NINA CHUBA, 06.05.2024, Porsche-Arena, Stuttgart

NINA CHUBA, 06.05.2024, Porsche-Arena, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Es ist Dezember 2022 und ein leidgeprüfter VfB-Fanclub sitzt in der Garage eines seiner Mitglieder im Speckgürtel Stuttgarts bei Weihnachtsbier, Glühwein und den Herz-/Stern-/Brezel-Lebkuchen zusammen. Falls jemand prognostiziert hätte, dass man 18 Monate später als anstehendes Problem die schwierige Planung von kurzfristig angesetzten Champions-League-Spielen vor Augen hätte, wäre er wahrscheinlich im besten Fall mit Lebkuchen beworfen worden. Wahrscheinlich wäre aber nichts passiert, da Labbadia und Lethargie sich nicht nur denselben Anfangsbuchstaben teilten. Die Laune war trotzdem prächtig und irgendwann entschied sich der Spotify-Algorithmus „Wildberry Lillet“ durch die gefährlich nahe am Glühweintopf liegende Bluetooth-Box zu jagen. Es stellte sich heraus, dass alle, die Kinder im Alter zwischen neun und 15 hatten, diesen Song quasi auswendig mitsingen konnten. Für mich war es das erste Mal, dass ich Nina Chuba hörte und ich war ganz angetan.

Den Song „Ich glaub ich will heut nicht mehr gehen“ im Duett mit Vincent Waizenegger, seines Zeichens Sänger der Band „Provinz“, verbuchte ich im vergangenen Jahr unter der Kategorie Ohrwurm (nicht nur, weil er in „Stuttgart-Faigingen“ gedreht wurde) und so war ich doch gespannt, wie sich dieses Konzept „Deutsche-Texte-im-Dancehall-Gewand“ live umsetzen lässt, vor allem, da dies ansonsten nicht unbedingt mein musikalisch bevorzugtes Sujet ist und somit Erfahrungswerte bei mir nicht vorhanden sind.

NINA CHUBA, 06.05.2024, Porsche-Arena, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Das in die Porsche-Arena strömende Publikum besteht zu einer großen Anzahl aus Kindern und Jugendlichen im genannten Altersbereich. Viele mit der entsprechend Nina Chubas gerne getragener Haar-Mode, die auch das Cover ihres im letzten Jahr erschienenen Albums „Glas“ zieren. Aber auch viele junge Erwachsene und natürlich begleitende Eltern sind dabei – für manche ist es das erste Pop-Konzert und wie sich zeigen wird, gibt es deutlich schlechtere Starts in das Leben als Konzert-Gänger*in.

Pünktlich zur über Generationen eingeübten Abendprogramm-Startzeit (20:15 Uhr) ertönen die ersten Klänge und von unseren Sitzplätzen am Rand mit Blick hinter den Vorhang stelle ich sehr erfreut fest, dass ich eine komplette Live-Band samt Bläserinnen-Sektion erkenne, die sogleich die als Eröffnungsstück prädestinierte aktuelle Single „Nina“ druckvoll das Konzert beginnt. Was dann folgt sind 1:45h kurzweilige musikalische Unterhaltung, in der mit einfachen, aber passenden Elementen Abwechslung erzeugt wird. Und das muss man mit dem noch begrenzten musikalischen Repertoire erst einmal hinbekommen. So befindet sich Nina Chuba für drei Songs („Glas“, Nicht allein“ und „Wieder vergessen“) zuerst allein, und dann mit den drei Bläserinnen, auf einem Podest bei den Sound- und Licht-Menschen mitten im Publikum, wobei es nicht schon am Hallen-Aufbau von Beginn an abzusehen ist, dass es zu diesem Element kommen wird.

NINA CHUBA, 06.05.2024, Porsche-Arena, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

An anderer Stelle nutzt sie ein Mikro, an dem eine Kamera befestigt ist, sodass ihr Kopf überlebensgroß auf der Leinwand zu sehen ist (was die berechtigte Frage aufwirft, warum Bilder von akkreditierten Fotograf*innen aufwändig freigegeben werden, wenn es auf Social Media hunderte Fotos von z.B. genau diesem Moment mit riesigem, weitwinkel-verzerrtem Gesicht gibt). „Wildberry Lillet“ wird als erste von drei Zugaben gespielt, aber wahrscheinlich dämpft die über dem Durchschnitt des Abends liegende Smartphone-Nutzung die Ekstase. Ein anderer Song wird zuvor zu dem entscheidenden Treiber der Stimmung in der Halle – „Ich hass Dich“ hebt das Konzert auf eine andere Ebene und bringt die Menge zum Hüpfen und Tanzen. Kein Dancehall, sondern 4-Viertel-Beat auf die 12, die Halle ist da, die Luftschlangen-Kanonen auch.

NINA CHUBA, 06.05.2024, Porsche-Arena, Stuttgart | Foto: X-tof Hoyer
Foto: X-tof Hoyer

Nächstes Jahr im Mai ist die Schleyerhalle schon gebucht und es wird spannend zu beobachten sein, ob sich Nina Chuba und alle Beteiligten den sympathischen Mix aus professionellen Ideen und Musiker*innen sowie fehlender letzter Abgebrühtheit beibehalten können. Als sich die Halle leert, läuft ein Abspann mit den Namen aller Beteligten auf, vor und hinter der Bühne zu dem wirklich tollen Klassiker „Ich liebe das Leben“ von Vicky Leandros, dessen Refrain vom verbleibenden Publikum begeistert mitgesungen wird – die letzte der vielen ausgezeichneten Ideen an diesem Abend.

Nina Chuba

PaulWetz

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