JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart

JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Den Sound des 1982 in Sydney geborenen und seit einigen Jahren in Europa, aktuell auf Gran Canaria, lebenden Musikers Joel Sarakula lässt sich im positivistischen Genre des Yacht Rocks verorten, das in den 1970er Jahren seine Hochzeit hatte. Yacht Rock, ein poppiges Sub-Genre des Softrock, bei dem einem Bands wie Hall & Oates und die Bee Gees in den Sinn kommen. Eine Musik, die die Vorfreude auf den Sommer aufkommen lässt, eine Zeit der Leichtigkeit, der Lebensfreude, des Genusses. Das sind die Vibes, die ich heute Abend, an diesem schönen frühlingshaften Feiertag erwarte. Also erstmal ein Erfrischungsgetränk an der Bar geholt und ganz entspannt auf Mister Sarakula warten …

Und tatsächlich, als die Band um 20.30 Uhr die Bühne betritt, schaut man in die bestens gelaunten Gesichter der fünf Musiker, die sofort mit sommerlichen Vibes loslegen. Mit Handclaps, funky Gitarre (Alexander Dommisch), luftigen Synthieflächen und dem mächtigen Groove der Rhythmusfraktion (Bram T‘ Hart am Bass, Noah Dayan an den Drums) beamt mich die Band mit ihrer musikalischen Zeitmaschine sofort in die unbeschwerten Siebziger des letzten Jahrhunderts. Unweigerlich fängt mein Tanzbein zu wippen an, das zündet bei mir sofort! Und wenn ich mich so umschaue, nicht nur bei mir. Das Publikum wird von diesem Sound unverzüglich gepackt.

JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: Thomas Sommer
Foto: Thomas Sommer

Die Wah-Wah-Gitarre im zweiten Song verstärkt dies noch, man kann gar nicht anders als sich einfach treiben zu lassen, um in diesem Sound des Positiven aufzugehen. Das ist musikalischer Eskapismus vom Feinsten, der hier vom „Resident Wizard Of Tonight“ – wie sich Sarakula mit Bezug auf das Merlin augenzwinkernd selbst bezeichnet – zelebriert wird. Man wähnt sich in besseren Zeiten, in einer Zeit des Hedonismus, der Unbeschwertheit, in der Ära des Studio 54, in der das Leben gefeiert wurde. Joel Sarakula erinnert aber nicht nur mit seiner Musik an diese Zeit, auch sein Style tut sein Übriges. Unweigerlich kommt mir da Robin Gibb in den Sinn, allerdings mit einem großen Unterschied, Sarakulas Stimme ist um einiges tiefer, hat somit mehr Soul, was ich deutlich besser finde als die, für mich zumindest, streckenweise doch arg anstrengende Stimmlage von Gibb.

JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: Thomas Sommer
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Joel ist aber nicht nur ein großartiger Musiker, sondern auch der geborene Entertainer. Er ist geradezu eine Rampensau, ohne aber jemals anstrengend oder gar aufgesetzt zu wirken. Er zeigt eine absolut natürliche Bühnenpräsenz, kommuniziert entspannt mit dem Publikum, ist (selbst-)ironisch, erzählt witzige Anekdoten und vollführt ungewöhnliche Dance-Moves. Bei weniger eloquenten Musikern könnte so was auch mal ins Peinliche abrutschen, nicht aber bei Mister Sarakula, der auch extrem sympathisch ist, wie übrigens die gesamte Band. Besonders die Percussionistin Giuditta Cestari lebt sich auf der Bühne komplett aus, eine wahre Freude ist das, ihr dabei zuzusehen, mit welcher Energie sie bei der Sache ist. Zu erwähnen sei natürlich auch, dass wir hier technisch ganz hervorragende Musiker*innen sehen, die ein perfektes Zusammenspiel zelebrieren. Der Sound ist aber nicht nur extrem rhythmisch, der das Publikum unablässig tanzen lässt; es werden Bilder bei mir evoziert: Ich sitze mit einem Cocktail beim Day-Drinking lässig im Liegestuhl und genieße einfach die Leichtigkeit des Seins. Oder wenn Sarakula den nächsten Song als Soundtrack für einen nie realisierten Film ankündigt, den er aber in seinem Kopf dreht. Filmbilder vom Cruisen mit einem Chevy entlang der kalifornischen Küste, oder an der Côte d’Azur Richtung Nizza auf den Spuren von Alfred Hitchcock, da es im Sound durchaus leichte Film Noir Anklänge gibt.

JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: Thomas Sommer
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Gegen Ende wird der Beat, des ohnehin schon extrem treibenden Sets, noch deeper, noch treibender, ist das geil! Keyboard Solo, soulige Backingvocals, einfach pure Euphorie. Niemand kann hier noch stillstehen. Natürlich gibt es auch noch eine Zugabe, Herrn Sarakula lässt das begeisterte Publikum nicht so einfach gehen. Unter Jubelrufen kommen die fünf Musiker*innen zurück auf die Bühne, um den Klassiker „Don’t Go Breaking My Heart“ von Elton John und seiner Duett-Partnerin Kiki Dee aus dem Jahre 1976, kongenial zu performen. Zum Abschluss swingt es noch entspannt soulig, mit einer sehr funky Gitarre in die laue Frühlingsnacht.

Dieses wirklich glücklich machende Konzert muss ich jetzt passenderweise mit einem stilvollen Cocktail genussvoll ausklingen lassen. Was für ein grandioser Abend!

JOEL SARAKULA, 09.05.2024, Merlin, Stuttgart | Foto: Thomas Sommer
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