ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

Foto: Madita Nair

Der nächste Song heißt Angels. Aber nicht der, den ihr jetzt alle meint.

…..Ooooooohhhhhhhhh…..

Ja ich weiß…ich bin immer für eine Enttäuschung gut!

Und damit herzlich willkommen zum Stand-Up Programm “Mixtape” von Angelo Gabriel Kelly im so gut wie ausverkauften Scala in Ludwigsburg. Vorweg möchte ich gerne erzählen, dass wir Angelo schon ein paar Mal abseits der Bühne getroffen haben und jedes Mal war es unvergesslich, herzlich, aber allem voran – verdammt lustig. Wie amüsiert und begeistert er war, als er Maditas Hand unterschrieben und knapp 30 Minuten später erstaunt das tätowierte Autogramm begutachtet hat. Oder damals, als wir in Speyer auf dem Boot der Kellys gemeinsam darüber gelacht haben, wie sein Schlagzeug bei Florian Silbereisen wie von Geisterhand gespielt hat, als er schon aufgestanden war und am Bühnenrand weiter gesungen hat. Ein feiner Kerl. Und auch heute Abend wird es wieder einiges zu lachen geben und zwischendurch spielt er für uns Cover seiner Lieblingssongs.

ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

Foto: Madita Nair

Schon wieder, wie eine Woche zuvor bei DJ Bobo, beginnt das Konzert bereits ohne Vorband um 19.00 Uhr. Für die Kleinen ist das super und die Alten können wieder früher ins Bett. Bevor Angelo allerdings die Bühne betritt, bittet er das Publikum aus dem Off heraus, die Handys doch bitte nur dosiert einzusetzen und nicht komplette Songs oder Geschichten zu filmen, um den Gästen der kommenden Konzerte den Spaß und die Spannung nicht zu vermiesen. Rob Helford und Corey Taylor sind da in der Vergangenheit rabiater vorgegangen, wenn ihnen das ganze Plastik im Gesicht zu nervig wurde.

Doch das ist natürlich nicht der Stil eines Angelo Kelly und so betritt er ganz bescheiden und unter heftigem Applaus gemeinsam mit seinem Multi-Instrumentalisten Matthias Krauss die Bühne und nimmt uns mit auf seine Reise voller lustiger Geschichten und persönlichen Lieblingssongs. Und wenn ein Angelo Kelly als zweiten Song des Abends den Welthit „Titanium“ von David Guetta so klingen lässt, als würde er ihn täglich in bester Kelly-Manier irgendwo auf einer belebten Einkaufsstraße spielen, dann kann der Abend nur gut werden. Auch das anschließende „Purple Rain“, komplett reduziert und nur dezent begleitet von Krauss, entfaltet mit seiner unvergleichlichen Stimme eine ganz eigene Wirkung. Natürlich ist Angelo nicht nur hier, um uns ein kleines Ständchen zu spielen. Es ist üblich bei Kelly Konzerten, dass auch Anekdoten und viele Hintergrundinformationen aus dem Nähkästchen geplaudert werden, denn ein Cover von Iron Maidens „Wasted Years“ begeistert noch mehr, wenn man erfährt, dass die Kellys in den 90ern auf einem Festival zwischen Helloween und Iron Maiden spielen sollten und Angelo von Maiden Drummer Nico McBrain nach deren Auftritt angeboten bekam, ihm Backstage bei seiner Show zuzusehen.

Selbstverständlich spricht Angelo auch sein Engagement und seine Coronaflucht als Kakerlake bei The Masked Singer an, nachdem seine Schwester vor ein paar Wochen als drittplatzierte Diamantula enttarnt wurde und rappt uns seinen ersten Auftritts-Song „Gangsters Paradise“ in noch coolerer Version als Coolio selbst vor – Madita wusste damals genauso wie in dieser Staffel bereits nach den ersten Tönen, dass es sich um einen Kelly handelt. „Irgendeiner ist ja immer von denen dabei“ – O-Ton Rea Garvey.

ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

Foto: Madita Nair

In der letzten Reihe des Kinosaals lausche ich völlig entspannt den illustren Geschichten, wie Angelo die Backstreet Boys als kleiner Junge traf und sich ein Selfie mit David Hasselhoff erbettelte bei “irgendeiner” Show von Florian Silbereisen. Selbstredend bekommen wir daraufhin „Quit Playing Games“ und den Grund für den Mauerfall „Looking for Freedom“ zu hören und man fragt sich zwischendurch immer mal wieder, was man selbst eigentlich die letzten 35 Jahre getrieben hat, wenn Angelo mit seinen Geschichten mindestens drei Leben füllen könnte. Doch zumindest diese beiden Songs habe ich schon live von den Original-Interpreten gesehen.

Aber – die Kellys waren einfach schon überall. Außer beim ESC. Doch natürlich haben sie auch das versucht, mussten sich aber im Vorentscheid mit ihrem Song „I Wanna Be Loved“ einem der furchtbarsten Beiträge Deutschlands – „Can’t Live Without Music“ – von Corinna May, geschlagen geben. Denkt man daran zurück, sollte man Lord Of The Lost für deren Beitrag zumindest 19 statt 18 Punkten geben. Wenn Angelo also schon nicht selbst beim ESC antreten durfte, spielt er einfach den Gewinner-Song „Hold Me Now“ seines irischen Kumpels Johnny Logan, der bereits zweimal gewonnen hat.

ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

Foto: Madita Nair

Die Reise geht weiter und führt uns zu Nenas „99 Luftballons“. An dieser Stelle muss ich leider die einzige Kritik des heutigen Abends loswerden. Denn während bei den vorangegangenen Songs Angelos Gitarre, seine Stimme und die immer wohlig im Hintergrund Atmosphäre-erzeugende Begleitung von Matthias Krauss völlig ausreichend war, wirkt diese Version etwas dünn, wenn Angelo sich dann auch noch am Schlagzeug selbst begleitet. – Ich verzichte an dieser Stelle explizit darauf, über Angelos seltsame Grimassen beim Schlagzeugspiel zu sprechen. – Die zig mühevoll aufgeblasenen Luftballons – ob es wirklich 99 waren kann ich nicht genau sagen, vielleicht waren es auch nur 20, machen da aber wieder einiges wett.

Bevor wir zum emotionalen Höhepunkt des Abends kommen, erhält Angelo die ersten Buh-Rufe des Auftritts. Wie kann man nur so leichtfertig mit seinem Leben spielen, „Angels“ anzukündigen und dann diese eine Nummer von Robbie Williams spielen. Den Securities am Bühnenrand (ein Mann im Anzug) wurde in diesem Moment vermutlich auch anders zumute. Da kann so eine entspannte Stimmung auch schnell kippen und Stühle könnten fliegen. Die Eskalation blieb zum Glück aus und die weniger bekannte Version des englischen Schmusebarden wurde dann auch wohlwollend angenommen. Und bevor dieser Abend durch die ausschweifenden Erinnerungen Angelo Kellys ein Ende findet, spielt er uns ein letztes und das mit den meisten Emotionen verbundene Cover „Break Free“ und gedenkt damit seiner verstorbenen Schwester Barby, die ganz bestimmt von irgendwoher zuschaut und genau wie Angelo am heutigen Abend, völlig frei und unbeschwert auf ihren Bongos spielt, tanzt und singt und mit ihrem Bruder lacht.

3 Gedanken zu „ANGELO KELLY, 14.05.2023, Scala, Ludwigsburg

  • 16. Mai 2023 um 20:30 Uhr
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    Huhu! Die Verlinkung zu „Rob Helford“ passt nicht – man landet in einer Angelo Kelly-Playlist.

  • 22. Mai 2023 um 09:14 Uhr
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    Hallo Steelrose, vielen Dank für’s aufmerksame Lesen. ♥️ Wir haben den Link korrigiert. Das Helford-Video ist sehenswert.

  • 24. Juni 2023 um 01:39 Uhr
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    Wow, wie cool ist das denn geschrieben. Ich habe das Eröffnungskonzert in Rostock und das Abschluss Konzert in Berlin gesehen. Auch dazwischen lagen schon Unterschiede, er war wesentlich lockerer in Berlin. Danke für diese tolle Erinnerungsreise

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