JUDAS PRIEST, 23.06.2022, Schleyerhalle, Stuttgart

Judas Priest

Foto: Steffen Schmid

Die Vorfreude auf dieses Konzert war beim Gig-Blog-Team groß, motiviert ging es bei schwül warmem Sommerwetter nicht mit dem Motorrad, sondern per Pedelec in Richtung Cannstatter Hanns-Martin-Schleyer-Halle – bei Metal-Fans gerne auch gutgelaunt Slayer-Halle genannt.

Diese erwies sich als bestens gefüllt, wobei wie schon beim letzten Auftritt von Judas Priest anno 2015 sämtliche Tribünenränge abgehängt waren. Für ein reines Metal-Stehplatzkonzert finde ich die Halle so durchaus zumutbar – nicht allerdings die Bierpreise: 6 Euro für ein Bier im Plastikbecher finde ich schon dreist. Mehr zu mäkeln gibt es allerdings nicht. Schon beim Entrée trifft man alte Freunde, mit denen man bereits in den 80ern beim Hardrock war – reifer und etwas schwerer, aber mit denselben T-Shirts und so motiviert wie einst als Teenager.

Judas Priest

Foto: Steffen Schmid

Judas Priest sind genau die richtige Band für ein Veteranentreffen mittelalter Herren (ca. 80 Prozent des Publikums). Man feiert „50 Heavy Metal Years“, schon verrückt, dass sich nicht nur das Genre, sondern auch etliche zentrale Akteure so lange halten konnten. Judas Priest sind eine der drei maßgeblichen Bands der „New Wave Of British Heavy Metal“, die seit den späten 70ern nachhaltig wirkten. Neben den grundehrlichen und beinhart bodenständigen Saxon und den mittlerweile übergroßen Prog-Metallern Iron Maiden (alle noch aktiv) sind Judas Priest bis heute die klassischste aller Metalband geblieben. Und nach einigen turbulenten Karrierejahren heute im Spätherbst ihrer Karriere auch wieder ein Wunder an Beständigkeit.

Judas Priest

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Wobei die einst stilprägende Gitarrenfront Glenn Tipton und K.K. Downing mittlerweile mit nicht ganz so charismatischen Akteuren runderneuert wurde. Drummer Scott Travis ist aber schon seit 32 Jahren dabei, Basser Ian Hill bereits seit 52 Jahren. Und dann ist da schließlich noch Sänger Rob Halford, seit einem halben Jahrhundert die Stimme von Judas Priest. Und zwar heute mehr denn je, denn was hat der 70-Jährige für ein durchdringendes, sirenenhaftes Organ. Wo hartrockende Konkurrenten in reiferem Alter gerne mit den hohen Tönen kämpfen, ist Halfords Falsett eine schneidend scharfe Waffe geblieben, von der er im Konzert auch reichlich Gebrauch macht.

Judas Priest

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Dazu ist er eine echte Schau: Mit tätowierter Glatze und weißem Bart, dazu seinen wechselnden glamourösen Glitzer-Outfits, immer mit Stil und Würde präsentiert. Dem Mann hat sein amtliches Outing gutgetan, seither inszeniert er sich als Metal-Papagei, bis heute auch gerne mit offensichtlich schwulen Insignien wie Leder, Peitschen und Nietenschick. Dass er seine Persona nicht (mehr?) allzu ernst nimmt, erkennt man an seinem Facebook-Auftritt, wo er sich gerne mit albernen Katzen-Metal-Shirts präsentiert. Das Trademark auf den Titel „Metal God“ hat er sich aber schon vor Jahren gesichert.

Judas Priest

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Beim Konzert vermeine ich dann auch eine durchaus ironische Grundstimmung zu verspüren, ganz anders als beispielsweise beim bierernsten Auftritt der Einstürzenden Neubauten wenige Tage zuvor. Auch das gereifte Publikum war ebenso entspannt wie enthusiastisch. Support-Band Kvelertak aus Norwegen spielte allerdings keine ernsthafte Rolle. Ihr poserhafter Neo-Metal wurde von den Anwesenden bestenfalls wohlwollend hingenommen.

Judas Priest

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Wie immer eröffnete als Intro „War Pigs“ von Black Sabbath den wohl inszenierten Auftritt. Vor eher ungewöhnlichem Bühnendesign im Vintage-Industrial-Chic predigt Rob Halford zu seiner textsicheren Gemeinde. Stimmlich ohne Fehl und Tadel und auch viel auf der Bühne unterwegs, wirkt der Meister allerdings doch ein wenig hüftsteif – was seinem würdevollen Auftreten aber keinen Abbruch tut. Immer wieder wechselt er seine sehr coolen Outfits, wobei mir der bodenlange Kuttenmantel mit den vielen Badges immer noch am besten gefällt.

Judas Priest

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Und wer daran gezweifelt hat, ob er es noch bringt: zu „Hell Bent For Leather“ rollt er selbstredend auf der röhrenden Harley auf die Bühne, Respekt! So sehen Auftritte einer wahrhaften Metal-Ikone aus. Mit allen wichtigen Klassikern im Programm kann erst recht nichts schiefgehen: „You‘ve Got Another Thing Comin‘“, „Freewheel Burning“ – aber auch die eigenwilligen Cover-Versionen von „Diamonds And Rust“ (Joan Baez) und „The Green Manalishi“ (Fleetwood Mac).

Mit den Zugaben waren dann endlich auch „Breaking The Law“ und „Living After Midnight“ fällig, krönende Highlights eines perfekt inszenierten Metal-Spektakels alter Schule – genau das, was man erhoffen durfte.

Judas Priest

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Kvelertak

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