FATE GEAR, 13.02.2020, Climax, Stuttgart

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

“FATE GEAR have a good reputation for their powerful live performance.” lese ich irgendwo als Ankündigung. “Better than competitor products” möchte man als Schmunzeltyp diesem sehr direkten Werbeslogan hinzufügen. Aber da ich keine competitor All-Female-Japanese-Steampunk-Melodic-Power-Metal-Bands kenne ergäbe das wenig Sinn.

Cowboys und Steampunkheldinnen, wie viel verkleideten Eskapismus verträgt der gig-blog innerhalb weniger Tage? In Zeiten Weimarer Lüftchen und allerdümmster Hufeisenscheisse in den Köpfen unserer so verantwortungsvollen bürgerlichen Mitte würde ich sagen: kann nicht genug sein. Und irgendwie wäre wahrscheinlich selbst eine als Mutantenschaben verkleidete Progband heutzutage weniger artifiziell als jeder kumpelig-gefühlige Deutsch-Poprock-Quatsch. Kurz: ick freu mir uff dit Konzert.

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

Fate Gear kommen aus Tokio, Japan also. Dem Land, dessen Science Fiction Serien Jeeg Robot und Captain Future meine Kindheit entscheidend prägten. Außerdem fanden viele Metal Bands aus den 80ern, die in den 90ern keine Sau mehr sonst hören wollte, in Japan einen der wenigen Orte, in denen sie noch ein dankbares und treues Publikum sehen und hören wollte. Fate Gear also sind die logische Konsequenz aus der Liebe Nippons zu Science Fiction und klassischem Heavy Metal.

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

Gut gefüllt ist das nicht allzu große Climax. Die Bühne hat mit einer, wohl zum Inventar des Klubs gehörenden, Gitterkonstruktion hinter der das Schlagzeug steht ein optisch passendes Accessoire. Stahlgitter + Steampunk = 1 Match. Passend dazu befindet sich im Publikum auch ein Fan mit einer Art Armprothese in schönster Steampunk-Stahlanmutung. Leider zischen an den Gelenkstellen bei Bewegung nicht kleine Dampfwölkchen heraus.

Die Band beginnt irgendwann nach 21 Uhr und braucht ca. gar keine Zeit, um das Publikum auf ihrer Seite zu haben. Melodischer, meist sehr schneller Powermetal wird geboten. Absolut tight im Zusammenspiel, wobei vor allem die Schlagzeugerin und die Sängerin herausragen. Hat auch was mit der Abmischung zu tun, denn Gitarre, Keyboard und Bass bleiben auf die ganze Dauer des Sets leider immer ein wenig zu leise. Aber das ändert nichts daran, dass Hanukas Hände und Füße locker alles virtuos wegtrommeln was sich in den Weg stellt.

Fate Gear

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Das Klischee im eigenen Kopf, dass die people aus Fernostasien ja im öffentlichen Auftreten sehr schüchtern zu sein haben, erfährt hier einen harten Realitätscheck. Sängerin Nico singt nicht nur formidabel, sondern legt eine Expressivität und Interaktion mit dem Publikum zutage, dass es nur so eine Art hat. Captain Mina bedient die Gitarre gekonnt und konzentriert, aber auch sie schafft es dennoch wie Bassistin Erika immer mit ihrer aktiven Bühnenpräsenz Kontakt zum Publikum zu halten. Überhaupt strahlen Fate Gear eine Energie von der Bühne ab, die über selten auftauchende, weniger spannende musikalische Momente hinweg hilft.

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

Etwas schwierig sind die Ansagen Nicos zu verstehen. “Are you ready to rock” geht klar. Auch “Mir ist heiß” und “Do you like Schnitzel” bekomme ich noch gut mit. Alles darüber hinaus wird schwierig. Aber die durchweg positive Aura der Musikerinnen überstrahlt das alles. Außerdem fühlt man sich beim Anblick der Band so als Europäer etwas eingeschüchtert, weil man sich selbst irgendwie unangemessen groß, dick und plump fühlt. Einmal so elfengleich über die Welt wandeln wie eine Japanerin, verirren sich die Gedanken auf bedenklichen Wegen, während Hanukas Doublebass (zwei Pedale mit einer Bassdrum?) im Hintergrund durchknattert.

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

Mein Lieblingsstück ist ein in der ersten Hälfte des Sets gespieltes Epic Metal Stück. Tolles Riff, gedrosseltes Tempo und schöne Heaviness. Ansonsten dominiert hohes Tempo und unbändige Energie, und das alles bei höchster Kontrolle und Präzision der musikalischen Abwicklung. Megaprofessionell das Ganze, kann man sich problemlos auch auf richtig großen Bühnen vorstellen, da die Mischung aus Können und Ausstrahlung einfach stimmt.

So tritt man dann nach Ende ganz schön beeindruckt wieder nach oben ins Freie, wo einen leider keine dampfbetriebenen Ufos nach Hause bringen. Und man fragt sich wie es die Tokioter schaffen, trotz der ständigen Godzilla-Heimsuchungen, so eine positive Kreativität zu entwickeln.

Fate Gear

Foto: Steffen Schmid

Ein Gedanke zu „FATE GEAR, 13.02.2020, Climax, Stuttgart

  • 19. Februar 2020 um 17:14 Uhr
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    Danke für den Bericht und die grandiosen Bilder! Die Energie der Künstlerinnen hat mich am meisten beeindruckt, synchrones Headbangen von Sängerin und Bassistin. Die Bilder geben die Stimmung sehr gut wieder. Tolles Konzert!

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