ARAB STRAP, 7EBRA, 05.11.2023, Im Wizemann, Stuttgart
Ein regnerischer Sonntagabend nach einem Tag wilden schottischen Hochlandwetters. Da mag es nicht verwundern, dass nur gut 100 Fans den Weg ins Wizemann gefunden haben. Dabei ist niemand geringeres als Arab Strap im Haus, also zumindest die beiden Gründer Aidan Moffat und Malcolm Middleton. Der positive Aspekt daran: das Konzert findet im „Studio“, dem kleinsten Konzertsaal des Wizemann-Areals statt. Und der ist soundtechnisch wirklich vom Feinsten. Bevor die beiden ihr Album „Philophobia“ in einer „Undressed“-Version zur Aufführung bringen, betritt aber erstmal der Support 7ebra die Bühne.
Die Zwillingsschwestern Ella und Inez aus Malmö produzieren luftige, minimalistische LoFi-Indiepop-Songs mit Gitarre, Drum-Samples und Mellotron. Das kommt anfangs etwas spröde daher, nimmt dann aber an Fahrt auf und bringt gegen Ende sogar noisig-schräge Gitarren-Soli, die den allzu harmonischen Wohlklang sehr schön kontrastieren. So optisch unterschiedlich die beiden auch sein mögen, stimmlich sind sie kaum auseinanderzuhalten, sodass die zweistimmigen Parts einen interessanten Dopplungseffekt haben. Alles in allem ein fröhlicher Einstieg in einen Abend, der seinen Reiz aus dem Verzicht auf Höhepunkte ziehen wird.
Und die erwartet von den anwesenden Fans auch niemand. „Philophobia“ , das zweite Arab-Strap-Album ist nunmal ein durchweg getragenes Werk in Moll und enthält einige sehr reduzierte Slowcore-Klassiker, die keine musikalischen Exzesse erwarten lassen. Ganz unprätentiös und in legeren Freizeitklamotten betreten die beiden Schotten die Bühne und machen sich wortlos ans Werk. Während Middleton geradezu alterslos wirkt, sind Moffat die 25 Jahre seit dem Erscheinen des Albums durchaus anzusehen. Und er ist nicht nur optisch bestens gealtert – mit einem prächtigen Vollbart und markanten Zügen. Vor allem stimmlich hat er sich glänzend entwickelt. Mit einem soliden Bariton und sehr präziser Artikulation.
Die „Undressed“-Versionen der Songs funktionieren bestens. Die Reduktion ist verglichen mit dem Original kaum spürbar, die elektronisch eingespielten Rhythmen und Soundeffekte harmonieren gut mit Middletons diszipliniertem Gitarrenspiel und werden durch subtilen Schlagwerk-Einsatz von Moffat ergänzt. Dies alles formt sich zu einem sehr wohlklingenden Gesamten, dass mit der Zeit eine fast hypnotische Wirkung entwickelt. Nur einmal, bei „The Night Before The Funeral“ vermisse ich das Trompetensolo. In den wenigen Ansagen (in diesem wunderbaren schottischen Akzent) ist Moffat durchaus selbstironisch, macht sich über die vielen „Sad Songs“ lustig, kokettiert aber auch damit, dass er nun viel besser singen könne als damals und das nun nicht dadurch verbergen wolle, indem er sich durch die Songs murmele. Nur einmal wird er etwas lauter, bei einem herzhaften Rant auf den Brexit. Und dem Bekenntnis, dass sie so viel lieber Europäer seien.
Kleine Einsatzfehler in der nahezu perfekt ablaufenden Show werden routiniert weggelächelt. Ein paar musikalische Akzente werden mit einer Mundharmonika, einer Melodika und einmal mit dem Bass gesetzt, ohne aber die harmonische Perfektion des Gesamtwerks anzukratzen. Beim Blick in die Runde am Ende des Album-Vortrags stelle ich verwundert fest, dass sich die Reihen etwas gelichtet haben. Sollte der eine oder die andere das eventuell doch als langweilig empfunden haben? Dabei hätten gerade die sich sicher darüber gefreut, dass im Kür-Teil mit „The Turning of Our Bones“, „Fable of the Urban Fox“ und „The Shy Retirer“ ein paar flottere Titel ausgepackt werden.