POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA EZEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Ganz ehrlich, ich hasse Talkshows. Bei Maischberger, Lanz & Co. bin ich raus. Alles an diesem Format ist verachtenswert: die eskalative Diskussions(un)kultur, die zwanghafte Simplifizierung auf Schlagworte und Parolen, die Auswahl der Gäste nach Skandal- und Quotenpotenzial. Ohne Rücksicht darauf, damit immer den Lautesten, Rücksichtslosesten und Unanständigsten eine Plattform zu bieten. Ich versteige mich sogar zu der Behauptung, dass dieses Format in der Summe schädlich ist, vielleicht sogar einer der Gründe für das Bröckeln unserer Demokratie. (Uff, das musste mal raus.)

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Aber was hat dies mit den „Pop Talks“ zu tun? Gar nichts. Außer, dass hier ebenfalls Moderator:innen mit Gästen reden. Es fängt schon damit an, dass das Pop-Talks-Grundthema „Popkultur“, das durchaus kontrovers diskutiert werden kann, sowohl Kimsy von Reischach und Walter Ercolino als Moderationsteam als auch die eingeladenen Musikerinnen Cassandra Steen und Diana Ezerex aus intensiver Beschäftigung bestens bekannt ist und damit eine authentische und faktenbasierte Diskussion möglich wird.

Es ist bereits die zweite Auflage, die heute in der Rakete stattfindet. Die Premiere war mit MTV-Urgestein Markus Kavka im Studio Amore und soll, dem Vernehmen nach, sehr unterhaltsam gewesen sein. (Zu unserer Entschuldigung: Wir waren an jenem Abend beim Record-Release von Levin Goes Lightly)

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Nach einer kurzen Vorstellungsrunde – die mit spontan vertauschten Moderationskarten sehr witzig gerät – geht es quer durch die Themen, die aktuell in der Popkultur diskutiert werden. Sei es gendergerechtes Booking auf großen Festival, Diskriminierung und Rassismus, Chancen und Risiken des Streamings oder ganz grundsätzlich der Frage, warum es nur noch ganz wenigen Musiker:innen möglich ist, von der Musik zu leben und wie Selbstausbeutung das Musikerleben bestimmt. Wahrlich keine leichten Themen und da ist ein gewisser Kulturpessimismus, der bei Cassandra Steen hin und wieder durchscheint, durchaus zu verstehen. Ihrer These, es gäbe heute – anders als in den Neunzigern – keine wirklich gute und relevante Musik und Musiker:innen mehr, mag ich aber nicht folgen.

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Spannend wird es auch, als die RnB-Künstlerin Ezerex aus ihrem beruflichen Werdegang berichtet. Zum Beispiel, dass sie gerade ihr drittes Studium absolviert und viel Energie in ehrenamtliche Gefängnis-Konzerte steckt. Lustig auch, wie sie sich ihre Aussagen manchmal von ihrer Mutter im Publikum bestätigen lässt.

Ein weiteres Thema ist natürlich die Popkultur-Förderung, für die – ganz aktuell – eine Million Euro im baden-württembergischen Haushalt eingestellt wurden. Auch wenn dem Popbüro-Leiter die Vokabel „Popländ“ unter allgemeinem Gekicher nur etwas holprig über die Lippen kommt, wird die Botschaft an sich in der Runde begrüßt. Insbesondere Diana Ezerex betont, was es bedeutet, mit einer Förderung „Zeit zu kaufen“ und den Kopf für freizubekommen, um sich kreativ zu betätigen.

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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Zur Auflockerung haben alle vier einen Song mitgebracht, der eingespielt und kurz diskutiert wird. Es kommt nicht nur Emeli Sandé als Idol der beiden RnB-Künstlerinnen zu Gehör, auch „Hard To Hate Up Close„, in dem Ezerex und Steen kollaboriert haben, ist ein markanter Vertreter dieses Genres. Kimsy von Reischach steuert „Easy“ von der Wiener Band „Wallners“ bei, das sich hier stilistisch gut einordnet. Den musikalischen Ausklang trägt Ercolino bei. Mit Levin Goes Lightlys „Headbanging„, das für ihn vom Album des Jahres kommt.

In der letzten Runde sollt diskutiert werden, wie die Teilnehmer:innen die Zukunft der Popmusik sehen. Die darauf angesprochene Cassandra Steen, retourniert schlagfertig, ob sie bei ihrem Vornamen tatsächlich die Richtige für eine solche Frage sei. Danach gibt es noch einige Fragen aus dem Publikum, bevor der Abend mit dem Hinweis auf die dritte Runde der Pop Talks endet. Diese finden am 15. Februar im Stadtpalais als eine der Pre-Sessions zum About-Pop-Festival statt. Wenn dort wieder alle Teilnehmer:innen so meinungsstark und diskussionsfreudig wie heute sind, wird das wieder ein tolles Event. Wir werden es uns jedenfalls nicht entgehen lassen.

POP TALKS mit CASSANDRA STEEN und DIANA ESEREX, 12.12.2024, Rakete, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
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