BRING ME THE HORIZON, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

BRING ME THE HORIZON, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

[Hello=)=!
ANd WelCOMe To TH3 Bring Me The HORIzon POSt HUMAN Liv3 Experi3nce..::
tHAnk you< foR your anticipatiON in THIS one of A KINd auditory experiment…13435e
 –…Scanning for moshpits …(..0..)… please open this place up…
..notice…Bring Me The Horizon has a zero tolerance policy on drugs…420
()O..those in possession of any illegal substances are advised to consume them now!“::

Initiate Chaos…..13%

Es ist an der Zeit, die Schleyerhalle auf Betriebstemperatur zu bringen. Den Körper in Bewegung bringen, den Geist zu öffnen.

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POORSTACY, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Poorstacy aus Florida obliegt diese Aufgabe als zweite Band des Abends. Das Quartett um den namensgebenden Sänger und Multiinstrumentalisten startet recht ruppig mit dem martialischen Knife Party und tritt ordentlich das Gaspedal durch. Sänger Stacy wirft sich während den Songs immer wieder von einem Gesangsstil in den nächsten und kehrt dabei auch immer wieder zu seinen Ursprüngen des Rap zurück. Das knapp halbstündige Set ist ein abwechslungsreiches Buffet aus Pop-Rock, wie im Falle von Hills Have Eyes, wird aber auch immer wieder erschüttert durch Blastbeats und Breakdowns, was mit I Can Feel Your Nails Diggin‘ in My Skin seinen ersten Höhepunkt findet. Man kann schon den ersten Anflug eines Moshpits erahnen, welcher sich aber, so schnell er auch entstand, schon wieder auflöst, als Poorstacy sich beim vorletzten Song für die Ballade Where Do We Go When We Leave This Place entscheiden. Das ist Edging vom feinsten.

Ein Großteil der Texte von Poorstacy ist von Isolation, Drogenbeichten und Horrorfilmen getränkt. So überrascht es doch ein wenig, dass man sich beim letzten Song des Sets zumindest in Sachen Songtitel für die poppige Elektro-Dance-Nummer Choose Life entschieden hat und uns mit positiven Vibes und warmen Klängen verabschiedet.

A Day To Remember, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

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Tatsächlich sind A Day To Remember zwar namentlich, doch nie interesseweckend auf meinem Radar aufgetaucht. Ich habe mir auch vorab keinen Song der Amerikaner angehört und bin nun in jungfräulicher Erwartung, in welche Richtung es geht.

Downfall Of Us All als Opener ist die perfekte Blaupause für den Stil von ADTR und erobert das Publikum binnen Sekunden. Die Halle ist von Beginn an textsicher bis in die letzte Reihe und feiert die Rückkehr nach langer Tour-Abstinenz. Mich erinnert der Auftritt und auch die nächsten Songs All I Want und Paranoia an den Stil und den Auftritt von Simple Plan im letzten Jahr – nur mit einigen PS mehr. Die Breakdowns reißen die ersten Löcher in die Menge, ein anständiger Circle Pit entsteht. Wie auch Poorstacy verzichten A Day To Remember auf jegliche Show-Elemente und so fühlt es sich in vielen Momenten an wie ein schweißgetränktes Konzert in einem Jugendhaus, nur in XXL. Sänger Jeremy McKinnons Stimme ist glasklar und strotzt auch bei den Growling-Parts nur so vor Energie und Freude und spornt das Publikum immer wieder zum Mitsingen und Tanzen an. Wenn die Menge mal eine Pause zum Verschnaufen gebrauchen könnte, gibt man ihr einfach jede Menge Luftballons zum Spielen. Das zieht immer und so verwandelt sich der Graben vor der Bühne in ein riesiges Spielfeld, bei dem sich die Band, Securities und Fans die Bälle gegenseitig zuschießen.

Was ich davor nur aus Videos von Springbreak-Partys kannte, haben sich ADTR für den letzten Song aufgehoben und das ist ein wirklich cooles Geschenk an die Fans in Zeiten, in denen man sich zweimal überlegen muss, ob man sich lieber am Stand Merch kauft oder eine weitere Konzertkarte. Zu Resentment springt ein Astronaut über die Bühne und feuert Band-Shirts in die Menge. Und was für einen Druck diese Knarre hat. Da fliegt schon mal ein Shirtkneuel durch die halbe Halle. Es war für Fans ein sicherlich toller Auftritt. Ich fand es solide, aber irgendwann fehlte mir dann doch ein wenig die Abwechslung.

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BRING ME THE HORIZON, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Vor 12 Jahren habe ich Bring Me The Horizon das erste Mal live erlebt und für den Gig-Blog fotografiert. Damals waren die 5 Jungs aus Sheffield Anfang 20 und Vorband von Machine Head. Der Auftritt war stark, das Publikum in großen Teilen jedoch wenig begeistert. Da hatte dann die, sind wir ehrlich, nicht vorhandene musikalische Toleranz der Metal-Szene ihre rote Linie erreicht und es flogen Bierbecher. „Auf einem Metal-Konzert hat Elektrodreck und Emo-Scheiße nichts zu suchen!“

I’m afraid you don’t love me anymore
‚Cause some kid on the ‚gram said he used to be a fan
But this shit ain’t heavy metal

12 Jahre später. Die Schleyerhalle ist so gut wie ausverkauft. Vor dem ersten Wellenbrecher werden die ersten umgekippten Fans auf Tragen aus der Halle gebracht. Während des weiteren Abends sollte das immer so weiter gehen.

