MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Das Café Central ist ein verdammter Backofen. Binnen weniger Sekunden nachdem man die Location betreten hat, trieft es aus allen Poren und für die Luft braucht es eine Machete. Das fühlt sich räudig, schmutzig und nach purem Rock’n’Roll an. Die Rahmenbedingungen sind also schon mal geschaffen für ein intensives Konzert.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

„Screams In The Night“

Night Demon legen los und lassen sogleich die Temperatur noch ein paar Grad weiter ansteigen. Ich kann und möchte es nicht mit schöneren Worten schildern, denn bereits während des ersten Songs steht der Schweiß bis Oberkante Kimme. Auch die drei Kalifornier auf der Bühne sind sichtlich erstaunt über diese Hitze, wenn ich die angestrengten Blicke während und zwischen den Songs untereinander richtig deute. „Hallowed Ground“ fasst die stilistische Auslegung Night Demons´ bestens zusammen und feuert uns tighten Heavy Metal britischer Vorbilder um die Ohren, aber mit einem gewissen Hauch Räudigkeit behaftet, die sich perfekt zum Tourpartner Midnight anbietet. So wird auch jeder Song mit lauten „Night Demon“ Chören gefeiert, was die Band noch mehr antreibt.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Gitarrist Armand Anthony begibt sich des Öfteren, getragen von den Händen der Zuschauer, auf Erkundungstour durch das Café Central und haut dabei immer wieder wunderschöne Soli heraus. Sänger/Bassist Jarvies fokussiert sich dabei mehr auf die Anfeuerung, damit Armand auch ja oben bleibt und weiterspielen kann. „Kill The Pain“ ist auch wieder so ein typischer Metal Klassiker, der sowohl wunderbar mittags auf einem Festival, mit schalem Becherbier in der Hand als auch in einem stickigen Kabuff wie heute Abend seine Energie entfaltet und mitreist. Und wie sehr Lemmy noch immer tief in unseren Herzen sitzt, zeigt sich als Night Demon ihren Song „Black Widow“ mit dem markanten Intro von Motörheads Overkill starten und sich vor ihren Wurzeln verneigen.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Für die letzte Zugabe „Night Demon“ stattet uns selbiger auch noch einen Besuch ab und bietet uns einen bittersüßen Schluck aus seinem „Chalice“, der dankend von der ersten Reihe angenommen wird, um sogleich in dichtem Nebel, wie auch der Rest der Band, zu verschwinden.

Während der Umbaupause wird dann mal kurz Stoßlüften betrieben. Der folgende Auftritt von Midnight wird eingeleitet durch folgendes Szenario. Wir alle kennen es. Es gibt immer diesen einen Typen auf Konzerten, der schon längst den Tank voll hat und beginnt seinem Umfeld auf den Sack zu gehen. In all den Jahren unserer Konzertbesuche haftet uns dieser Fluch an, dass benannte Totalausfälle sich immer in unserer unmittelbaren Nähe aufhalten. Natürlich steht dieser Typ genau vor uns, als er beginnt sich und den Boden voll zu Kotzen. Ein wenig Material findet auch den Weg in sein Schnapsglas, welches er weiterreicht an den nächsten Trunkenbold, der dieses natürlich dankend runterkippt. Schöner hätte man es nicht malen können. Wir wechseln dann mal die Bühnenseite. Pünktlich zum Intro von Midnight steht er wieder neben uns. Wir brauchen einen Priester.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Es gab die Überlegung, ob wir nach folgendem Auftritt von Midnight auf einen Bericht über sie verzichten. Gezielt wurde auf Madita bzw. ihre Kamera eingetreten von Sänger Athenar, was nicht nur komplett asozial ist, da diese Aufnahmen natürlich auch Promo für ihn und seine Band mitbringen, sondern weil es nachhallende Schmerzen hinterlassen hat. Schmerzen, blaue Flecken und diverse Prellungen werden heute nach dem Ausnüchtern sicherlich mehrere haben nach diesem Abend, denn Midnight waren 1½ Stunden Chaos und Wahnsinn.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Mit „Vomit Queens“ treten Midnight sofort das Gaspedal bis zum Anschlag durch und sowohl vor als auch auf der Bühne entfaltet sich ein Schlachtfeld. Zu „Evil Like A Knife“ wird dann zum ersten Mal die Bühne gestürmt und wieder in die Menge gesprungen. Füße voran, Ehrensache. Auch Midnight in Person von Sänger Athenar hält es nicht lange nur auf der Bühne. Ohne Rücksicht auf Verluste klettert er auf einen der Boxentürme vor uns und was im Weg ist, wird aus dem Weg getreten. Ich liebe Chaos, Moshpits und alles was dazu gehört auf Konzerten. Meine erste Platzwunde habe ich mir im Moshpit geholt. Aber einfach mal reinzutreten, um sich Platz zu schaffen, ist dann doch einfach nur scheiße.

