BLACK MOUNTAIN, 03.08.24, Manufaktur, Schorndorf
„Black Mountain“ klingt zwar wie durch einen Stonerrock-Bandnamens-Generator generiert, doch mit der dreitausenddrölfzigsten Neuinterpretation von Black Sabbaths „Master Of Reality“ haben die Kanadier nichts am Hut. Wir befinden uns hier in einem Subgenre eines Subgenre eines Rocksubgenre. Vielleicht finden wir in dieser Schublade auch Bands wie Hällas oder Wolf People. Von letzteren läuft auch ein Song vom Band kurz vor 21 Uhr, als wir in der gut gefüllten Manufaktur gespannt auf den Start warten. Meine Erwartungshaltung als Inhaber zweier Platten der Band? Der letzte Kick mich komplett zu überzeugen, denn irgendwas hat für mich bisher auf Platte gefehlt. Dabei hat die Musik eigentlich alles, um mich zu einem willenlosen Fanboy mit Bandnamens-Tatoo auf einem gut sichtbaren Körperteil zu machen.
„Mothers Of The Sun“ ist der Auftakt zu einem wildem Genreritt. Ein bedächtiger Keyboard-Puls und die irgendwie immer mystisch wirkende Stimme von Amber Webber prägen die ersten Minuten des Songs. Unheimlich klingt’s auch weiterhin als Gitarrist und Bandchef Stephen McBean den Gesang übernimmt. Der schlägt dann mit einem giftigen Fuzzsound das Hauptriff an. Man könnte es als einen Doom-Song mit epischer Note und psychedelischem Spacerockeinschlag bezeichnen. Auf jeden Fall ein sehr toller Auftakt. Das knallharte und präzis polternde Schlagzeug mit Bonhamschen Bassdrum-Referenzen von Josuha Wells fällt mir schon mal sehr positiv auf.
Das nachfolgende „Stormy High“ ist von ganz anderer Natur. Ein stark nach Seventies klingender Bluesrock-Stampfer, der seine besondere Note durch den zweistimmigen Gesang bekommt. Währenddessen das folgende „Florian Saucer Attack“ wie ein etwas durchkomponierterer Hawkwind-Song mit kompetenter Sängerin klingt. Empfehlenswert ist das dazugehörige Video für alle Freund*innen verstörender Psilocybin-Science-Fiction.
Was mir an BM besonders gefällt ist neben dem Einsatz zweiter unterschiedlicher Stimmen die Vielfalt der Keyboard- und Orgeltöne. Mal schweineorgelisch wie in bester Uriah Heep Manier, dann wieder spacy wie bei guten Pink Floyd Stücken. Wie eigentlich immer in der Manufaktur ist der Sound so gut, dass man dies auch goutieren kann.
Was mir an BM nicht so gefällt kommt allerdings auch live durch. Die große musikalische Bandbreite an und für sich macht das Hören ja sehr interessant. Songs wie „Angels“ oder „Cemetery Breeding“ holen mich andererseits mit ihren vielen Dur-Akkorden und jangly-gitarrenhafter Einfachheit aber eh nicht so ab. Im Kontext der vorherigen, eher düsteren Atmosphären der Songs stören sie sogar etwas meinen Mood. Da geht mir dann doch etwas die Kompaktheit flöten.
Speaking about, das monotone „No Hits“ kommt fast schon krautrockig daher. Wieder bin ich ganz hin- und hergerissen zwischen Bewunderung der stilistischen Bandbreite und mich fragen, ob solche Songs nicht fast schon Fremdkörper sind. Aber alleine das macht ja ein Konzert auch schon wieder interessant. Von mir selbst immer denken, dass man so viele unterschiedliche Musikarten mag, und wenn dann mal live eine Band diese Bandbreite ein wenig ausreizt, ist es auch schon wieder nicht recht?
Sehr recht ist mir „Horns Arising“, das klingt als wären Black Sabbath mit Pink Floyd kollidiert, und Air singen mit Vocoder darüber. Großartig! Fasziniert bin ich auch von der Bühnenpräsenz Ambers, die in Sachen Zurückgenommenheit in einer eigenen Liga spielt. Anders lässig der Bassist Arjan Miranda, der aussieht wie ein junger Peter Fonda als Besucher des Woodstockfestivals. Währenddessen gefällt „Future Shade“ mit 80er Heavy Rock-Klängen meets spukiger Blue Öyster Cult catchyness.
Bezeichnenderweise heißt einer der bekanntesten Songs der Band „Rollercoaster“, denn so fühlt sich dann auch der zweite Teil des Konzerts weiterhin an. Begeisterungsentfachendem wie das besagte „Rollercoaster“ oder „Don’t Run Our Hearts Around“ stehen so unauffällige Songs wie das folkige „Line Them All Up“ gegenüber. Würde ich den Statistiker in mir herausholen würde ich sagen: 70 % des Konzerts super, 30 % ich weiß nicht so genau. Zu den 70 % gehört auf jeden Fall die Zugabe „Space To Bakersfield“, auch wenn die Pink Floyd Verweise nicht allzu subtil sind. Um mit einer weiteren Black Sabbath Bemerkung den Bericht abzuschließen: Black Mountain haben tatsächlich auch eine Coverversion der Birminghamer veröffentlicht. „Junior’s Eyes“ von „Never Say Die“. Bezeichnenderweise dem Album, das sich am allermeisten vom Originalsound und -stilistik Black Sabbaths entfernt hat. Einfach eine schwer einzuschätzende Band diese Black Mountain.