KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Dominic Pencz

Iggy oder Kiss? Gleich zwei Rock-Ikonen spielen zeitgleich in der ansonsten ja oft links liegengelassenen Konzertstadt Stuttgart. Die Mehrheit von Freund*innen und Gig-Blog-Gang bevorzugte Herrn Pop, zum Bericht geht es hier.

Kiss kommen ja eh alle paar Jahre mit ihrer monströsen Show, die seit Jahrzehnten auch immer dieselbe ist, wie mir Experten vorab berichten. Auch munkelt man immer wieder von Playback-Elementen bei den Konzerten. Als Kiss-Live-Novize schreckt mich das nicht und ich sollte den Abend auch nicht bereuen.

KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Dominic Pencz

Wobei das mit Kiss ja immer so eine Sache war: Als metal-sozialisierter Teenager hingen auch in meinem Jugendzimmer immer Kiss-Poster, aber richtig gute Platten konnte ich nicht entdecken. Im fortschreitenden Stadium des Vinylsammelns steht das Oeuvre aus den 70ern zwar mittlerweile im Plattenschrank – allerdings doch ziemlich eingestaubt.

Der kiss’sche Hardrock hat zwar einen erfrischenden Glam-Faktor, ihm fehlen aber einfach gute Songs, was dann ab den 80er auch nicht mehr besser wurde, soweit ich das beurteilen kann. Wir haben es also mit einem klassischen Show-Act zu tun, auf der Bühne eine Bank und dank des spektakulären Images auch weit hinein in den Mainstream erfolgreich. Das lässt sich auch am Publikum der vollgepackten Schleyer-Halle ablesen: Metalheads und Bürgerliche stehen Seite an Seite, SWR1 und Metal Hammer präsentieren.

KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Dominic Pencz

Die zentralen Akteure sind Sänger Paul „Starchild“ Stanley (70) und Bassist Gene „The Demon“ Simmons (72), auf der seit drei Jahren laufenden „End Of The Road“-Abschiedstour lassen sie sich von Drummer Eric Singer und Gitarrist Tommy Thayer begleiten, beide in den Outfits der längst ausgeschiedenen Peter Criss („The Catman“) und Ace Frehley („The Spaceman“) und ebenfalls schon seit vielen Jahren dabei.

Make-up und Kostüme sitzen perfekt und kaschieren überzeugend das reife Alter der Protagonisten: Beeindruckend, wie elegant sich die Ü70er in ihren 20 Zentimeter hohen Plateaustiefeln bewegen. Die vielen Explosionen und Feuerstöße kommen perfekt getimed, die Lightshow ist spektakulär und der Sound in der so verrufenen Schleyer-Halle ganz vorzüglich. Als seltener Besucher von Großkonzerten muss ich auch die riesige LED-Wand hinter der Bühne loben: So sieht man auch von den hinteren Plätzen jeden Speichelfaden am Kinn des Dämons.

KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Dominic Pencz

Es beginnt spektakulär mit dem für meinen Geschmack besten aller Kiss-Songs: Mit „Detroit Rock City“ hat man das Publikum von Anfang an souverän in der Hand. Die klassischen Show-Effekte werden routiniert, aber gekonnt abgespult: Gene Simmons gibt bei „War Machine“ den Feuerteufel, Bandmitglieder werden per Hebebühne in den Bühnenhimmel getragen, Paul Stanley fliegt durch die Halle zu seiner kleinen Showbühne im hinteren Bereich („I Was Made For Loving You“) und Gene Simmons spuckt natürlich auch noch Blut.

Songs, die auf Platte eher bieder wirken, entfalten in dieser opulenten Inszenierung ihre Wirkung, auch bei den konventionellen Mitgröl-Parts hat Paul Stanley das Publikum immer fest im Griff. Von Playback merke ich nichts, auf mich wirkt der Auftritt routiniert, aber auch authentisch. Vor allem macht er allen Anwesenden einen Höllenspaß!

KISS, 28.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Foto: Dominic Pencz

Die Zugaben beginnen mit Drummer Eric Singer am Glitzer-Piano („Beth“), der Weg zu Liberace ist nicht mehr weit. Auch showmäßig wird zum Finale „Rock And Roll All Night“ alles gezündet: Luftschlangen, Konfetti, Riesenluftballons – letztere erweisen sich als begehrtes Andenken der erfreulich zahlreich anwesenden Kinder, viele in authentischem Kiss-Outfit. Kiss sind tatsächlich auch familientauglich – vielleicht nicht bei Bildungsbürgern, dafür aber bei Rock’n’Rollern jeden Alters. Hoffentlich spielen sie ihre Abschiedstour noch viele Jahre!

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