LES BIG BYRD, 26.02.2025, Manufaktur, Schorndorf
Ok, für das nächste Les Big Byrd Konzert nehme ich es mir wirklich vor. Und zwar, für mich mal abzuklären, wie genau definiert man nochmal Space Rock, und wie Krautrock. In meine Konzertnotizen für heute Abend hat sich mal der eine, mal der andere Begriff eingeschlichen. Wahrscheinlich ist aber auch schon die Idee grundfalsch, Musik in eine exakt definierte Genre-Schublade ablegen zu wollen. Wir bekommen heute Abend also wahlweise spacigen Krautrock, bzw. krautigen Spacerock, jeweils mit Psychedelic-Pop Elemennten zu hören. Suche sich jede*r das aus, was am besten passt.
Beachtlich, wie sich die Manufaktur tatsächlich noch auf den letzten Drücker, also die letzten Minuten vor Konzertbeginn, noch gut füllt, sah es doch zuerst nach einem nur mäßig besuchten Abend aus. Ein wenig hat man mich zum Jagen getragen für Les Big Byrd, aber die euphorische Beschreibung von hypnotischen Krautrockmomenten von Blog-Kollegen klang doch sehr überzeugend. Und genau in diesem Stil legt das schwedische Quartett auch los.
Über einem mittelschnellen, stoischen Rhythmus werden Layer von sich wiederholenden Keyboard-, Gitarre- und Bass-Muster gespielt. Ordentlich Hall drauf, fertig ist ein mitreißender, hypnotisierender Opener. Geht genauso los, wie man es mir versprochen hat. Mit einem deutlich flotteren und straighteren Rockstück geht es aber weiter. LBB mögen also durchaus auch kürzere Songformate mit deutlich nachvollziehbaren Strophe-Refrain Melodien. Klingt für mich entfernt, als hätten sich Oasis entschieden einen interessanten Song zu schreiben, aber Spacemen 3 ihn dann aufgenommen. Man könnte aber auch sagen, dass Brian Jonestown Massacre sich in naher, musikalischer Verwandtschaft befinden.
Im gewollt verhallten Gesamtsound ist manchmal mit schönen zweiten Gesangsharmonien, die Stimme des Drummers zu hören. In diesem Teil des Sets, in dem die Band das krautige etwas beiseite legt, erinnert mich der Bandsound manchmal, apropos Spacemen 3, etwas an Spiritualized. Gibt schlechtere Vorbilder. Andere Referenzen, die meine Gedanken kreuzen, um das Gehörte in eine für mich beschreibbare Form zu bringen sind:
- Wooden Shijps mit mehr Pathos
- 60er-Jahre Beat-Musik auf der Venus (ungenaues Gedankenfragment)
Bemerkenswert ist übrigens auch das Saiten-Instrumentarium. Damit meine ich weniger den hübschen Rickenbacker-Bass, als vielmehr die Gitarren, die aussehen als hätte man Troubadix‘ Harfe einen Gitarrenhals reingerammt. Die hauptsächlichen Showelemente sind allerdings projizierte Visuals auf der Leinwand hinter der Bühne. C-Zombiemovies, japanische 80er-Jahre Sportcoupes, Sonnenprotuberanzen usw. ergeben eine passende, psychedelische Optik, welche die Augensinne so durchrührt wie die Musik die Ohren.
Sänger Jocke Åhlund hat jetzt bestimmt nicht die aufregendste und bestausgebildete Stimme der Welt, macht aber viel durch intonationssichere Energie und Emotion wett. Songs wie „I fucked up I was a child“ sind am poppigen Extrem des LBB Sounds angesiedelt, und kommen mir im Gesamtkontext des Konzerts fast schon zu gefällig rüber. „Roundhouse Blues“ hingegen macht alles richtig. Über einen krautrockigen Motorik-Beat schichtet die Band eine Spacerock-Lasagne auf, die einfach nur großartig ist. Wie aus dem Lehrbuch für hypnotische Musik, da das Quartett nicht nur die richtigen Zutaten wählt, sondern sie auch dynamisch bestens in Szene zu setzen vermag. Und in diesem Stil beenden die Schweden dann auch furios ein nicht die Spur langweiliges Konzert und empfehlen sich dafür, jederzeit wieder besucht zu werden.