Ich habe dem Konzert schon tagelang entgegengefiebert. Waren Bring Me The Horizon 2011 noch im oberen Durchschnitt der Death-/Metalcore Bands angesiedelt, hat sich das Ganze mittlerweile zu einem großen Gesamtkunstwerk weiterentwickelt – Next Level Shit. Man wandelt mittlerweile auf den Spuren von Linkin Park und kann dennoch im nächsten Moment ein komplettes Festival-Gelände in eine gigantische Wall of Death aufteilen.

Die Bühne ist mittlerweile, bis auf ein paar mit LED-Bildschirmen versehene Podeste, komplett freigeräumt. Auf der riesigen Leinwand erscheint der Avatar einer bleichen Frau und heißt uns alle willkommen zur Bring Me The Horizon Post Human Live Experience.

Ein Scan-Progamm startet und analysiert das Publikum.

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…please open this place up…

Allein dieser Moment sorgt bei mir schon für Gänsehaut. Keine Band auf der Bühne, noch kein Ton ist erklungen und es öffnen sich fünf riesige Pits. Die Maschinen werden uns definitiv in nächster Zeit unterwerfen. Und dann tauchen wir ein in die postapokalyptische Welt, die uns Bring Me The Horizon heute Abend mitgebracht haben.

BRING ME THE HORIZON, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

St4rting-/&0 „Can You Feel My Heart

Und mit einem extrem fetten Sound betreten BMTH die Bühne. Das Kätzchen-T-Shirt von damals ist längst Geschichte und Oli Sykes, im eleganten Spitzenhemd und ordentlich Wut in der Stimme, feuert die Halle schon während den ersten Minuten an, komplett durchzudrehen.

BMTH treten immer noch, wenn sie mal Bock haben, die Türe in die Deathcore-Szene wieder auf, doch spielt sich die Musik längst in anderen Dimension ab. Es wird in jede Richtung experimentiert und der Hass über die Abkehr von Vergangenem wird längst im Keim erstickt von der Anerkennung für die musikalische und visuelle Weite neuerer Werke. Man kollaboriert mit Dani Filth und performt mit Ed Sheeran Bad Habits bei den Brit Awards.

Zu jedem Song läuft ein eigener, mal animierter, mal gezeichneter Kurzfilm, der immer wieder unterbrochen wird von Systemabstürzen, wirren Zahlenkombinationen und Symbolen. Wir sind beim zweiten Happy Song und mittlerweile haben wir 7 Moshpits, verteilt in der ganzen Halle, nachdem Sykes darum gebeten hatte, da 5 nicht reichen und sie sonst wieder zurück nach Sheffield fliegen. Was sich Sykes bewahrt hat, ist seine freche Schnauze. Mit süffisantem Lächeln fragt er uns, ob wir die Pandemie genossen haben in unseren Wohnungen. Natürlich wird er dafür ausgebuht. Es folgt der passende Soundtrack für die letzten drei Jahre, der wenige Monate vor Beginn der Pandemie veröffentlich wurde. Parasite Eve. Breakdowns, Rap, Chöre, Elektro-Beats..

Der Anfang einer vierteiligen EP-Reihe, die über die nächsten Jahre erscheinen werden. Bring Me The Horizon werden keine Alben mehr veröffentlichen. Ich dachte damals schon – „Fuck, was ein geniales Timing.“

When we forget the infection
Will we remember the lesson?
If the suspense doesn’t kill you
Something else will

BRING ME THE HORIZON, 22.02.2023, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Madita Nair

Passend zur Thematik wandeln Zombies über die Leinwand, Viren breiten sich aus und Sykes tanzt, wankt und robbt wie besessen über die Bühne. Er ist einfach ein brutal guter Songwriter. Malt er in Parasite Eve mit seinen Worten noch unseren selbstverschuldeten Untergang, so kündigt er den nächsten Song Strangers mit den Worten an, dass wir jetzt noch ein großer Raum voller Fremder sind, doch im Anschluss als Menschen auseinander gehen, die dieses gemeinsame Erlebnis für immer verbinden wird.

We’re just a room full of strangers
Looking for something to save us

Bei Shadow Moses wird das Drehmoment der Circle Pits wieder extrem nach oben geschraubt. Weiter zurück werden BMTH in ihrer Diskografie heute nicht mehr reisen. Oder doch?

Erstmal schenkt Sykes einem Fan einen sicherlich lebenslang unvergesslichen Moment. Zu Drown macht er sich auf den Weg zu den Fans, reicht allen die Hand, lehnt sich in die Menge und nimmt ein schon sichtlich mitgenommenes Mädchen fest in den Arm und singt mit ihr im Arm den Song zu Ende. Da fließen viele Glückstränen über ihre Wangen und die Leinwand. Ich kann nachvollziehen, was für ein unglaubliches Gefühl das ist, nachdem mich vor 13 Jahren Joey Jordison auf die Stirn geküsst hat.
Doch zurück in die Historie von BMTH. Natürlich waren sie früher härter, unkontrollierter und chaotischer. Mehr auf die Fresse, weniger Balladen und elektronisches Rumgeschraube. Und Sykes fragt natürlich nach, ob wir etwas Altes hören möchten. Die Fans der ersten Stunde lechzen laut nach „Auf die Fresse“. Und BMTH erfüllen ihnen diesen Wunsch. Zumindest für ein paar Sekunden, dann war es das auch schon wieder und mit Thrones hinterlassen sie uns allen eine letzte Botschaft dieser Post Human Live Experience:

So you can throw me to the wolves
Tomorrow I will come back
Leader of the whole pack
Beat me black and blue
Every wound will shape me
Every scar will build my throne

Bring Me The Horizon

Poorstacy

A Day To Remember

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