AHAB, ENDONOMOS, NARBENVATER, 31.10.2024, clubCANN, Stuttgart
Funeral Doom an Halloween. Das ist doch mal ein makaberes Match, würd ich sagen. Stand ich früher diesem US-amerikanischen Feiertag wegen eigener antiamerikanischer Freudlosigkeit eher skeptisch gegenüber, finde ich das mittlerweile eine recht sympathische Angelegenheit. Sollen doch rechte Nationaltraditionalisten und freudlose Protestanten sich darüber ärgern. Ich freue mich, dass im vollen clubCANN das ein oder andere bemalte Gesicht zu sehen ist. Außerdem läuft auch der kapuzte Gevatter Tod im Publikum herum. Sense musste er wohl an der Garderobe abgeben.
Erfreulich früh gegen 19:25 Uhr starten Narbenvater das Konzert. Im September erst hatte die Band ihre allerersten Liveauftritte. Von irgendwelchen tapsigen Unerfahrenheiten ist aber nix zu merken. Ein Grund dürfte sein, dass die Rhythmusabteilung, Bassist und Schlagzeuger, bei Ahab spielen. Nach den ersten Takten macht das Sinn, dass die Beiden hier mitspielen. Denn musikalisch hat das wenig mit ihrer Hauptband gemein. Narbenvater spielen flotten Death Metal.
Da meine Karriere des Death-Metal-Mögens erst am letzten Karfreitag startete, bin ich alles andere als ein Experte, um Profundes zur Musik dieses riesigen Genres schreiben zu können. NV hacken nicht nur im Höchsttempo, sondern haben auch ruhigere Parts mit arpeggierten Gitarren. Diese klingen zwar meist ebenso dissonant wie der Rest der Musik, aber der Kontrast zu den Blast Beats Parts erzeugt trotzdem einen spannungserhaltenden Kontrast. Interessanterweise spielen beide Gitarristen mit Les Paul Gitarren, was ich jetzt nicht als die typischsten Extreme-Metal Gitarren ansehen würde. Vielleicht liegt es daran, dass der Gitarrensound für meinen Geschmack nicht so scharf rüberkommt, sondern etwas muffig. Davon abgesehen: sehr kompetenter, prima Auftakt.
Mit Endonomos aus Österreich tauchen wir jetzt aber in den erwarteten Doom-Mood ab. Der Gesang wechselt zwischen ruhigeren, melancholischen Klargesangspassagen und derbem Gegrowle in den härteren Parts. Oftmals zweistimmige Gitarrenleads sorgen für passende Klagemelodien. Dabei scheut sich der Vierer auch nicht, den doomigen Grundvibe mit schnelleren Doublebass-Passagen oder sogar einem leichten Swing aufzubrechen. Es gibt trotzdem ein paar Momente, in denen es sich etwas zieht und die Spannung leicht abfällt. Vielleicht liegt es auch daran, dass die Klargesangsstimme nicht allzu spannend klingt. Da der Auftritt aber am Ende mit starkem Jubel abgefeiert wird, kann man davon ausgehen, dass dies nicht groß gestört hat.
Bei der Umbaupause rätsele ich noch, ob der Bassist von Ahab (und Narbenvater) ein T-Shirt von Blood Incantation oder eins mit dem Schriftzug Mittelscharfer Senf trägt. Erst die T-Shirt-Rückseite mit dem Coverbild des Überalbums „Absolute Elsewhere“ verrät es. Alle Memes und Witze über Death Metal Logos sind 100% wahr!
Geschlagene 8 Jahre ist es schon wieder her, dass wir das erste und bisher letzte Mal über Ahab berichtet haben. An dem Konzept Doom mit Seefahrts-Bezug hat sich nix geändert, weswegen der Genrebegriff Nautic Doom auch weiterhin seine Berechtigung hat. Ich sehe sie das erste Mal, und eines wird schon nach wenigen Momenten klar: Ahab sind eine Klasse besser als das, was wir bisher zu hören bekommen haben.
Die ruhigeren Passagen sind klagender, der Klargesang überzeugender, die Melodien stärker. Und wenn dann die harten Riffs einsetzten, hat man tatsächlich das Gefühl von einem sehr großen Hammer getroffen zu werden. Daniel Drostes Growls klingen brutalst tief, riechen nach Graberde, und man würde sich nicht wundern, wenn ihm beim Singen Kellerasseln aus dem Mund blubbern würden. Wobei, gibt ja auch Meeresasseln, in diesem Fall vielleicht passender.
Langsam gespielte Musik kann einen ja gerne mal verlieren. Die Aufmerksamkeit kann z.B. von unbekümmert laut quatschenden Leuten abgelenkt werden (auch heute leider der Fall). Ahab schaffen es aber ihre Musik mit einer Dramatik und Spannung auszustatten, dass man sich nicht eine Sekunde langweilt. Man schwelgt in den ruhigen Momenten, freut sich schon, dass irgendwann demnächst ein hartes Riff um die Ecke kommt, und wird dann trotzdem überwältigt. Manchmal erwische ich mich sogar bei dem Gedanken, dass wenn die alten Opeth Doom Metal gemacht hätten, es so klingen könnte.
Erhabenheit ist vielleicht das tatsächlich passende Wort, um den Liveauftritt Ahabs am besten zu beschreiben. Und im Vergleich dann der Unterschied zu Endonomos, die im Prinzip eine fast identische Art von Musik spielen. Aber mit diesem unfairen Vergleich hätte sich jeder andere Vorband auseinandersetzen müssen, denn Ahab sind eine Klasse für sich. Und so wirkt das Gehörte noch lange nach Konzertende nach.