ABBATH, 1349, VLTIMAS, 04.02.2020, MS Connexion, Mannheim
Rückblende: 07.09.2018 – ABBATH, MS Connexion, Mannheim
„Dieser Typ ist einfach lustig, betrinkt sich gern und hat jede Menge Spaß, bei dem was er tut. Die Ansagen am heutigen Abend lassen sich zwar nur vage deuten, doch das Publikum goutiert sie immer wieder mit viel Beifall.“
Unzählige Liter Bier sind seit diesen vergangenen knapp 1½ Jahren, sowohl unsere, als auch Abbaths‘ Kehle hinuntergeflossen. Der zarte Unterschied dabei ist, wir wachen mit einem erbärmlichen Kater auf und schwören dem bösen Geist für immer ab, während der nächste Kasten schon auf der Einkaufsliste steht. Bei Abbath ging das alles schwer nach hinten los während der Südamerika-Tour im letzten Jahr. Erst der totale Absturz bei einer Show in Argentinien, welche nach ein paar Songs zu Ende war und im Anschluss die gesamte Tour. Es bestand Handlungsbedarf und so werden wir heute Abend einen trockenen Abbath sehen. Ob das noch Metal ist, werden wir erleben.
Doch zuerst mein eigentliches Highlight des Abends. 1349. Was habe ich mich darauf gefreut, sie heute endlich zu sehen. Seit 14 Jahren ziert der Name mein Nummernschild, nie habe ich sie gesehen. Als sich mir die Möglichkeit beim Summerbreeze geboten hätte, lag ich sediert mit einer Platzwunde in meinem Zelt und habe die Welt gehasst. Heute ist es also soweit. Aural Hellfire für uns alle.
Im Gegensatz zu den pompösen Bühnenaufbauten von Batushka, Watain oder Cult Of Fire ist die Bühne bei 1349 mit Ausnahme zweier Eisenbanner leer. Das Schlagzeug nimmt einen Großteil des Platzes ein. Alles ist ausgerichtet auf pure Arschtreterei und wenn man an den Drums Frost sitzen hat, dann ist das auch Gott gegeben. 1349 fallen heute Abend angenehm aus dem Rahmen, weil Null Platz ist für Theatralik, Show oder gar knackige Sprüche. Es steht kaltes, norwegisches Geknüppel auf der Speisekarte und mit „Sculpture Of Flesh“ als Opener bekommen wir selbiges direkt mit der Faust in den Rachen geschoben. Ich mag 45 Minuten Slots. Da wird alles rausgehauen ohne Rücksicht auf Verluste. Kein steter Tropfen, direkt die Kettensäge. Während Frost die Magengegend mit Blastbeats bearbeitet, spuckt Ravn pures Gift. „Through Eyes Of Stone“ ist gleich das nächste Highlight der neuen Platte „The Infernal Pathway“. Da hat sich in den letzten Jahren und Alben schon ein wenig mehr Melodie eingeschlichen, aber auch das steht den Norwegern gut zu Gesicht, weil alles diesen finsteren Ravn Beigeschmack innehat. 1349 hatten innerhalb der Black Metal Szene in den vergangenen Jahren einiges an Credibility eingebüßt, weil sie es gewagt hatten andere Wege zu gehen und im Noise/Industrial Bereich herumexperimentiert haben. Das Resultat war „Demenoir“ und auch ich habe mich dann eher desinteressiert weggedreht. Die Wiedervereinigung fand mit „Massive Cauldron Of Chaos“ statt. Die Welt war in Unordnung und 1349 hatten wieder durchgeladene Waffen. Und diese legen sie heute offen auf den Tisch. Ob mit Neuem, „Striding The Chasm“, oder „Golem“, einem der Highlights von MCoC, ich bin fasziniert und im Bann. Bevor das Finale Infernale auf uns losgelassen wird werden die Fäuste in den Himmel gereckt und dieses extrem catchy Intro von „Absyssos Antithesis“ erklingt. Das ist so unglaublich hardrock-lastig und simpel, aber dennoch so effektiv um im Anschluss die Hölle losbrechen zu lassen. Und dann wird natürlich am Ende noch der Gnadenschuss ausgepackt:
Ich hätte mir ein wenig mehr Druck vom Sound gewünscht, aber von der Darbietung bin ich absolut beeindruckt. Jetzt könnte ich eigentlich glücklich heimgehen.
