STAATLICHE ARTISTIKSCHULE BERLIN, BRASS RIOT, 27.07.2024, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny
In diesem Jahr gibt es beim Theaterfestival Isny vier Zirkusabende. In Zukunft wünscht man sich, noch mehr davon ins Programm zu holen. Das ist meines Erachtens ganz im Sinne des Publikums. Für die Artistikshows gibt es selten Restkarten an der Abendkasse. Heute zeigen Schüler:innen der Staatlichen Artistikschule Berlin im Rahmen der „20 Jahre Absolvententour“ ihr Können im ausverkauften Zelt. Thema der Show ist „The Meditation. Open Minded for Friends.“ Zunächst sitzen die Nachwuchsartist:innen im Schneidersitz auf der Bühne und üben sich in geführter Meditation, kämpfen jedoch augenscheinlich gegen dabei aufkommende Gedanken und Gefühle an. Aus der letzten Reihe heraus springen zwei oder drei von ihnen aus dem Sitzen – es scheint so – einen halben Salto und jetzt gehen alle zu Modern Dance und Akrobatik über und führen zum ersten Solo. Diese Szene wird in ähnlicher Weise zwischen den Soli wiederkehren, um die Bühne für die jeweils nächste Show-Einlage zu bereiten.
Wir sehen atemberaubende, kraftvolle Kunststücke an Pole, Trapez, Seil, Tüchern und am Cyr Wheel – jongliert wird ebenfalls. Noch geht nicht bei allen alles ganz glatt, aber das macht die Truppe nur sympathischer. Große Aufregung erzeugt ein junger Mann mit Breakdance und Diabolo, mit dem er unglaubliche Dinge tut: Ein Sturm tobt im Saal los – ob aus Begeisterung oder Erleichterung, dass uns das Ding nicht an den Kopf geknallt ist, kann ich nicht sagen. Ich bin jedenfalls hin und weg. Eine der Artistinnen hat chinesischen Zopfhang drauf, was mich seltsam berührt. Sie hängt da tatsächlich nur an ihren hoffentlich perfekt dafür präparierten Haaren in der Luft und vollführt zart ihre Kunststücke. Gut finde ich, dass für einige der Darbietungen die Elefantenmatte zum Einsatz kommt. Ich habe nie verstanden, warum sich die Artisten in Verletzungs- oder gar Lebensgefahr bringen sollen. Ist doch genial genug, was sie können. Netz und doppelten Boden finde ich gut.
Nach mehr als 2 Stunden endet die kurzweilige Show, eine Frau aus dem Saal verteilt Rosen an die Akrobat:innen, das Publikum gibt Standing Ovations und tobt noch, als die Artisten schon aus dem Zelt verschwunden sind.
Brass Riot
Der Stil von Brass Riot wird im Programm des Theaterfestivals mit Fragezeichen abgebildet: Ska-Pop, Fake-Jazz, Rave-Brass? Ja – ist alles drin und auf jeden Fall ist es ganz schön schräg. Vor allem schön. Schön tanzbar. Bariton-Saxophon, Tenor-Saxophon und ein Schlagzeug erzeugen mächtig Druck im Gastrozelt. Wir tanzen, tanzen, tanzen. Und springen. Könnte gerne lauter sein. Viel lauter. Das Trio kommt von der Straße, wurden irgendwann irgendwo entdeckt und hat 2021 beim Klimastreik vor dem Reichstag in Berlin für Furore gesorgt. Ich hab mal in ihren Tourkalender geguckt. Die sind gut gebucht, kein Wunder! Brass Riot spielen heute für Hutgeld, ich schätze, dass das eine sehr gute Gage ergeben wird, denn die Leute hier wirken glücklich und sind somit bestimmt großzügig.
Artistikschule Berlin
