DITZ, SHE-DOG, 25.10.2023, Manufaktur, Schorndorf
Zwei Arten von Konzertberichten schreiben sich bei mir fast von selbst: Jubelberichte und Verrisse. Wesentlich zäher gestalten sich all die, die sich dazwischen befinden. Und dieser ist einer davon. Und er ist mal wieder ein schönes Beispiel dafür, wie man auch als routinierter Gig-Blogger nicht davor gefeit ist, in die Erwartungsfalle zu tappen. DITZ, das damals noch eher unbekannte Post-Punk-Noise-Quintett aus Brighton, war für mich das Highlight auf dem diesjährigen Maifeld Derby. Die rohe Intensität ihrer musikalischen Wucht, das charmante und provokante Spiel mit dem Publikum, die starke Präsenz und Zugewandtheit von Sänger Cal Francis und die alles befeuernde Festival-Lightshow haben aus dem Gig eins meiner Jahres-Highlights gemacht. Es war mir klar, dass es in der Manufaktur anders werden könnte.
Zuerst aber eine Überraschung: Support Acts sind in der Manufaktur ja eher selten und die Info, dass mit dem Kölner Post-Punk-Trio She-Dog der Abend etwas länger werden würde als gewohnt, erreichte uns erst kurz vor dem Gig. Lei Macolata, Daisy Heroine und Maximilian Meisenmann spielen finsteren, etwa verschleppten Post-Punk, getragen von den unterschiedlichen Tonlagen der beiden Sängerinnen. Das kommt beim (leider nicht allzu großen) Publikum gut an. Wenige Tage davor hätte man She-Dog auch auf dem S1 Festival in Esslingen sehen können. Dort haben wir ja leider nur vom ersten Tag berichtet. Wäre interessant zu wissen, wie sie bei dem vermutlich sehr anderen Publikum angekommen sind.
Allererster Eindruck, als DITZ dann loslegen: Wow, so laut kann die Anlage der Manufaktur sein! Wahnsinn, meine dB-App verrät mir, dass dies eines der lautesten Konzerte ist, die ich je gehört habe. Und dabei ist der Sound brillant, äußerst transparent und ausdifferenziert. Respekt für den Mann am Mischpult. Und wenn wir schon bei den technischen Rahmenbedingungen sind: Das Licht ist dunkel gedimmt und nahezu statisch. Wenn ich es richtig verstehe, ist es dem Schlagzeuger immer noch zu hell, sodass das Ganze in diffusem Dämmer stattfinden muss. (Ich erinnere mich mit Wehmut an die Lightshow auf dem Maifeld Derby)
Sänger Cal, mit Bob-Frisur und kariertem Minikleid, ist bereits beim ersten Song im Publikum, allerdings ohne mit diesem viel zu interagieren. Wie ein Zombie tapert er durch die Reihen. Die meisten Songs von DITZ folgen dem gleichen Schema: Sprechgesang in der Strophe, harter rhythmischer Break, krasses Noise-Geballer, eine Art von Refrain und das Ganze von vorn. Catchy Tunes oder gar Singalongs wie bei Idles, die gerne als Referenz herangezogen werden und am selben Ort einen Mega-Abriss veranstaltet haben, gibt es hier nicht. Der Konzert-Begleiter zieht eher seine ultimative Noise-Referenz Metz heran. Die Band bringt das alles mit vollem Einsatz und sehr tight. Der Drummer trommelt um sein Leben und muss sich bereits im ersten Song seiner Oberbekleidung entledigen.
Nur Sänger Cal wirkt irgendwie abwesend. Ob es jetzt Tourmüdigkeit ist, Attitüde oder Sonstwas. Verglichen mit dem Maifeld-Auftritt ist seine Präsenz wenig dominant und die typischen Publikums-Spielchen (u.a. eine putzige Wall of Death) dirigiert er mit einer Mischung aus demonstrativer Langeweile und leichter Derangiertheit. Das ist definitiv nicht der Entertainer, der das Festivalzelt zum Kochen gebracht hat.
Und so entwickelt sich hier ein Gig, der sein Potenzial nicht ausschöpft und letztlich nur in die schwierige Kategorie der Mittelguten fällt. Ich muss allerdings auch festhalten, dass ich mit dieser Meinung eventuell eine Minderheit vertrete, denn ein großer Teil des Publikums scheint an diesem Abend Gefallen gefunden zu haben.