FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

Foto: X-tof Hoyer

Fools Garden war das erste Pop-Konzert, auf dem ich war – 1995 in der Renninger Rankbachhalle. Für fast alle der Gäste (so auch mich) fand in dieser Konzert-Location an einem Wochentag der Sport-Unterricht statt (so auch meiner) und ich vermute, dass an diesem Abend jede*r in der Halle in irgendjemanden aus dem Publikum verknallt war (so auch ich). Und dann spielt da diese mir bis vor Kurzem völlig unbekannte Band aus der mir heimischen Region, die im selben Jahr einen Welthit veröffentlichte, und damit mein mickriges, pickliges, provinzielles Selbstwertgefühl mit der weiten Welt des Pop verband.

In den 90er Jahren wurde die Band oft mit Brit-Pop in Verbindung gebracht, was zeitlich und bezüglich des Sounds durchaus nahelag, wie man an diesem 45 minütigen Live-Mitschnitt von 1996 sehen und hören kann. Ein paar Tage vor dem Konzert höre ich mich durch einen beträchtlichen Teil der Discografie der Band, die bis 2005 über zehn Jahre regelmäßig Alben und dann 13 Jahre lang nichts veröffentlichte. 2018 erscheint dann das Album „Rise and Fall“, 2019 ein Album mit Coversongs aus den 90ern („Flashback“) und schließlich 2021 das aktuelle Album „Captain…Coast Is Clear“. Aus diesem sowie aus dem „Rise and Fall“ sollte der Großteil der Songs an diesem Abend bestehen.

FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

Foto: X-tof Hoyer

Angekommen in der Stegwiesenhalle (einen Steinwurf von der Rankbachhalle entfernt) sehen wir eine akkurate Reihenbestuhlung für 240 Leute, die mein mittlerweile etwas verwaistes Vereins-Ich prüfend begutachtet und schließlich wohlwollend abnickt. Auf den Stühlen sitzt ein Altersquerschnitt von 14 bis 80 und ganz kurz drängt sich die Frage auf, wie das für eine Band, die weltweiten Bekanntheitsgrad genießt, erfüllend sein kann. Die Antwort kann ich an dieser Stelle – unabhängig von einer musikalischen Bewertung – gleich beantworten. Es scheint den drei Musikern wirklich Spaß zu machen und eine ehrliche Empathie für das Publikum des Abends ist von Anfang an zu spüren. Das liegt natürlich auch daran, dass viele Freunde und Bekannte im Publikum sitzen, was mehrmaliges lächelndes Zunicken und Hinweise in den Ansagen des Sängers Peter Freudenthaler verraten.

FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

Foto: X-tof Hoyer

Zusammen mit Freudenthaler stehen Andi Volker Hinkel (Gitarre, Synthie, Laptop, Gesang) und Thorsten Kiefer (Gitarre, Keyboard, Gesang) auf der Bühne und die Songs sind alle in einer Akustik oder Elektronik-Version zu hören. „Still Running“ ist der Auftakt und meine erste Assoziation der Sound meiner äußerst geliebten Band „Hundreds“, nur dass bei Fools Garden viel mehr programmiert ist – was tatsächlich nicht schlimm ist, aber es gibt der Band weniger Raum für selbst gewählte und natürliche Dynamik. Das gilt auch für den zweiten sehr eingängigen Elektro-Pop-Song des Abends, „Outta Love“, bei dem zum ersten Mal kräftig mitgeklatscht wird, und festzustellen ist, dass ein Teil des seit 2018 zu hörenden Sounds schon stark in eine coldplay-eske Richtung geht. Das wird dann später bei „Beautiful“ am deutlichsten, das von einer anderen Band an einem anderen Ort vielleicht ein Stadion-Hit wäre.

Nach den ersten Songs fällt mir außerdem auf, dass Peter Freudenthaler eine Stimme mit Wiedererkennungswert besitzt. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass ich die Band vor 25 Jahren wirklich sehr häufig gehört habe. Und ich stelle ebenfalls fest, dass ich die Stimme mag. Vielleicht liegt es daran, dass in ihr diese Verbindung von Großraum-Stuttgart-Herkunft und der großen weiten Pop-Welt zum Ausdruck gebracht wird.

FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

Foto: X-tof Hoyer

Bei „Wild Days“ vom Hit-Album „Dish Of The Day“ passiert es dann – ich kann tatsächlich den kompletten Text auswendig mitsingen, was ich aus Rücksicht auf den schon leicht irritiert schauenden Fotografen X-tof dann doch nur beim letzten Refrain mache, wo dann wirklich nochmals alle lauthals mitsingen sollen und das auch alle tun und dabei eine wohlige Wärme in der Halle zu spüren ist. Diese Wärme wird durchaus von den Ansagen Freudenthalers gespeist, z.B. zur Corona-Situation für Bands und Musiker*innen. Sie hätten ja durch „dieses eine Lied“ Glück gehabt, das ihnen tatsächlich durch die Tantiemen viel finanziere. Anderen wäre viel weggebrochen, weswegen es toll sei, dass man wieder Konzerte spielen könne. „Lemon Tree“ wird dann nach zwei Drittel des Konzerts gespielt und meine These ist, dass dieser Welthit seinen Status einerseits dem einleitenden Keyboard-Sound verdankt. Andererseits schafft der Song auch wieder eine Verbindung, und zwar zwischen einer leicht melancholischen Stimmung der Strophen, aus der dann der eingängige und zum Schunkeln und Mitklatschen einladende Refrain hervorgeht. Mitgeklatscht wird noch einige Male an diesem Abend und durch anhaltenden Applaus einer glücklich wirkenden Band versprochen, bei der im Frühjahr anstehenden Tour wieder dabei zu sein – vielleicht wieder in Renningen oder irgendwo anders in der Region oder der Welt.

FOOLS GARDEN, 05.11.2022, Stegwiesenhalle, Renningen

Foto: X-tof Hoyer

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