Mit Vltimas habe ich mich gar nicht beschäftigt. Ich weiß, dass David Vincent von Morbid Angel dabei ist. Der ist mir allerdings zwiegespalten in Erinnerung geblieben, als ich ihn mit MA in Mannheim gesehen habe. Arrogant und schlecht gelaunt war er da. „God Of Emptiness“ ist trotzdem geil.
Ich habe mir die Debüt-Platte dieser „Supergroup“ (Mayhem, Aura Noir, Cryptopsy) – „Something Wicked Marches In“ noch nicht angehört. Doch als die Band auf die Bühne kommt, ist es wirklich ein wenig wicked. Vincent sieht aus wie der Undertaker und kündigt sich selbst mit eben jenem Titel an.
Es klingt schon nach Old-School Death Metal, aber es berührt mich wirklich überhaupt nicht. Der Gesang variiert immer wieder zwischen Morbid Angel bekannten Growls und epischem Gesang der durch Vincents markante Stimme eine düstere, beschwörende Atmosphäre erhält. Heute ist auch die Stimmung geselliger. Man wird des Öfteren darauf hingewiesen, nicht alles zu glauben, was einem so erzählt wird und dass man dem alten Mann ruhig vertrauen soll.
Es plätschert für mich halt irgendwie so dahin. Technisch ist alles auf hohem Niveau, aber gefühlt auch seelenlos und so ist es auch ok, dass das Set mit „Marching On“ nach knapp 40 Minuten zu Ende geht. Sorry, next.
Leider haben wir die erste Band des Abends „Nuclear“ aus Chile verpasst. Doch was wir nicht verpasst haben, ist die Tatsache, dass jede Band ihr eigenes Schlagzeug dabei hat und so die Umbaupausen extrem hektisch verlaufen und auch der Sound der drei ersten Bands darunter gelitten hat. Das Drumset von Abbath ist irgendwo versteckt hinter dem riesigen Schriftzug aus Metall. Es drängt sich alles vor die Bühne und die Halle wirkt so noch ein bisschen dürftiger gefüllt, als es eh schon den Anschein hat.
Noch ein Mal zurück zum Anfang. Ist das noch Metal, wenn Abbath nüchtern spielt? Die Antwort liefert er uns selbst, stürmisch die Bühne betretend mit dem ersten Hammer „Hecate“. Und wie! Die Stimme schneidet und giftet, die Band ist tight und der Sound ist eine fette Wand. Natürlich macht er immer noch seine unverständlichen Ansagen, trinkt dabei allerdings Wasser und auch sein Gesicht entgleist immer wieder in lustige Spasmen. Ein kleines Bärtchen ist auch hinzugekommen, was den martialischen Anblick noch verwilderter macht. Aber alles ist viel, viel tighter. „Count The Dead“ grooved unglaublich gut in seinen Mittempo-Parts und vor der Bühne wird gemeinsam geheadbanged. Bei Abbath fand ich die Blastbeat Parts immer ok, was aber richtig Spaß macht, sind tatsächlich die langsameren, stampfenden Songabschnitte, die alle dazu anhalten, den Kopf im Takt gegen die Wand zu schlagen. Abbath wechseln fließend zwischen Debüt Album und dem Nachfolger „Outstrider“ hin und her und Letzteres ist genauso solide und simpel wie das Erste. Auf Zuschauer-Wünsche nach alten Immortal Sachen antwortet Abbath mit unverständlichen Geräuschen und spielt dafür „Warriors“ seines alten Projektes „I“. Gute Antwort!
„It’s a great day for fire
It’s a great day for wrath
It’s a warrior’s desire
Ride down the mountainside“
Doch natürlich gibt es Immortal. „In My Kingdom Cold“ ist der Beginn und mit „Tyrants“ wird dann die ganz große Party gestartet. Es freut mich wirklich für Abbath, dass der Entzug Erfolg hatte, denn heute ist das technisch um einiges professioneller und Abbath ist auch nüchtern der coole Onkel auf dem Geburtstag, der die schweinischen Witze reißt.
Abschließend gehören die letzten Worte Abbath: „Motherfuckers of Mannheim! – TO WAR!“