HOT WATER MUSIC, QUICKSAND, AS FRIENDS RUST, 12.11.2024, LKA, Stuttgart
Die US-Post-Hardcore-Heroen Hot Water Music touren zu ihrem 30-jährigen Bandjubiläum gerade um die Welt und machten dieser Tage auch in Stuttgart halt. Diese Feierlichkeiten begleiteten neben den ebenfalls aus Gainesville, Florida stammenden As Friends Rust als auch die mit Hot Water Music befreundete Band Quicksand aus New York City, die erst vor ein paar Wochen zusammen eine gemeinsame Split-EP herausgebracht haben. Quicksands umtriebiger Sänger Walter Schreifels hat als Bassist bei Youth of Today und Frontmann bei Gorilla Biscuit ja nicht nur eine ruhmreiche — um nicht zu sagen legendäre — Straight-Edge-/Hardcore-Vergangenheit, er ist auch aufgrund seiner Wahlheimat Berlin in der deutschen Musikszene mit Features bei Madsen und Egotronic oder als Produzent von Olli Schulz in Erscheinung getreten. Und er hat das 1999er-Album „No Divison“ von Hot Water Music produziert. Legende eben.
Ein wirklich ordentliches Punk-/Post-Hardcore-Paket das hier geschnürt wurde, es verspricht ein perfekter Abend für bärtige Ü40-Männer zu werden, die gerne Bier trinken und mit in die Luft gereckter Faust Woo-oh-oh-Refrains mitgrölen möchten. Und diese waren auch in großer Zahl da. Allerdings noch nicht alle pünktlich um 20:00 Uhr, als „As Friends Rust“ loslegen. Es spannte sich ein leerer Halbkreis vor der Bühne („the german hole“ hat Dennis Lyxzén von Refused dieses Phänomen mal genannt, das wohl vor allem beim touren in Deutschland auffiel, und seit dem ist diese Vokabel in meinem Wortschatz) den die Band aber schnell zu schließen wusste, mit den üblichen „Vor der Bühne ist noch Platz, come closer“-Ansagen, aber auch weil die Songs genau den richtigen Hardcore-Nostalgie-Nerv trafen.
„What happened to the good old days, I don’t know.“
Recht routiniert ballerten sie eine halbe Stunde lang ihren Melodic Hardcore in die Halle und erfüllten somit geradezu perfekt den Zweck als Vorband: Das Publikum ist in Stimmung gebracht und der Platz vor der Bühne ist merklich gefüllt. Und keine Viertelstunde später kommen dann auch schon Quicksand die LKA-Backstage-Treppe runter.
Auf Quicksand freuten sich einige Anwesende heute Abend sicher mindestens genauso wie auf den Hauptact. Die 1990 gründete Band ist nach mehreren Pausen und Trennungen seit 2012 nun wieder aktiv und hat in dieser Zeit auch schon zwei neue Platten herausgebracht. Wo Fans der ersten Stunde sich vielleicht mehr von dem „guten alten Zeug“ in die Setlist wünschen würden, tut es einer Band ja meist schon gut, wenn genug neues Material am Start ist, um nicht zur eigenen Coverband zu verkommen. Und Quicksand tat dies sichtbar gut. Mit immenser Spielfreude legten die drei los und konnten auch das neue Material wie „Phase 90“ von 2021 und das erst vor ein paar Wochen veröffentlichte „Supercollider“ gut ins Programm einbinden. Letztendlich aber waren es schon die Songs aus den 1990ern wie „Thorn In My Side“, „Fazer“ oder „Dine Alone“, die alle begeisterten. Nach gut 40 Minuten blendete der Auftritt dann langsam aus, Schreifels verließ als erster die Bühne, dann eine Minute später Bassists Sergio Vega, die Instrumente aber immer noch im Loop nachhallend, bis irgendwann auch Schlagzeuger Alan Cage seine Stöcke fallen lies, um ebenfalls die Treppe in den Backstage wieder hochzugehen und der Bühnentechniker dann sprichwörtlich den Stecker zog.
Chuck Ragan und der Rest von Hot Water Music standen dann um zehn vor zehn auf der Bühne und starten gleich mit dem Klassiker „Remedy“ von 2002, ein perfekter Opener um den Rest des Abends einzuläuten.
Bei „Hot Water Music“ handelt es sich ja um eine Band mit zwei Sängern, was vielen Songs und so dem ganzen Konzert eine schöne Abwechslung gibt. Manchmal hat Ragan mit seinem tiefen Reibeisen den Lead, manchmal brummt er nur im Background und Chris Wollard singt. Doch Wollard tritt seit ein paar Jahren nicht mehr live auf, sondern ist nur noch im Studio dabei. Und so steht seit 2017 Chris Cresswell an Gitarre und eben auch am Mikrofon mit auf der Bühne und ist inzwischen auch ein festes Mitglied der Band geworden.
Es gab wenige oder nur kurze Ansagen, es wurde sich regelrecht durch das Set gefräst, das eine gute Mischung aus aktuelleren Track wie „Free Radio Gainesville“ oder „Burn Forever“ (dessen Riff mich so sehr an Gang of Fours „Damaged Goods“ erinnert, dass es kein Zufall sein kann) und Klassikern aus den späten 1990ern / frühen 2000ern wie „Turnstile“ oder „Free Radio Gainesville“ war.
Einmal allerdings legte Ragan eine Pause ein, um sich nicht nur bei seiner Band und der Crew zu bedanken, sondern auch beim LKA, eine Location, in die er und seine Band seit so vielen Jahren immer wieder kommen und an die sie viele gute Erinnerungen hätten. Ohne irgendwelche Zugaben-Spielereien oder unnötigen Pausen bog das Konzert dann am Ende mit „Trusty Chords“, welchem Song auch sonst, auf die Zielgerade.
Hier wurde heute nichts neu erfunden, aber trotz zwei Vorgruppen ein kompakter Abend mit sympathischen Bands, die ablieferten, was will man mehr?
Walter Schreifels hat „No Divison“ produziert, aber nicht „Caution“ .. trotzdem ein schöner, lesenswerter Bericht .. ;-)
Stimmt, da bin ich in den Alben verrutscht, Danke für den Hinweis…