HELLRIPPER, SPITFIRE, 11.08.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart

HELLRIPPER, SPITFIRE, 11.08.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
Foto: Holger Vogt

Die olympischen Spiele begannen mit Gojira, heute beenden wir sie mit Hellripper. Wobei wir als Publikum deutlich härtere körperlichere Anstrengungen als manch „Von und Zu“ auf dem Rücken eines malträtierten Pferdes hinlegen mussten, um diesen Abend zu überleben. Zwischen „Schwarzer Keiler“ und „Hellripper“ scheint es einen teuflischen Pakt zu geben, dass die Konzerte physische Ausnahmesituationen sein müssen. Aber nur so war es wohl möglich, dass Metalskeptiker und Fotograf Holger am Ende aus dem Keiler als Metal-Head aufersteht.

HELLRIPPER, SPITFIRE, 11.08.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Wer letztes Jahr beim Hellripper-Konzert dabei war, hat es nicht vergessen. Die wilde Intensität der Band samt den tropischen Bedingungen haben sich ins Hirn eingeschmolzen. In der Zwischenzeit konnte man die Schotten im Januar bei Eiseskälte in deutlich größerem Rahmen besuchen. War prima, aber die Überwältigung wie im Keiler war es nicht. Kurzbehost in Tennisshorts schaue ich derweil etwas sehnsüchtig auf den Merch, wo es schwarze Hellripper-Shorts gibt, die noch kürzer und leichter (und sexier) als meine zu sein scheinen.

HELLRIPPER, SPITFIRE, 11.08.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Spitfire aus Karlsruhe legen so viertel nach Acht im bumsvollen Keiler los. Und tatsächlich, wie letztes Jahr bei Hellripper oder diesen Frühling bei Kryptos: der lokale/regionale Supportact entpuppt sich schnell als Volltreffer. Die mich an frühe Destruction, Kreator, aber teils auch Di-Anno-Ära Iron Maiden erinnernde Musik ist nicht nur sympathisch ungestüm und charmant in ihrem Patina-Soundgewand. Es sind einfach richtig gute Songs mit gelungenen Hooks dabei, die von der Bühne purzeln. Riffs, zu denen man gerne die Fäuste ballt sowie moshige Midtempoparts, die einen schauen lassen wie das bekannte Bernie Sanders Meme. In der Zwischenzeit ist der aus der Sauna bekannte Tipping-Point erreicht, an dem der Schweiß von einem Moment auf den anderen zu strömen beginnt. Und da fällt mir ein, dass ich letztes Jahr nach dem Konzert mich eigentlich erinnern wollte, mit Schweißbändern beim nächsten Mal aufzutauchen.

HELLRIPPER, SPITFIRE, 11.08.2024, Schwarzer Keiler, Stuttgart | Foto: Holger Vogt
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Der Sänger und Gitarrist nennt sich zwar Motörizer, aber an Lemmys Motörhead erinnert mich an der Musik nur wenig. Wenig Rock ’n‘ Roll, viel Metal. Erfreulich auch, dass der Bass so eine prominente Rolle im Bandsound einnehmen darf. Ok, das wäre ein Link zu Motörhead neben Sänger-Pseudonym und Kriegsflugzeug-Bandnamen. Die Ansagen erinnern mich aber eher an den frühen Mille. Vielleicht nicht immer hundertprozentige Granaten, aber volle Punktzahl in Sachen Authentizität. Songtitel konnte ich mir leider nicht aufschreiben, da das Notizbüchlein bei der Feuchtigkeit ebenso zu nix zu gebrauchen ist wie das Hirn. Egal. Toller Auftritt, Spitfire werden vom Publikum gefeiert und der Zugabenteil ist mehr als berechtigt. Man darf auf das kommende Album tatsächlich gespannt sein.

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Das durchgeweichte Publikum geht zum Sauerstoff schnappen und Kleidung trocknen in der Pause erstmal wieder an die frische Luft. Beobachtung: Viele, v.a. Zuschauerinnen waren so clever, Handfächer mitzubringen. Wilder Oldschool-Speed- und Thrashmetal, und im Publikum wedeln Handfächer. Ein schönes Bild. Und nachdem das hiermit etabliert wurde, hier auch die Merch-Idee, denn wir sind ja im Kapitalismus: Handfächer mit Band-Logos. Einen mit Goat-Motiv und Hellripper-Schriftzug hätte ich mir sofort gekauft.

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Wieder hinab in den Hades Keiler, denn James McBain und Band scharren schon mit den Teufelshufen. Mit der Hymne „All Hail The Goat“ nimmt der Terror seinen Lauf. Der Sound ist für die Wildheit der Musik wirklich sehr ok. Dass ich im Laufe des Sets mal wieder nicht wirklich alle Lieder voneinander unterscheiden kann, liegt einfach daran, dass Hellripper einem Hirn und Ohren nach allen Regeln der Kunst zusammenkloppen. Ca. fünfzehn High-Speed Nummern werden in der Stunde durchgepeitscht. Kurze Ansagen, Publikum zum Durchdrehen auffordern, Flasche Wasser leeren, und weiter geht’s.

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Die Intensität der Musik in Verbindung mit der Atmosphäre des vollen Keilers und dem besonderen Klima sind wirklich fordernd. Ich atme fast schon durch, als „The Affair Of The Poisons“ beginnt, denn die ersten Takte sind doomig und evil wie der unausgeschlafene Beelzebub selbst. Ein ganz eigenes Spektakel ist mal wieder der Drummer. Wie ein hochgezüchteter Renngaul, der vor dem Konzert noch paar Amphetaminspritzen verpasst bekommen hat, trommelt er alles in Grund und Boden. Musik als Extremsport.

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Der Teufel Bodyshaming kommt derweil bei mir im unerwartetsten Moment. Irgendwann bemerke ich, wie ich kritisch Personen, die sich nah bei mir aufstellen, danach tariere, ob sie besonders viel Wärme abstrahlen könnten. Kein netter Gedanke, aber der gig-blog verrät auch die dunklen, unbewussten Seiten der Autor*innen. Zurück zur Musik. Da das jetzt immerhin mein drittes Hellripper-Konzert innerhalb eines Jahres ist, tatsächlich einmal eine Mini-Kritik. So geil und einzigartig diese Raserei ist, vielleicht würden dem Set tatsächlich zwei bis drei auch nur etwas langsamere Stücke guttun. Gerade die Kontraste sind ja oft nötig, um bestimmte Merkmale der Musik noch besser zu würdigen.

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Davon abgesehen ist der höllische Ultraspeed-Rock’n Roll bzw. Blackened Thrash bzw. Black ’n‘ Roll wieder eine beeindruckende Grenzerfahrung, die man einfach mal mitgemacht haben sollte. Nach dem Ende kriechen lauter so windelweich geprügelte wie glückliche Zuschauer*innen die Treppe hinauf. Darunter sogar neue Mitglieder der Metalgemeinde, wie good ol‘ Holger. Well done everybody!

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