FISCHER-Z, 09.11.2022, Im Wizemann, Stuttgart
Als ich gelesen habe, dass Fischer-Z nach Stuttgart kommen, ging sofort das Kopfkino los und frühe Jugenderinnerungen kamen hoch. Von Griechenlandurlauben mit meinen beiden Brüdern Dirk und Volker zum Beispiel. Dort lief Fischer-Z hoch und runter und wurde mit etwa zehn Jahren zu meiner allerersten Lieblingsband. Bis dahin mochte ich eher einzelne Songs aus der ZDF-Hitparade oder anderen Musiksendungen im Fernsehen.
Und auch wenn ich die letzten gut 30 Jahre nur noch wenig Berührung mit Fischer-Z hatte, habe ich gleich zum Handy gegriffen und meinen Brüdern geschrieben. Beide haben sofort zugesagt und so stehen wir an diesem Mittwochabend vorm Wizemann und freuen uns auf einen Trip Down Memory Lane. Jünger als ich sind hier wohl nicht viele. Wir erinnern uns beim ein oder anderen Bierchen an früher und ich muss versprechen zu recherchieren, wo der seltsame Bandname herkommt. Laut Wikipedia soll er ein Wortspiel mit „fish’s head“ sein, das darauf beruht, dass das „r“ nicht ausgesprochen wird, wie es in vielen britischen Akzenten üblich ist. Wow, wie uncool.
Egal jetzt, pünktlich zur besten Sendezeit um 20.15 Uhr geht es los und Fischer-Z betreten unter dem großen Applaus von rund 500 Fans die Bühne des Clubs. Nach diversen Umbesetzungen, Auflösungen und Neugründungen ist von der Urbesetzung nach rund 43 Jahren nur noch Sänger, Gitarrist und Dichter John Watts übrig. Der ist aber sowieso der kreative Kopf hinter allem und seine unverwechselbare Stimme das Markenzeichen der Band. Los geht es und das Wizemann wippt und tanzt, sagen wir mal eher dezent, wie es sich für ein Ü40-Konzert gehört. Nichtsdestotrotz ist die Stimmung Bombe und es wird laut mitgesungen.
Fischer-Z spielen sehr zu unserem Gefallen neben einigen neueren Songs auch viele ältere Stücke wie „Battalions of Strangers“, „So Long“, „Berlin“ oder das grandiose „Marliese“. Die Briten verstehen sich selbst als politische New Wave-Band und legen in vielen ihrer Texte den Finger in die Wunden der Zeit. Dass viele davon nach so langer Zeit wieder oder immer noch brandaktuell sind, ist irgendwie ziemlich erschreckend. „Cruise Missiles“ beispielsweise, das die britische Band lang nicht mehr gespielt, aber aus aktuellem Anlass wieder mit ins Programm aufgenommen hat. Viel gelernt haben wir scheinbar nicht, wenn man sich mal den Text aus 1981 zu Gemüte führt:
We share a common destination,
Each person has their time to die,
But men are speeding up their journey,
By seeing what they can destroy with their
Cruise missiles – We’re living near those
Cruise missiles – We’re looking for those
Cruise missiles – They’re not five years away
They’re building shelters for the privileged,
There won’t be room for you and me,
So read your pamphlets of precautions,
They’ll make you laugh until you see that those…
Der charismatische Watts ist trotz aller ernsten Themen aber auch oft in Plauder- und Scherzlaune und mag es ganz offensichtlich arg, mit dem Publikum zu interagieren. Er regt sich auf über „total nutzlose“ Klimawandelleugner, fragt sich, was mit der Innenstadt Stuttgarts passiert sei (Baustellen und so) und macht Witze über die Größe der primären Geschlechtsorgane von Kriegstreibern. Auch zum Mitklatschen und -singen wird animiert. Das verzeihe ich ihnen. Bin viel zu gut gelaunt.
Rund 90 Minuten versetzen Fischer-Z das Publikum in das vergangene Jahrhundert und damit in ihre Jugend zurück, bevor sie die Bühne verlassen, um kurz darauf unter großem Applaus für ein paar Zugaben zurückzukehren. Mit „One Voice“, eigentlich einem Solohit Watts, werden wir dann in die Nacht entlassen.
Zu Fisher Z zu gehen, nehme ich mir auch jedes Mal vor, wenn sie nach Stuttgart kommen. Schade, dass ich es trotzdem noch nie geschafft habe.
Vermutlich ist der Autor zu früh gegangen, der letzte Song war „Further from love“
Dafür gibt es aber wirklich ein paar schöne Fotos, danke!