Schreiten wir voran zur nächsten Eskalations-Stufe. Natürlich startet zu „Satanic Royalty“ ein Moshpit und so mancher möchte auf die Bühne und von da aus Crowdsurfen. Schnell stellt sich dabei heraus, dass beides gleichzeitig nicht funktioniert. So landen die ersten drei nach ein paar Metern mitten im Moshpit und werden erstmal überrannt. Der Vierte hat das natürlich gesehen und versucht sich noch an einer Deckenlampe festzuhalten, die nach dieser Aktion nur noch so halb festhängt. Unaufhaltsam feuern Midnight dabei einen Arschtreter nach dem anderen von der Bühne und gießen noch ein wenig Öl ins Feuer, in dem sie selbst immer wieder in die Menge springen oder sich einfach auf die erste Reihe fallen lassen.

Während „Lust, Filth And Sleaze“ aus den Amps hämmert, entert schon wieder der nächste die Bühne und klettert auf die Boxentürme. Wie man es so kennt, möchte man sich dann natürlich mit dummen Aktionen übertrumpfen und so wagt dieser einen Purzelbaum vom Turm herunter auf die ersten Reihen. Also irgendjemand muss sich dabei sehr weh getan haben. Auf der Bühne haben sich Midnight mittlerweile auch die „Kleider“ von ihren Leibern gerissen, weil es sich im Café nicht mehr um Heavy Metal Heat handelt, sondern die Fuckin‘ Hell geworden ist. Was an Kleidung übrig bleibt, sind ihre Gugeln, mit welchen sie sich mittlerweile sicher selbst waterboarden. Von diversen weiteren Vorkommnissen im Pit abgelenkt, geht es beinahe an mir vorbei, dass mittlerweile auch wieder Jarvis Leatherby von Night Demon auf der Bühne steht und Midnight bei „Rip This Hell“ gesanglich unterstützt, während sich deren Roadie ebenfalls verabschiedet und in die Menge springt.

MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

Foto: Madita Nair

Zwischendurch läuft mir plötzlich extrem viel Flüssigkeit das Gesicht herunter und ich denke, jetzt kommt noch ein zusätzlicher Schweißausbruch zur Hitze hinzu, es schmeckt dann aber doch nach Bier, dass ich aus irgendeiner Richtung an den Kopf bekommen habe. Auch auf der Bühne öffnen sich neue Abgründe des Wahnsinns, als Athenar beschließt, von der Bühne über die Boxen auf einen Stehtisch zu klettern. Dass er den Leuten dabei nicht die darauf stehenden Bierflaschen in die Fresse tritt, muss man wohl als kurzfristige Empathie verstehen. Den freigewordenen Platz am Mikrofon nimmt natürlich ein textsicherer Besucher ein, der grölt „Can’t Stop Steel“ ohne große qualitative Unterschiede mit, bevor er sich wieder von der Menge davon tragen lässt, die ihm währenddessen auch noch das T-Shirt vom Leib reißt.

Was kann da nun noch kommen? Der Moshpit läuft selbstredend durchgehend weiter, bei dem auch ich irgendwas zwischen die Beine bekommen habe, so verrät es mir zumindest der aufkeimende Schmerz. Der vorletzte Song soll „Who Give’s A Fuck“ sein. Das denkt sich in dem Moment auch der ca. 140-kg-Fan, der sich brüllend auf der Bühne aufbaut und sich für die erste Reihe als der Endgegner in Sachen Crowdsurfing herausstellt. Das geht natürlich genau fünf Sekunden gut, bevor er in den Moshpit kracht und noch ein paar Leute mit sich auf den Boden zieht. Aber wie vorgetragen – Who Give´s A Fuck.

Mit „Unholy And Rotten“ treten uns Midnight nochmal richtig gegen das Knie und Athenar fordert nochmals eindringlich alle auf zu headbangen – und wer nicht mitmacht, dem solle man den Head bangen. Wer ansagt, muss natürlich auch vormachen und so hämmert er immer wieder wie wild mit dem Kopf gegen seinen Bass, gegen die Boxen und bewirft uns am Ende mit seinen Saiten. Wer den ganzen Abend am Schlagzeug sitzt, möchte natürlich auch noch etwas von den Fans haben und so lässt sich der Drummer auf den Händen aus dem Raum tragen.

Das war heftig. Schmutzig und Heiß. Schmerzhaft und intensiv.

Midnight

Night Demon

Ein Gedanke zu „MIDNIGHT, NIGHT DEMON, 03.06.2022, Café Central, Weinheim

  • 14. Juni 2022 um 22:33 Uhr
    Permalink

    Klingt und riecht nach einem durchaus interessanten Abend *smiley*

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