FRISKA VILJOR, 02.12.2019, Im Wizemann, Stuttgart
Die Haare leicht zottelig runterhängend und ein dunkler Hut sind ein stilsicheres Erkennungszeichen von Joakim Sveningsson. So steht der Sänger der schwedischen Band Friska Viljor auch heute wieder auf der Bühne. Eingetaucht in goldschimmerndes Bühnenlicht hat er es geschafft, einen ganzen Saal zum Schweigen zu bringen. Das Publikum, das die Songs vorher noch textsicher mitgesungen und ausgelassen dazu getanzt hat, hört jetzt ganz andächtig zu. Ein beeindruckender Moment wie ich finde. Im ganzen Raum herrscht nahezu Stille. Still geworden ist auch um Friska Viljor in den letzten Jahren.
Die Band stand sogar kurz davor sich aufzulösen und das erzählt Sänger Joakim mit offenem Visier auf der Bühne – Seine Partnerschaft ist auseinandergegangen, die Familie zusammengebrochen und das zerrissene Gefühl, seine Kinder nur noch alle zwei Wochen zu sehen. „Broken“, das aktuelle Album ist Katharsis und Aufarbeitung des sehr persönlichen Themas zugleich. Sicher einer der emotionalsten Momente des Konzertes und nein – die Stimmung ist nicht in den Keller gefahren.
Bevor Friska Viljor spielen gibt es noch Glitter und Glitzernylon.„Diskopunk“, ebenfalls aus Stockholm heizen noch die Stimmung mit einer Mischung aus 70s Glamrock, Elektro und Disco ein. Sänger Antonio Americas kann entertainern, sehr viel Fluchen und erweist sich als ausgewiesener Mimikakrobat. Mit geschultem Blick stellt Fotograf Armin eine gewisse Ähnlichkeit mit Eric Idle aus Monty Python’s Life Of Brian“ Eric Idle fest. Seine Tour-Eindrücke muss der Sänger loswerden. Die Band hat nämlich so wunderbare Produkte am Merchandising-Stand und „the Germans“ fragen ständig nach CDs und Vinyl. Die sie nun leider nicht im Angebot haben. Das muss wohl nostalgisch wirken für jemanden, der aus einem Land kommt, in dem sich eine der größeren Streaming-Plattformen gegründet hat.
Es gibt Bands, die dafür stehen, dass es sich anfühlt, als würde man alte Bekannte nach längerer Zeit wiedersehen mit sicherem Spaßgarant. Dazu zählen sicher auch Friska Viljor. Das Konzert vor zehn Jahren im Club Schocken ist Friska Viljor in bester Erinnerung, anwesende Zeitzeugen ebenfalls, sie machen sich im Publikum lautstark bemerkbar. Mitmusiker Daniel Johannsson war es auch, der auf seinen Freund Joakim Sveningsson eingewirkt hat, die Musik nach seiner familiären Trennung nicht aufzugeben.
Sehr viel gute Laune verbreiten Friska Viljor auf der Bühne. Die überträgt sich auch auf das Publikum, ohne dass die Band bei diesem groß Ankumpeln müssen. Die fröhlichen Indie-Folk-Melodien der Hits „If I Die Know“ und „Wohlwill“ von der Band mehrstimmig gesungen, zeigen auch nochmal die Leichtigkeit des Zusammenspiels.
Sehr charmantes, gemeinsames Band-Accessoire ist eine Stoffblume. Es gibt auch noch die runtergedimmten getragenen Momente während des Konzertes. „All Is Good“, eigentlich ist nämlich gar nichts gut wie in diesem Song gesungen wird. Jokamin Sveningsson spielt auf der Ukulele, Bandkollege Daniel Johannsson tritt zurück, positioniert sich seitlich auf der Bühne mit Trompete und Keyboard und überlässt die Liedführung dabei seinem Freund. Ich finde es überhaupt nicht kitschig. Vielleicht zeigt sich auch in diesem Zusammenwirken, dass man freundschaftlich durch Höhen und Tiefen gegangen ist.
Ich beobachte den Roadie. Solange dieser im Hintergrund auf der Bühne rumwuselt, die Instrumente den Musikern anreicht, ist alles gut und ich hoffe, dass es noch kein Ende gibt. Friska Viljor zaubern ein dauerhaftes Grinsen ins Gesicht, anderen und sich selbst auch. Mit einem eleganten Kniff bringt Joakim Sveningsson noch einen nahezu kompletten Saal dazu in die Hocke zu gehen. Das muss man auch erst mal schaffen. Einen Platz in meine Konzert-Jahres-Top-Ten haben sich Friska Viljor ganz sicher erspielt.