PAULA CAROLINA, 21.10.2024, Im Wizemann, Stuttgart

[Anm. d. Red.: Leider ist unser Fotograf sehr kurzfristig ausgefallen. Deshalb gibt es ausnahmsweise leider keine Konzertbilder.]

„Ausverkauft“ hieß es dann doch noch kurz vor dem Konzert im mittleren Club des Im Wizemann, der mich als Location schon das ein oder andere Mal enttäuscht zurückließ, da es manchmal schwierig war, eine ansprechende Stimmung in diesen fast quadratischen Raum zu bringen. Es funktionierte allerdings immer bei Bands, deren Ausrichtung eher auf die 12 ausgerichtet ist, und so sollte es auch bei diesem musikalischen Paket sein, bestehend aus Tiavo und Paula Carolina, deren beider momentane musikalische Ausrichtung nur eine Richtung kennt – nach vorne.

Als ich zum drittletzten Song der Vorband aus Saarbrücken den Club betrete, herrscht schon eine ausgelassene Stimmung, die immer weiter angeheizt wird und dabei schon einige Elemente erkennen lässt, die auch Paula Carolina später immer wieder erkennen lassen wird. Viele Soundelemente – sowohl bei den Instrumenten als auch bei der Stimme – lassen sofort an die populären Acts und Hits der Neuen Deutschen Welle denken, womit das Quartett von der Saar dem Hauptact eine perfekte Bühne bereitet. Die Stimmung während der Wartepause wird mit Hits der letzten 20 Jahre weiter am Köcheln gehalten, bevor die ersten Takte von „Also sprach Zarathustra“ des alten Hit-Giganten Richard Strauss ertönen und neben mir „Warsteiner“ ins Ohr geflüstert wird. Deutlich mehr Freude entwickelt das Publikum, als Paula Carolina samt ihren vier Mitmusikern die Bühne in weißen Malerkitteln betritt und das Feuerwerk der Reminiszenzen NDW, Die Prinzen, Queen und viele mehr beginnen lassen.

Ein wenig Angst hatte ich während der ersten Songs schon – wird das nicht vielleicht doch eine überfüllte Revue, irgendwo zwischen NDW-Chart-Show und Deichkind-Verehrung? Zum Glück wird mir diese Befürchtung dann doch schnell genommen, indem der eigene Sound und die gelungene Verwendung der schon vorhandenen Versatzstücke aus der musikalischen Vergangenheit geschickt verwoben werden. Musikalisch könnte es für mich persönlich noch die ein oder andere Abwechslung geben, aber Spaß macht das alles auf alle Fälle. Und die Momente der Abwechslung sind auch vorhanden. Eine zentrale Stelle dabei ist die auf ein Minimum reduzierte Version des wahnsinnig berührenden „Das Ende“. Dieser Song beinhaltet Spannungsmomente in der Melodie, einen wunderbaren Text sowie Raum zur Entfaltung Paula Carolinas Stimme. Und das Schöne ist – es funktioniert und bricht die Party im richtigen Moment, sodass sie auch wieder Fahrt aufnehmen kann.

Die Band versprüht eine unglaublich hohe Spielfreude und eine Energie, die sich sofort auf das Publikum überträgt. Es wird gehüpft, gesprungen und mitgesungen und dabei wird eine erstaunliche Textsicherheit an den Tag gelegt. Ebenso erstaunlich wie die Begeisterung des „Überkopfmitklatschens“, das als ein Element des Publikums gesehen werden kann, um eine nicht untypische Konzert-Stimmung aus den Live-Zeiten der NDW herzustellen. Dazu wird abwechselnd gepogt und Luftballons in die Höhe bugsiert, dass es für alle eine wahre Freude ist.

Nicht ganz außer Acht sollte man neben aller Partylaune lassen, dass eigentlich alle Songs auf der Textebene eine gewisse Ernsthaftigkeit beinhalten, von der ich manchmal befürchte, dass sie untergeht. Aber da eben so viele so textsicher sind, glaube ich, dass genau diese Mischung aus musikalischer Party und lyrischem Ernst entscheidend ist für den Erfolg dieses Konzerts und der gesamten Tour. Leider alltägliche Phänomene männlichen Verhaltens („Bitte Bitte“) oder die Angst um unsere Demokratie („Angst frisst Demokratie“) werden mit einer Energie an- und ausgesprochen, welche vielen im Publikum verdammt gut tun wird und vielleicht nicht mehr oder weniger will als diese Energie zu transportieren – „Willkommen in der Realität“, wir sind „Extra“ und damit „Offiziell Glücklich“.

Ein Gedanke zu „PAULA CAROLINA, 21.10.2024, Im Wizemann, Stuttgart

  • 9. März 2025 um 20:29 Uhr
    Permalink

    Das coolste was ich seit langen nicht mehr gehört, erinnert mich teilweise stark an Ideal.
    Gruß Olaf 64 Jahre alt.

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