LAURA LEE & THE JETTES, SHYBITS, 31.03.2022, Merlin, Stuttgart
Keine Frage: jetzt geht der Konzertbetrieb endlich wieder richtig los. Gefühlt halb Stuttgart liegt zwar mit dem bösen C flach, die Pandemie ist alles andere als vorbei, aber die Konzertdichte ist überwältigend. Allein diese Woche stehen vier Gigs in meinem Kalender. Am Donnerstag dann also ins Merlin zu Laura Lee & the Jettes. Der Laden ist etwa halbvoll, was sich für uns distanzgewohnte Menschen genau richtig anfühlt.
Die im Vorprogramm aufspielenden Shybits wurden mir vom Auskenner-Freund wärmstens empfohlen. Und ich stelle fest: zu Recht! Das Trio, bestehend aus dem Briten Liam (Gitarre und Gesang), dem italienischen Bassisten Piero und der Südafrikanerin Meghan am Schlagzeug verbreitet mit seiner eingängigen Mischung aus Post-Punk, Garage Rock und Pop nicht nur aus dem Stand gute Laune, es bringt auch einen internationalen Flair ins Haus, den wir in den Pandemie-Konzerten etwas vermisst haben. (Erst im Nachhinein erfahre ich, dass die drei auch „nur“ aus Berlin kommen. Egal.) Die klassisch-dreiköpfige Rockbesetzung funktioniert bekanntlich nur dann richtig, wenn alle Beteiligten vollen Einsatz bringen. Und das tun die drei definitiv, besonders engagiert geht dabei die Schlagzeugerin zu Werke, die mit ihrer ausgreifenden Spielweise eine Bewegung auf die Bühne bringt, die sich animierend auf das Publikum überträgt. Ein rundum gelungener Auftritt mit Höchstnoten in der Sympathie-Bewertung.
„Wasteland“, das erste Album von Laura Lee & the Jettes, hat in den einschlägigen Musikpostillen einige Aufmerksamkeit erfahren. Nicht zuletzt deshalb, weil es sich hier um das neue Projekt von Laura Lee handelt, einer der beiden Frontfrauen von Gurr. Die haben sich in Stuttgart mit vier Konzerten eine solide Fanbase erspielt und so war es nur logisch, auch das Nachfolgeprojekt ins Merlin zu bringen. Dass man mit dem Produzenten Max Rieger ja irgendwie auch eine weitere Verbindung nach Stuttgart habe, betont Laura gleich zu Beginn. Mit dem krautig angehauchten „Caterpillar“ als Opener erwischen mich die vier auf dem richtigen Fuß. Mein Lieblingssong zu Beginn und das Ganze untermalt von flimmerigen Visuals – das passt. Den vielschichtigen Sound des Albums produziert Lauras Band routiniert und präzise, besonders Schlagzeugerin Eilis Frawley und Gitarrist Mark Eric Lewis zeichnen sich durch unaufgeregtes, effizientes Spielen aus. Der dezente Einsatz vorproduzierter Soundschnipsel trägt eine weitere Ebene bei. Das alles wurzelt – bis auf die Kraut-Anteile – tief in den Neunzigern, das Etikett „Grunge“ haben sie sich durchaus zu Recht angeheftet, Referenzen zu den Smashing Pumpkins oder den Foo Fighters sind erkennbar.
Bis auf „Absolut“ werden alle Songs auf Englisch gesungen. Der internationale Markt ist im Visier, eine kürzlich absolvierte USA-Tour sowie Auftritte auf der SXSW sind der Beweis. Beachtlich, dass Laura, deren Schwangerschaft durchaus schon fortgeschritten ist, die Strapazen gleich mehrerer Touren scheinbar mühelos zu ertragen scheint. Auf der Bühne spielt sie ihre ganze Routine aus, parliert locker mit dem Publikum, ist ganz die Band-Leaderin. Einzig Bassist Mario Quezada trägt ein paar witzig-ironische Einwürfe bei. Dass es nicht mehr das exaltierte Rumtoben wie bei Gurr-Konzerten gibt, hat nicht nur mit Lauras Umständen zu tun, es passt schlicht nicht mehr zu ihrer neuen Musik. Die ist erwachsener und vielschichtiger, aber auch etwas gesetzter geworden.
Partystimmung kommt dann aber doch noch auf. Beim Hit „Craigslist Boy“ drehen Band, Shybits-Schlagzeugerin Meghan als Gastsängerin und das Publikum nochmal richtig auf, bevor es wieder rausgeht in den unfreundlich nasskalten Abend, mit dem sich der Frühling leider schon wieder verabschiedet hat.
Laura Lee & the Jettes
Shybits
