THE SWEET, 20.11.2022, LKA, Stuttgart

THE SWEET, 20.11.2022, LKA, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Ja, die alte Frage: Wo hört eigentlich eine Original-Band auf und wo fängt eine Tribute-Band an? Bei den ehemaligen Glam-Rockern The Sweet ist der Anteil an Originalen inzwischen auf 20% verdünnt und dennoch reicht dies, um das LKA an einem Sonntagabend zu gut zwei Dritteln zu füllen. (Allerdings habe ich hier auch schonmal eine AC/DC-Tribute-Band gesehen, die gänzlich ohne Original-Mitglieder den Laden komplett gefüllt hat.) Dennoch bin ich mir sicher, dass im aktuellen Fall der 72-jährige Sweet-Gitarrist Andy Scott einen erheblichen Anteil am Besucherzustrom hat. Er ist nämlich nicht nur eine markante Bühnenfigur und der letzte Überlebende aus der Band, sondern auch ein sympathischer britischer Kauz. Mit einer guten Portion Selbstironie übrigens.

THE SWEET, 20.11.2022, LKA, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Wer das schillernd-bunte Bild der überkandidelten Seventies-Band im Kopf hat und ähnliches im LKA erwartet, könnte angesichts des schmucklosen Setups enttäuscht sein. Doch genau dies macht den Reiz dieses Auftritts aus. Selbst auf ein Backdrop mit Bandname wird (anders als bei der Vorband Bodyguerra) verzichtet, die Musiker agieren vor einem schlichten schwarzen Molton bei nahezu statischer Beleuchtung. Die klare Message: Hier steht die Musik im Vordergrund, hier wird kein Geld für Firlefänze und Effekte verjuxt, denn die braucht es ohnehin nicht. Die Band agiert forsch, Frontmann Paul Manzi hat eine hohe Präsenz und reduziert Publikumsanimationen auf das notwendige Maß. Die sind auch nicht nötig, denn das Publikum, das sich übrigens nicht nur aus älteren Semestern zusammensetzt, ist von Anfang an bestens gelaunt und voll bei der Sache. (Ok, ein Best-Ager-Moshpit oder crowdsurfende Boomer sind hier allerdings auch nicht zu erwarten.)

THE SWEET, 20.11.2022, LKA, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Textsicher werden die Refrains mitgesungen, auch die ein oder andere Mitklatschstrecke ist durchzustehen, aber insgesamt ist dies definitiv keine billige Retro-Klamauk-Show, sondern ein solides Rockkonzert, das aus einem großen Fundus von Hits gespeist wird. Ich ertappe mich, dass ich fast jeden Song mitsingen könnte (was ich natürlich nicht tue). Die Hitdichte ist enorm und wird geschickt mit aktuellen Songs der Band vermischt, wobei die ganz großen Klopper natürlich für das Finale vorbehalten sind. Dieses wird von einem Heer von Handies aufgezeichnet und der altersgerechte, 100%ige Einsatz des Querformats macht unmissverständlich klar, dass dieses Publikum von Tiktok- oder Instagram-Stories noch völlig unbeleckt ist. Überrascht stelle ich übrigens auch fest, dass der mehrstimmige Gesang die Songs sehr deutlich Richtung Queen verschiebt, was mir bisher überhaupt nicht aufgefallen ist. Und mir wird klar, warum unkaputtbare Klassiker wie Love Is Like Oxygen, Fox on the Run oder der Mega-Hit Ballroom Blitz auch heute noch zwingender Bestandteil jeder Classic Rock Disco sein müssen.

THE SWEET, 20.11.2022, LKA, Stuttgart

Foto: Martin Schniz

Natürlich stellt sich die Frage, ob diese Band nach dem (hoffentlich in sehr ferner Zukunft liegenden) Ausscheiden von Andy Scott weiter bestehen könnte. Ich sehe da durchaus gute Chancen, zumal die Marke „The Sweet“ erst am 09. August 2032 abläuft. Und sich dann ja noch verlängern lässt.

The Sweet

Bodyguerra

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