KARO LYNN, BONHEUR, 28.06.2024, Dieselstraße, Esslingen

Ja, der erste Konzertabend des Parklücke-Festivals findet unter glücklichen Vorzeichen statt! Die EM hat spielfrei, das Wetter macht ausnahmsweise mal keine Kapriolen. Auch wenn das Kulturzentrum Dieselstraße das Glück hat, die Konzerte bei Regen notfalls in den Saal verlegen zu können, haben wir den lauschig umgestalteten Parkplatz, der dem Festival den Namen gibt, über die Jahre sehr zu schätzen gelernt. Was in Corona erfunden wurde, geht jetzt ins fünfte Jahr.

Als die Songwriterin Karo Lynn kurz nach acht das erste Konzert der nächsten knapp vier Festivalwochen anstimmt, ist der Parkplatz erfreulich gut gefüllt. Mit ihrer beeindruckenden Alt-Stimme hat uns die Künstlerin sofort in den Bann gezogen. Mit etwas elektronischer Unterstützung, einem Synthesizer, einer akustischen und einer elektrischen Gitarre ist trotz des Solo-Setups musikalische Abwechslung geboten. Die Songs sind vorwiegend in Moll und Midtempo. Mein Konzertbegleiter überschlägt sich mit Referenzen zu berühmten Chansonnièren. Zumal es die Leipzigerin mit ihren lockeren und rundum sympathischen Zwischenansagen versteht, das Publikum für sich einzunehmen. Nur beim Einsatz eines Vocoder-Effekts sind wir uns kurz uneinig, ob dies nun genial oder entbehrlich ist. Vermutlich Geschmackssache. Ich mag ihr natürliches Timbre lieber. Auf jeden Fall ist Karo Lynn eine Entdeckung.

Um halbzehn betreten die fünf Herren von Bonheur die Bühne und wir schauen uns verdutzt an. Irgendwie kommen uns die Gesichter bekannt vor, obwohl wir die Band definitiv noch nie gesehen haben. Die Erklärung ist simpel: Die Band um Frontmann Lukas Klotzbach war bisher als „Into The Fray“ unterwegs, hat sich aber musikalisch neu justiert und mit einem neuen Namen versehen. Was schon vor dem ersten Ton auffällt, ist der opulente Materialeinsatz: Mehrere Quadratmeter Pedalboards belegen die Bühne, ein Synthesizer, ein weiteres Keyboard, ein Schlagzeug mit Elektronik, zwei Gitarren, ein Bass und ein Musiker, der eigens für Backing Vocals und Rhythmusinstrumente wie Schellenkranz zuständig ist. Und alle fünf Musiker sind mit Gesangsmikros versehen. Respekt.

Und dies hat durchaus seine Wirkung. Der Sound ist fett, epischer Indiepop mit vielschichtigen Soundeffekten und überraschenden Wendungen. Mit „Another Dirtbag“ hauen Bonheur einen Song mit echtem Hitpotenzial schon ziemlich früh in ihrem Set raus. Bass-Ostinato, der Gesang laid back, und ein Refrain, der zum Mitsingen einlädt. Musik, wie gemacht für diesen schönen milden Sommerabend. Bilde ich es mir nur ein, dass die Anzahl der Aperol Spritz um mich herum schlagartig zunimmt?

Jedenfalls ein perfekter Auftakt für dieses mit viel Liebe und Sachverstand gestaltete Festival, das wir unseren Leser:innen nochmal nachdrücklich ans Herz legen wollen. Das komplette Programm haben wir hier bereits vorgestellt, und es enthält ein paar echte Perlen. Der Eintritt ist frei, Spenden werden gerne angenommen.