L.A. WITCH, 24.05.2023, Manufaktur, Schorndorf

L.A. Witch

Foto: Steffen Schmid

In der Zahlenlehre der Band-Besetzungen ist die drei eine magische Zahl für mich. Auffällig viele meiner Lieblingskonzerte haben Trios abgeliefert. (Man denke nur an die japanischen Alt-Punkerinnen Shonen Knife, die hier erst kürzlich abgeräumt haben) Natürlich gibt es beeindruckende One-Man-Bands, die mit viel Technik und Raffinesse eine Band simulieren können. Auch Duos können unter bestimmten Voraussetzungen packende Konzerte liefern, aber erst mit einer Dreierbesetzung steht eine echte Rockband auf der Bühne. Mit der klassischen Dreieinigkeit aus Bass, Gitarre und Schlagzeug ist rhythmisch und melodiös fast alles möglich, was packende Rockmusik ausmacht. Es verlangt aber von allen drei Beteiligten Höchstleistungen, die im Idealfall zu einer besonders intensiven Performance verschmelzen. Und jetzt kommt das „Aber“. Dies funktioniert nur, wenn auf und vor der Bühne alle Rahmenbedingungen perfekt sind. Jede noch so kleine Schwäche wirkt sich deutlich auf das Gesamtgefüge aus. Und hier liegt leider auch der Grund, warum der Auftritt der Garage-Rockerinnen L.A. Witch bestenfalls solide, aber zu keinem Zeitpunkt mitreißend ist.

L.A. Witch

Foto: Steffen Schmid

Die Manufaktur ist etwa zu einem Drittel gefüllt, das Publikum wie immer aufmerksam und zugewandt, altersmäßig im Durchschnitt – auch das ist Manufaktur-typisch – eher Ü40, Ü50. Der Minimalismus, der sich wie ein roter Faden durch den Auftritt der Kalifornierinnen zieht, zeigt sich bereits in Verzicht auf eine Vorband. Ein Setup, dass ich grundsätzlich sehr schätze, was aber auch von der Band verlangt, dass sie einen Kaltstart hinlegt. Und dieser fällt – nun ja – eher zurückhaltend aus.

L.A. Witch

Foto: Steffen Schmid

Gegen 20:45 Uhr betreten die drei Musikerinnen wortlos die Bühne, Drummerin Ellie English zählt zwei Takte ein, und die Show beginnt. Irina Pa greift mächtig in die Basssaiten, Sade Sanchez schickt ihren Gitarrensound mit ordentlich Reverb in den Saal und liefert ihren markanten, nasal-gepressten, betont emotionslosen Gesang. Keine Frage: das ist exakt die Reduktion, die zu erwarten war und sie wird im Laufe des Abends sicher noch ihre Magie entwickeln. Als dann aber bereits drei Songs gespielt sind, werde ich nervös. Was passt hier nicht? Irgendwie schafft es die Show nicht, mich in den Bann zu ziehen. Ist es der überlaute, unangenehm drönende Bass, der alles überlagert, das kaum hörbare Schlagzeug oder die Tatsache, dass sich die Songs bisher doch alle sehr ähneln? Oder die Distanziertheit der Band, die fast komplett auf Publikumsansprache verzichtet? Die Suche nach einem besseren Standort bringt keine Linderung, der Bass wummert überall heftigst, selbst direkt am Mischpult.

L.A. Witch

Foto: Steffen Schmid

Den beliebten Beleuchtungseffekt, in den Songpausen das Publikum zu illuminieren und so der Band einen motivierenden Blick auf eine begeisterte Masse zu ermöglichen, was beide dann wiederum zu Höchstleistungen animieren soll, habe ich in dieser Regelmäßigkeit und Intensität noch auf keinem anderen Konzert erlebt. Zumal er auch nicht die erwünschte Wirkung hat, denn es gibt nur ein weiterhin höflich applaudierendes (und etwas geblendetes) Publikum zu sehen.

L.A. Witch

Foto: Steffen Schmid

Und so zieht sich der Auftritt über knapp 70 Minuten, der düstere Garage Rock Sound wird hier und da mit Elementen aus Blues und Dark Folk angereichert, das Schlagzeug (das im Laufe des Abends glücklicherweise an Dynamik gewinnt) streut auch mal einen motorischen Kraut-Beat ein, aber letztlich bleibt alles in Sound, Dynamik und Tempo in einem sehr schmalen Spektrum. Und so ertappe ich mich dabei, von der eigentlich sehr schönen, aber halt auch immer gleichen Gitarre gelangweilt und vom alles überlagernden Gesang sogar genervt zu sein. Was auf den Alben einen durchaus faszinierenden Sog entwickeln kann, funktioniert live leider nicht im erwarteten Maße. Eventuell ist die Band auch nur übertourt und wir haben unglücklicherweise einen besonders blutarmen Abend erlebt. Nach einem Song als Pflichtzugabe endet die Show gegen 22:00 Uhr. Stutzig macht mich dann aber der beachtliche Run auf den Merchtable. Sollte ich mit meiner Meinung eventuell in der Minderheit sein?

L.A. Witch

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Ein Gedanke zu „L.A. WITCH, 24.05.2023, Manufaktur, Schorndorf

  • 26. Mai 2023 um 07:33 Uhr
    Permalink

    No… genau das Geschehen beschrieben… Mich hat der Bass fast aus den Schuhen genommen. Die Stimme der Sängerin war auch zu schlecht, der Lautstärke der Bass-Gitarre angepasst… (eigenes Personal am Mischpult…)
    Insgesamt eher ein „unspannendes Konzert“, bei dem nach 15 Minuten Alles gesagt war… Schade, hatte mehr Abwechslung erwartet und war am Schluss doch etwas enttäuscht…
    Bilder von Steffen und Kommentar von Holger immer top und ehrlich… weiter so… Danke Klaus

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