CONGO COWBOYS, Sommerfestival der Kulturen, 21.07.2024, Marktplatz, Stuttgart

Okay, das las sich im Programm ja ganz lustig: Eine südafrikanische Band mit congolesischem Sänger versucht sich an US-amerikanischer Hinterlandmusik, so richtig mit Banjo und Cowboyhüten. Was ich auf dem sommerlichen Stuttgarter Marktplatz dann aber erleben darf, ist kein schnöder Novelty-Act, sondern ganz großes Kino.
Denn kulturelle Aneignung ist keine Einbahnstraße. Die Congo Cowboys zeigen mit lässiger Nonchalance, dass gerade in der Popkultur das muntere crossovern über Kontinente hinweg ein Quell der Inspiration und Freude sein kann. Am Sonntag gelingt es der vierköpfigen Truppe jedenfalls mit Leichtigkeit, das Publikum zu erobern.

Und die Burschen spielen tatsächlich den Sound des amerikanischen Redneck-Hinterlands, allerdings nicht ironisch, sondern kompetent und respektvoll – okay, bei der Zugabe „Cotton Eyed Joe“, ein Traditional, das es via Rednex vor 30 Jahren mal in die Charts gebracht hat, wird es dann doch kurz ein bisschen prollig. Allerdings reichern sie den Sound des amerikanischen Heartlands immer wieder mit afrikanischen Elementen an – vor allem der fett groovende Drummer und der Bassist mit dem elastischen Sound sorgen für unwiderstehliche Kwassa Kwassa-Rhythmen.
Im Mittelpunkt stehen jedoch Sänger Chris Bakalanga – was hat der Mann für eine sagenhafte, soulgeladene und einnehmende Stimme. Noch mehr Showtalent hat der umtriebige Banjo- und Flötenspieler Simon Attwell, der auch mit grandiosen Tanzeinlagen beweist, dass Hautfarben nicht nur in der Musik komplett irreführen können.

Total faszinierend: Der eigentlich rustikale Americana-Sound der Hillbillies gewinnt deutlich an Eleganz, wenn er mit flirrenden afrikanischen Highlife-Gitarren angereichert wird. Noch besser wird es nur noch, wenn eben diese ekstatischen Gitarrenlinien unisono vom rasanten Banjo begleitet werden – wow!
Allein wie die Congo Cowboys mit ihren sehr bunten Cowboy-Hemden und -Hüten auf der Bühne stehen, ist eine Pracht. Von Anfang an haben sie das zunächst vielleicht noch leicht irritierte Publikum im Griff. Sie spielen eigene Songs, aber auch clevere Coverversionen von Country-Klassikern mit afrikanischen Vocals.

Vor allem Dolly Partons unsterbliches „Jolene“ gewinnt ganz neue Facetten, wie auch „Man Of Constant Sorrow“ aus „O Brother Where Art Thou“ von den Coen Brothers. So entwickelt sich der herrliche Sommerabend bei perfektem Sound zu einer begeisternden Party. Die anwesenden Musik-Nerds und treuen Stammgäste vorne links an der Bühne sind sich einig: Was für eine grandiose Band, die man so wahrscheinlich (und folgerichtig) nur beim Sommerfestival der Kulturen kennenlernen kann.
Interessante Info aus dem offiziellen Festival-Programm: Der ironisch klingende Bandname bezieht sich auf die legendären „Cowboys“, Straßengangs im Kinshasa der 1950er Jahre, die sich wie Cowboys kleideten und maßgeblich am Freiheitskampf gegen die Kolonialisten beteiligt waren.
