MOOP MAMA x ÄLICE, ENGIN, DUB FX FEAT. MR. WOODNOTE, 01.08.-03.08.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny
Dass ich die Urban-Brass-Band Moop Mama gesehen habe, ist gefühlt 15 Jahre her. Ob das sein kann? Gibt es die überhaupt schon so lange? Laut Wikipedia haben sie sich 2009 gegründet, kann also grade so hinkommen. Ich glaube, es war beim Straßenmusikfestival in Ludwigsburg, aber sicher bin ich mir nicht. Egal – es ist weit weg, ich erinnere mich, dass ich total begeistert war, aber sonst an nicht viel. Daher kann ich jetzt nicht sagen, ob es mit oder ohne die neue Frontfrau besser finde. Auf jeden Fall finde ich Älice super, die übers ganze Gesicht strahlt, während sie zur meisterlich gespielten Blasmusik rappt und singt. Blasinstrumente und Trommeln klingen brillant, leider ist Älice nicht gut zu verstehen. Das liegt aber nicht an ihr. Wir sind eben in einem Zelt und nicht in der Elbphilharmonie. Ist nicht schlimm, die Energie überträgt sich auch so. Viele im Publikum sind textsicher und lautstark und die stört das vermutlich eh nicht. Moop Mama x Älice geben alles und werden verdientermaßen mit lautem Jubel verabschiedet. Im Anschluss trifft man sich im Gastrozelt beim Techno-Set von „Bass gegen Hass“ wieder, die DJs spenden Gage und Trinkgelder des heutigen Abends an die Omas gegen Rechts. Voll gut!
Der Freitagmorgen wartet mit etwas sehr Speziellem am Ufer des Burkwanger Weiher auf. Viz Michael Kremietz spielt die Zen-Flöte Shakuhachi für uns. Ich bin keine Flöten-Liebhaberin, Querflöte ausgenommen. Aber mich interessiert, wie Shakuhachi klingt. Viz erzählt uns von der Bedeutung dieser Bambuslängsflöte für die Zen-Mönche. Hängen bleibt, dass über das Instrument der Atem hörbar gemacht wird. Das gefällt mir, Atem hörbar machen. Besonders ungewöhnlich oder gar schön finde ich den Klang der Shakuhachi tatsächlich nicht, lasse mich aber darauf ein und fühle mich ganz flauschig und es ist angenehm, aufs Wasser zu gucken, Wind im Gesicht zu spüren und dazu den Flötentönen zu lauschen. Andere meditieren, während Viz spielt.
Das Kindertheater Kunstdünger am Nachmittag verpasse ich leider, ich bin zu spät dran und will nicht stören. Der Applaus lässt vermuten, dass es gut angekommen ist.
Abends stehen Fortuna Ehrenfeld als Hauptact auf dem Programm, aber zunächst blasen uns Engin aus Mannheim um. Der Vater des Sängers und Gitarristen Engin Devekiran in den 60er-Jahren der Arbeit wegen nach Deutschland. Auf der Suche nach Wurzeln und Zugehörigkeit lässt Engin sich berühren von der Musik aus der Heimat seines Vaters und das fließt in die Songs der Band ein. Die nennt ihre Musik ganz banal „deutsch-türkischen Indie“. Den Begriff finde ich zu klein, was sie uns hier bieten sind feinste psychedelische Klänge gemischt mit den magischen Harmonien der orientalischen Musik. Engin singt mit seiner wundervollen Stimme sowohl deutsch als auch türkisch, wobei ich Letzteres auf jeden Fall vorziehe bzw. die deutsch gesungenen Stücke berühren mich eher nicht so. Nach dem Konzert geht um mich herum ein Begeisterungssturm los, die Leute sind total aus dem Häuschen und müssen das einander mitteilen. Ich bin selbst total ergriffen vom Support-Act und habe kein Ohr für Fortuna Ehrenfeld. Drei Stücke halte ich durch, dann verlasse ich das Zelt. Das passt jetzt leider nicht mehr.
Beim letzten Künstler des Festivals, Dub FX aus Australien, frage ich mich, warum er einen karibischen Akzent einsetzt, wenn er seinen Mix aus Reggae, Dub, Hip-Hop, Drum’n’Bass rappt und singt. Funktioniert das bei dieser Art Musik womöglich nicht mit dem eigenen Dialekt? Irgendwann blitzt der nämlich durch und das ist richtig schön. Wie auch immer, Dub FX ist nicht nur toll tätowiert, er macht uns auch mächtig Spaß. Außer rappen und singen kann er sensationell beatboxen, doch woher kommt eigentilich die Musik? Ein Instrument spielt er nicht. Das übernehmen augenscheinlich eine Loopstation und diverse Effektgeräte. Außerdem begleitet ihn heute der Saxophonist Mr. Woodnote, dieser greift auch mal zu einem seltsamen elektronischen Blasinstrument, das ich beim Festival schonmal gesehen habe, aber nicht kenne. Ich forsche im Internet und stoße auf „Blaswandler“. Was für ein Name, da hat sich jemand richtig Mühe gegeben. Soweit toller Auftritt der beiden Musiker, Dub FX schafft es dann aber doch noch, mich irre zu nerven und zwar mit einem politischen Statement. Muss das sein? Na ja, schlucken und weitertanzen. Oder nicht. Trotzdem ein toller letzter Abend für ein wie immer rundum gelungenes Theaterfestival in Isny.
Am Samstagmorgen steht eines der Highlights des Festivals auf dem Programm. Die Kinder und Jugendlichen zeigen, was sie über die 9 Tage bei den verschiedenen Workshops gelernt haben, die im Rahmen des Theaterfestivals angeboten werden. Obwohl ich keine Mutter bin, muss ich manchmal fast ein bisschen weinen. Es ist so bezaubernd, wie Hula Hoops gedreht, Shuffle und Hip-Hop getanzt werden. Und eine der Workshop-Leiterinnen zeigt zusammen mit ihrem Sohn Eltern-Kind-Akrobatik. Eine tolle gemeinsame Beschäftigung! Danach geht es zwar noch weiter, aber ich vertrage das Klima im Zelt grade nicht und geh lieber in den Weiher.
Zum Schluss möchte ich nochmal den Theaterfestival Isny e.V. nennen, dessen Mitglieder hier jährlich unentgeltlich in ihrer Freizeit so ein tolles Event auf die Beine stellen und dafür sorgen, dass es den Besuchern an nichts fehlt. Vielen Dank an die Fotograf:innen Matthias Hagmann, Jana Rowenski, Markus Maier und Thomas Bodenstein, dass ich ihre Bilder verwenden darf und an Matthias Pecht, der das für mich nebenher auch noch organisiert.
Ein Dank zurück für Deine geschrieben Worte. Seit gestern ist unser Teil des Abbaus rum. Heute werden vom Verleiher noch das Gastro- und Veranstaltungstelt abgebaut und eingepackt und dann erinnert rein Äußerlich nix mehr daran, was hier stattgefunden hat. Außer die guten Vibes, die noch über den leeren Platz herumtreiben.
Liebe Grüße
Stefan