäten voll ausleben. (Nicht, dass ihn das strenge Setup seiner anderen Band dort davon abhalten würde, aber hier passt es definitiv besser).

Höhepunkte sind zwei Songs des aktuellen Albums „Amity Island“: „Intro“, das mit luftigem Banjo-Picking begleitet wird und das unfassbar eingängige „Maya Hawke“ – dessen Synthiemelodie verdammt clever an irgendeinen Hit der 1990er/2000er angelehnt ist. Das bleibt als Ohrwurm für den Heimweg hängen und mit der nagenden Frage, wo man das schon mal gehört hat. So schön und unterhaltsam das auch alles ist heute Abend, den Hype kann ich mir allein aus der Musik heraus nicht erklären.
