MINIX, HERZ RHYTHMUS MASCHINE, GEHEIME ZEICHENSPRACHE, 21.02.2025, Wartberg 40, Stuttgart
Wieder so ein Wochenende mit erfreulich überbordendem Konzertangebot in Stuttgart – die Wahl ist keine Qual, viel mehr freuen wir uns über das üppige Entertainmentangebot. Team Gig-Blog entscheidet sich kurzentschlossen für die private Einladung, die uns ganz altmodisch per E-Mail von einem verdienten Stuttgarter Musiker zugeschickt wurde. Es geht um sein neues Soloprojekt – und wie sich zeigen wird, um noch viel mehr.
Denn das Konzept des Abends darf man schon großartig finden: Drei Bands treten hintereinander auf, die sich einen Probekeller im Stuttgarter Süden teilen. Das Besondere: alle drei Bands sind noch nie öffentlich aufgetreten. Und sie kennen sich zwar als Rehearsal-Nachbarn, die Musik der Kolleg*innen aber so gut wie gar nicht – wie uns vor Ort berichtet wird.
Der Veranstaltungsort wirft zunächst Fragen auf, erweist sich dann aber als die idyllische Ausflugskneipe „Wartberg 40“ unterhalb des Killesbergs – bis vor kurzem auch als „Ins Blaue“ bekannt. Beim Hinradeln fragt man sich, wer – zumal an einem ÖPNV-Streiktag - überhaupt dorthin findet und ob man von den Gästen irgendjemand kennt.
Erste Antworten gibt es schon beim Entrée auf der gut gefüllten Terrasse mit vielen bekannten Gesichtern aus der erweiterten Stuttgarter Punkszene. Der eher kuschelige Innenbereich ist bereits proppevoll, was auch an der vielköpfigen Fanbase der ersten Band MiniX liegt.
Die legt pünktlich um 20 Uhr los, um zum Konzertende 20 Minuten später für helle Begeisterung zu sorgen. Ja, so geht das mit dem Punkrock. Vier Frauen, teilweise erst seit einem Jahr Musikerin, hauen in klassischer DIY-Manier noch klassischeren Punkrock raus. Gradlinig und schnörkelllos, mit toller, klarer Stimme, eingängigen Songs und schon deshalb auf der Spur von bundesdeutschen Punk-Ikoninnen wie Hansaplast, Nichts, Östro 430 und Bärchen & Die Milchbubis.
Das macht richtig Spaß, das eingezwängte Publikum macht gutgelaunt mit und hoffentlich sehen wir MiniX schon bald im größeren Rahmen. Die im vielleicht größten Hit besungene „Bitchkarre“ gehört übrigens einer ebenfalls anwesenden Stuttgarter Punkheldin, wie mir nach Konzertende zugetragen wird.
Nach so einem furiosen Auftakt hat es natürlich jede Band erst mal schwer. Herz Rhythmus Maschine bleiben aber cool. Denn das postpunkige Trio hat mit anderen Bands und Projekten schon viele Jahre (okay, eher Jahrzehnte) Bühnenerfahrung und ist mit allen Wassern gewaschen. Im Publikum zeigt sich glamouröse Stuttgartpunk-Prominenz und die Band lässt es gleich ordentlich knacken.
Chef von Herz Rhythmus Maschine ist der legendäre Familie-Hesselbach-Bassist Lupe Wolf, der hier eigene Songs im kompakten Trioformat vorstellt. Drummer Dieter Fuchs sorgt für strammen Beat, Gitarrist Latino-Klaus setzt unerwartete Akzente. Vielleicht weil er seine Stromgitarre nicht als handelsübliches Brett spielt, sondern ganz eigene, subtilere Wege geht.
Der Sound ist dunkler, zickiger Postpunk mit fiebrigem Beat und fest verankert im frühen, eher experimentellen Punkrock der ganz frühen 80er. Dem entstammen ja auch die famosen Hesselbachs, von denen prompt zwei Stücke gespielt werden. Ich fühle mich aber auch an Bands wie Wire mit ihrem etwas ambitionierteren Art-Punk-Ansatz erinnert. Oder die noch roughen frühen Fehlfarben? Joy Division?
Auch dieser Auftritt dauert nur eine gute halbe Stunde, die ebenfalls sehr kurzweilig ausfällt – auch dank der überzeugenden Lightshow mit digitaler Projektion und großer Spiegelkugel, obwohl in dem Laden eigentlich gar kein Platz für einen solchen Aufwand ist.
Die Triple-Premiere wird von Geheime Zeichensprache abgeschlossen. Die vierköpfige Band aus Stuttgart startet mit ungewöhnlichem Setup: Die stabile Rhythm Section wird mit kleinem Synthie und einer subtilen E-Gitarre begleitet, wobei der Saitenzauberer seine Effektgeräte nicht mit den Füßen bedient, sondern vor sich auf ein Tischchen platziert hat.
Geheime Zeichensprache wird als Kraut-Projekt angekündigt, klingt für mich aber anders. Mit deutschen und englischen Texten wird gekonnt Art- und Progrockiges in milde psychedelischen Flow gebracht. Der Groove lappt teils ins Clubbige, der Gesang hat dagegen eher Soul und erinnert den Gigblog-Fotografen an David Byrne.
Fazit: Das war ein rundum vergnüglicher und sehr gut organisierter Konzertabend mit reichlich Socializing, drei vielversprechenden Bands, die ich alle bald wiedersehen will und einer sympathischen Location, die zukünftig noch mehr Konzerte veranstalten will.
Minix
Herz Rhythmus Maschine
Geheime Zeichensprache
