TRIO BLASTONAL & HF, SPUTNIK 27, 23.02.2025, Kulturbunker, Stuttgart

Wo kann man in Stuttgart eigentlich coolen, aufregenden, innovativen Jazz live auf der Bühne erleben? Und wo macht das vor Ort auch wirklich Spaß? Konzerte in der Schorndorfer Manufaktur werden an dieser Stelle oft genug gelobt, schon schwieriger sind die Verhältnisse im Bix – denn das zweifellos erstklassige Programm leidet leider oft genug an mäßig interessiertem Dinner-Publikum, die wahren Fans drängeln sich im Hintergrund. Das Theaterhaus ist für Jazz leider recht steril, ein sitzendes Tribünenpublikum oft leider auch recht träge.
Daher Daumen hoch für den Stuttgarter Jazzclub Kiste: Hier passt alles – Größe, die Mischung aus Sitz- und Stehplätzen, die kompetente Bierversorgung. Spätestens seit letztem Wochenende darf man auch den Stuttgarter Kulturbunker zu den geeigneten Jazz-Locations zählen. Denn dort fand bereits zum zweiten Mal das kleine, feine Winterjazz-Festival der IG Jazz Stuttgart statt – und zwar an allen drei Abenden mit regem Publikumszuspruch.

Am abschließenden Sonntag ist der Bunker jedenfalls trotz spannender Bundestagswahl so gut wie ausverkauft, fast alle Sitzplätze sind besetzt. Der etwas hermetische Raum fasst bestuhlt gut 50 Gäste und erweist sich auch soundtechnisch als rundum jazzkompatibel. Wobei die erste Band des Abends auf jegliche Art von elektrischer Verstärkung verzichtet und dennoch mit beeindruckender Klangpracht überzeugen kann.

Denn das Trio Blastonal & HF (für Drummer Hans Fickelscher) rückt mit den ganz großen Kannen an, mancher Musiker wirkt hinter seinem schimmernden Blech ganz schön winzig. Vor allem das mächtige Sousaphon von Bandleader Eberhard Budziat ist optisch und akustisch eine Wucht. Die gewaltige Tuba reicht fast bis zur Decke und wird von Stuttgarts einzigem Tubaspieler (laut Bekunden seiner Band) mit erstaunlicher Leichtigkeit geblasen – einmal sogar mit staunenswerter Zirkularatmung – also im beeindruckenden Dauerton ohne erkennbares Luftholen.

Kollege Stefan Kisch bedient seine anders geformte Tuba sitzend, greift aber schon bald zur Bassposaune, ein ähnlich klangmächtiges Instrument für die unteren Blechfrequenzen. Magnus Mehl spielt dazu eine Bassklarinette, die fast bis zu den Knien reicht und einen wunderbar warmen, sonoren Ton hat. Für die etwas leichteren Momente greift er auch zu Alt- und Sopransax. Das Motto des Programms heißt passenderweise „tuba!tuba“.

Gemeinsam spielt die Band einen oft zickig groovenden Sound, der an den New Orleans Funk historischer Marching Bands erinnert. Mit Swing und Gospel-Vibe, teils aber auch verspielt, experimentell und klangforschend. Der Beat von Fickelscher ist meistens leicht und luftig und bietet einen entspannten Kontrast zu den sonoren Bläsern. Beeindruckend sind Kischs Dämpfereffekte auf der Bassposaune, die teils wie WahWah- und Fuzz funktionieren.
Das Publikum ist zu Recht begeistert, auch weil die Musiker miteinander spielen und dabei eine rundum spannende Musik entsteht, der man nicht nur wegen des ungewöhnlichen Sounddesigns gebannt zuhört.

Die zweite Band des Abends klingt dagegen ganz anders, mindestens aber ebenso spannend und unterhaltsam. Sputnik 27 existieren in anderer Besetzung schon seit über 20 Jahren, wurden von Bandchef und Drummer Bernd Settelmeyer zuletzt aber umbesetzt. Jetzt wird er von E-Bassist Fabian Wendt, Gitarrist Thomas Maos und Carsten Netz an Tenorsax und Klarinette unterstützt. Alles jung gebliebene alte Hasen, die man von unterschiedlichen musikalischen Projekten kennt, die teils weit über den Jazz hinausgehen.

Hier bieten sie eine avancierte Version von Fusion und Jazzrock, die jedoch über den ohnehin schon großen Tellerrand hinausblickt. Es beginnt fast morriconemäßig mit dunkler Twanggitarre und atmosphärischem Calexico-Vibe. Im Weiteren dominiert aber die Klangästhetik der frühen 70er Jahre. Mit sattem Klangdruck fühle ich mich an historische Vorbilder wie Return To Forever und Weather Report erinnert – allzu dogmatisch klingen Sputnik 27 aber nicht.

Vor allem Drummer Settelmeyer spielt mit eleganter Leichtigkeit subtile Grooves, und Carsten Netz sorgt für milde psychedelische Saxlinien. Der dynamische Elektrobass und die Stromgitarre können aber auch ganz schön laut werden – vor allem Thomas Maos beweist, dass er als Gitarrist wahrscheinlich alles spielen kann. Der lautstarke Wumms transformiert das Jazzkonzert in eher rockige Gefilde, wobei hier letztlich gängige Genregrenzen mit Leichtigkeit ignoriert werden.

Gute Nachrichten gibt es auch noch, denn nächstes Jahr soll es eine Neuauflage des Winterjazz im Kulturbunker geben. Team Gig-Blog wird selbstredend dabei sein.