POST VON KARLHEINZ, HIPPANA.MALETA, LOTTA & STINA, POETRY SLAM, 29.07.-31.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
Foto: Matthias Hagmann

Am Montagabend zeigt das Theaterfestival Isny Hasnain Kazims Buch „Post von Karlheinz“ in einer szenischen Lesung des Metropoltheaters München. Untertitel: Wütende E-Mails von richtigen Deutschen. Journalist Kazim, bekannt von diversen Zeitungen und Magazinen und dem Deutschlandfunk, hat die im Buch verarbeiteten Hass-E-Mails tatsächlich erhalten und beantwortet. Wir sehen 1 Frau und 3 Männer auf der Bühne, die uns zunächst mal Stakkato-artig Schimpfwörter entgegenschleudern. Die Kinder im Publikum können heute also ihr Repertoire an Kraftausdrücken mächtig aufstocken. Das ist doch mal prima! Einer der Männer mimt Hasnain Kazim, der heute zugegen ist, der Rest der Truppe trägt jeweils die Hasskorrespondenz vor und das mächtig ausdrucksstark, man könnte sie beinah für die echten Absender halten. Zwischendurch gibt das Ensemble deutsches Liedgut zum Besten, so z.B. „Kein schöner Land in dieser Zeit“.

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
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Ich will mir nicht vorstellen, wie es ist, ständig Beschimpfungen und Diskriminierung ausgesetzt zu sein. Noch schwerer vorstellbar ist für mich, wie man auf solche hasserfüllten und verletzenden Anfeindungen und Unterstellungen derart beherrscht, witzig und klug antworten kann. Und das, ohne selbst richtig fies zu werden. Nur ein bisschen fies. So subtil, dass es die Empfänger gar nicht verstehen. Oder verdrehen und noch ekliger werden. Manche Ausführungen sind so absurd, man bekommt fast Mitgefühl mit den Schreiber:innen. In welcher inneren Hölle leben die denn bloß?

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
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Auch für diese Vorstellung gibt es im Zirkuszelt am Burkwanger Weiher tosenden Beifall, als Hasnain Kazim die Bühne betritt, stehen auch die letzten, die noch sitzen, auf. Wenn man Kazim so in Natura sieht, kann man nicht fassen, dass jemand diesen sympathischen, bescheiden und liebevoll wirkenden Mann so mit Dreck bewirft. Wenn sich die Hater mal die Mühe machten, die Leute, vor denen sie so große Angst haben, wirklich mal kennenzulernen, hätten wir sicher weniger Probleme auf dem Planeten. Der Abend im Zirkuszelt endet mit der Signierstunde von Kazim und im Gastrozelt geht es weiter mit DJs. Ich zieh mich zurück und bereue es, als ich die Musik höre, bin aber zu faul, wieder aufzustehen.

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
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Am Dienstagabend bezaubert uns das Label Hippana.Maleta mit ihrem Programm „Runners“. Mittelpunkt der Show sind zwei Laufbänder, die vom Multi-Instrumentalisten Moisés Mas Garcia gesteuert werden. Er ist der Puppenspieler, der den Zirkusperformer und Jongleur Jonas Schiffauer und dessen Partner Alex Allison in allen möglichen und unmöglichen Situationen auf und um die Laufbänder herum mit Bällen und einem Schweißtuch jonglieren und gegeneinander antreten lässt. Das lassen sie sich ganz schön lange gefallen, bis sie das Steuer übernehmen und Garcia auf dem Laufband bei sich ständig wechselnder Geschwindigkeit Saxophon spielen lassen. Nach etwas mehr als einer Stunde verabschieden sie sich bei stürmendem Beifall, bis die Leute heute stehen, dauert es etwas. Wir kleben auf den Sitzen fest. Genießen wir es nach diesem langen Winter.

Die international besetzte und mehrfach vom kubanischen Kultusministerium ausgezeichnete Salsa-Band „Son Pa Ti“ im Gastrozelt lasse ich aus, Salsa ist nicht so meins.

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
Foto: Matthias Hagmann

Der Mittwoch startet mit einem Eierkuchenfrühstück im Gastrozelt. Unglaublich, was sich das ehrenamtliche Küchenteam immer noch zusätzlich aufbürdet, um es uns Festivalbesuchern schönzumachen. Nachmittags gibt es dann Kleidertausch. Gäbe es die Option dreckig gegen sauber, wäre ich dabei! Mein alter Traum wird hier Wirklichkeit, wer mag, latscht hier einfach im Badeoutfit rum und probiert die Sachen an Ort und Stelle an. Herrlich unkompliziert. Nächstes Jahr mach ich mit!
Am Abend sehen wir zunächst die beiden finnischen Akrobatinnen Lotta & Stina. Der Abend erzählt ihre 22-jährige Bühnengeschichte. Also an der Akrobatik ist nichts auszusetzen – die ist sensationell. Die beiden vollführen ihre waghalsigen Kunststücke zu zweit auf einem Rola-Bola-Brett, dabei sind sie unheimlich cool und nehmen sich selbst ganz schön auf die Schippe. Mit Hula-Hoop-Reifen können sie auch ganz schön krasse Dinge tun. Unsereins ist froh, wenn man den auf Hüfthöhe halten kann. Wie sie zwischen ihren Darbietungen ihre teils wirklich tragische Geschichte erzählen, ist aber leider nicht gelungen. Vor allem das Intro ist lang und langweilig. Da haben sie sich wohl nicht beraten lassen. Es geht um Schwangerschaftsdiskriminierung und sexuelle Übergriffe. Wichtige Themen, aber nicht gut umgesetzt. Dazu kommt, dass das Gewitter draußen ganz schön Rabatz macht, und die beiden Mikrofone brauchen. Einige verlassen das Zelt frühzeitig, ohnehin ist eine ganz schöne Unruhe im Zelt. Schade, diese Zirkusshow war nicht so toll, wie die drei zuvor.

METROPOLTHEATER MÜNCHEN, "Post von Karlheinz", 29.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny | Foto: Matthias Hagmann
Foto: Matthias Hagmann

Dann endlich Poetry Slam. Im Programmheft wurde für die Moderation wieder Dana Hoffmann angekündigt, auf die ich mich schon sehr gefreut hatte. Aber Überraschung – Slammer Andreas Rebholz führt durch den Abend. Für heute wurde ein Local Hero gesucht und so hat sich ein junger Mann aus dem nahen Hergatz, OT Maria-Thann, beworben und steht nun zum ersten Mal auf einer Bühne und läutet den Poetry Slam mit einem Text ein, den er während eines Lockdowns geschrieben hat. Er liest außer Konkurrenz. Die zwei Frauen, die die klügsten Beiträge mit ernsthaften Themen liefern, fliegen natürlich gleich raus. Der Gewinner vom letzten Poetry Slam beim Theaterfestival, Yannik Ambrusits, ist auch wieder dabei, schafft es aber auch nicht in die nächste Runde. Auch beim Poetry Slam soll es lustig sein. Und so setzt sich Marvin Suckut durch, der zwei wirklich witzige Beiträge abgeliefert hat. Wenigstens sichert sich die dritte Frau, die sich im Finale schließlich auch einem ernsten Thema verschrieben hat, den zweitstärksten Applaus.

Bei der Aftershow im Gastrozelt legt DJ Magic Mightymike Hiphop auf. Yay! Jetzt wird getanzt.

Metropoltheater München „Post von Karlheinz“

Lotta & Stina

Hippana.Maleta

Poetry Slam

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