AKNE KID JOE, KÜSTE, 09.11.2024, clubCANN, Stuttgart
Die erste große Erkenntnis des Abends ist, dass einige Menschen, die heute Abend in den clubCANN gekommen sind, den Support-Act Küste nicht auf dem Schirm hatten. Aber die Fleißigen machen nicht nur heute Abend, sondern auch in den Clubs und auf den Bühnen in der ganzen Gegend schon länger einen hervorragenden Job und Sound. Sänger Daniel legt hoch singend, ausladende Strecken um sein Mini-Keyboard zurück, tänzelt auf Zehenspitzen an den Bühnenrand. Von dort grüßt ein schleimig grinsender Dieter Bohlen auf einem Plakat: Alte weiße Männer werden von dieser Band genauso wenig toleriert wie Nazis.
Die Texte von Küste nehmen die Ignoranz und die gleichzeitig überbordende (Kommentarspalten-)Weisheit der Boomer ordentlich auseinander und packen einen krachenden Sound drum rum. Und deshalb passen Küste auch perfekt in den Slot vor Akne Kid Joe auf ihrer „4 von 5“-Tournee. Das Publikum dankt mit viel Applaus.
Hinten auf der Bühne fährt schon während dem Opening-Act auf dem Backdrop ein Daimler durchs Bild (Mir fehlt leider jede Sachkenntnis, um das Modell des Wagens zu identifizieren). Dessen Kennzeichen „A-KJ“ (für Akne Kid Joe) wird an dem Auto durch eine einschlägige Zahlenkombination ergänzt, die sich mit der Abstammung von Polizeibeamten beschäftigt. Ich finde, das holt einen unweit der Konzernzentrale des Herstellers dieses Wagens schon nochmal anders ab und die nächste Polizeistation ist ja ohnehin selten weit entfernt. Vorne links auf der Bühne hat die Band ein „Free Hanna“-Banner befestigt, „Kein Bock auf Nazis“ haben einen Stand im Saal.
Und dann geht’s wunderbar laut und rumpelig los. Die ersten Reihen pogen für ein Leben ohne Deutschland, dafür lieber für die letzten Reste Autonomie, den die (heute Abend auch nicht mehr so ganz so junge) Jugend noch in sich hat. Viel Begeisterung gibt es für den Song „Sarah (Frau in einer Band)„, nach Aussage eben dieser Sarah der zweitwichtigste Song in der Musikgeschichte nach „Auf der schwäbischen Eisenbahn“. Klar, die Spitzen gegen die verschlafenen Spießer-Schwaben, die überraschenderweise doch so zahlreich erschienen sind, bleiben mal wieder nicht aus. Aber selbst uns tut am Ende einer Woche, in der Trump wieder US-Präsident, aber Christian Lindner nicht mehr Finanzminister ist, eine gute Punkrock-Show gut! Die Mischung aus Sorge um die Welt und das große Ganze, gleichzeitigem Genervtsein vom Allermeisten und lauter Musik macht’s eben leichter.
Der clubCANN besticht wie so oft durch fancy, fast schon festivalmäßige Beleuchtung, während auf der Bühne bei „Rock im Park“ über gelästert wird. AKJ hauen die Hits raus und das ist extrem kurzweilig und unterhaltsam. Sarah unterbricht für einen Solidaritäts- und Spendenaufruf für ihre Nachbarin und Freundin Hanna, die im sogenannten Budapest-Verfahren angeklagt ist. Danach es geht es aber ohne Pause direkt fröhlich weiter, denn „wir wollen uns auch die gute Laune nicht verderben lassen“.
Der Abend hat keinerlei Längen und nach „What AfD thinks we do“ über den hanebüchenen Tarifvertrag für linke Demonstrant*innen, verzichten Akne Kid Joe mit Ansage auf das Zugabenspielchen und spielen einfach so noch ein paar Songs, ohne vorher von der Bühne zu gehen. Ganz zum Schluss gibt es ihren laut eigener Aussage grausamsten Song „Give Never up a Fight“ und die riesige Discokugel funkelt dazu.