LIAM GALLAGHER, 15.09.2021, Schlossplatz, Jazz Open, Stuttgart

Foto: Reiner Pfisterer

Oasis? Da war doch was. Konzerte? Da war doch was.

Verrückt, es ist verdammt lange her, so ein richtiges Live-Erlebnis. Man kann’s gar nicht so richtig beschreiben, was da alles fehlt. Menschen auf der Bühne, Menschen vor der Bühne. Die Interaktion, auch wenn scheinbar gar nichts passiert.

Neulich fand das Reading-Festival in England statt, irgendein Algorithmus spülte ein Video von Liam Gallaghers „Stand By Me“ hoch, und da dachte man bei den Menschenmassen (eng, oben ohne), dass es aus vergangenen Zeiten stammt. Aber hey. War topaktuell! Die Menschen in den ersten Reihen waren sehr jung. Oasis-Songs sind drüben in Great Britain Kulturgut wie ein Pint im Pub, gerne wird auch beides gleichzeitig genossen. Da sang Liam also „Stand by Me“, Handys leuchteten, alle sangen mit und Liam Gallagher murmelte „Hey, that’s fucking beautiful“. Ein wahrer Poet, der Kerl. Und er hat ja so recht.

Jazz Open also. Es ist der erste Abend auf dem Schlossplatz. Einchecken, 3 G. Alles geht seinen Gang. Niemand steht hier sehr eng beieinander, niemand oben ohne. Es gibt Lobster Dogs und Business Lounge. Männer rauchen Zigarre. Aber hey: Auch einige aus der Britpop-Bubble, die man vor vielen Jahren im Stereo, Keller Klub oder 1210 gesehen hatte, sind heute da. Etwas britisches Wetter hat Mr Gallagher ja auch mitgebracht.

Die leidige Diskussion darüber, wie viel Jazz in den Jazz Open steckt? Geschenkt!

Es läuft „I Am The Resurrection“ von den Stone Roses, die Fans in den ersten Reihen singen mit. Pünktlich um 20.30 Uhr fliegen vorne ein paar Bierplastikbecher in die Luft, und Liam Gallagher kommt mit seiner 5-köpfigen Band und Backgroundsängerinnen die Bühne.

Alles wie immer. „Hello it’s good to be back“. Fun fact: Die Autorin dieser Zeilen (immer schon Team Blur) war auch 2002 schreibend im Congresscentrum B, als Oasis (also mit dem Brüderlein Noel) gespielt haben. Zu Beginn damals „Hello“, am Schluss natürlich „Wonderwall“. Alles wie vor, ähm, 19 Jahren. Es gibt aber eben nur eine Zugabe, nach 75 Minuten ist Schluss. Es wird gemunkelt, dass Mister Gallagher pünktlich zur zweiten Halbzeit von Manchester City backstage sein wollte.

Sei’s drum. It‘s really good to be back. Die Crowd salutiert „Liam, Liam, Liam“, er nuschelt nur etwas von „that‘s my name“. Für Gallaghersche Verhältnisse ist er regelrecht gut gelaunt und singt in bekannter Liam-Parka-Pose „tonight I’m gonna be a Rock‘n‘Roll Star“ – und mit sehr guter Stimme. Überhaupt die Setliste ist topp: „Morning Glory“, „Halo“, „Cigarettes & Alcohol“, „Stand by Me“, „Once“, „Supersonic“ und „Roll with it“ – da sind viele Hits dabei. Gallagher lobt auch mal die „good crowd“, obwohl die natürlich schon anders und viel weniger ist, als er es gewohnt sein dürfte. Die Älteren erinnern sich an die legendären Konzerte in Knebworth: zwei Abende vor rund 250 000 Menschen.

Da ist’s heute mit ungefähr 4000 Gästen fast schon heimelig. Liam Gallagher nuschelt was von „last song“ und dass es von denen handelt, die „no longer with us“ sind. Dann stimmt er „Live Forever“ an.

Natürlich ist das gar nicht zeitgemäß dem Macker beim Rumgockeln zuzuschauen, aber es ist eben auch ganz wunderbar und hat etwas arg nostalgisches. Oldie but Goldie. Ein Fan muss an der Absperrung ein Spuckerle machen. Hach, „it’s good to be back“.

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