KIDS OF ADELAIDE, 23.11.2019, Dieselstraße, Esslingen
Auf der Liste „Bands aus der Region, über die wir unbedingt mal berichten müssen“ standen die Kids of Adelaide schon lange ganz weit oben. Dabei habe ich sie in den letzten zehn Monaten bereits viermal gesehen und nie die Gelegenheit genutzt. Kein Fotograf, keine Lust, zu privat – Gründe dafür gab es immer. Vielleicht auch ganz gut so, denn so habe ich viele Facetten des Duos aus Plieningen kennengelernt und kann das Esslingen-Konzert besser einordnen. Und so viel sei verraten: von den nunmehr fünf Konzerten nimmt es (mit zwei weiteren ;) ) den ersten Platz ein!
Für die Dieselstraße und die fein kuratierte Reihe „in the suburbs“ ist der Gig jedenfalls ein Glücksgriff. Mit gut 250 Zuschauern ist der Saal angenehm voll, aber nicht so, dass man sich quetschen müsste. Nach einem erfrischenden, locker vorgetragenen Warm-Up durch die Esslinger Band Phi legen Benjamin Nolle und Severin Specht auf einer mächtig eingenebelten und spektakulär ausgeleuchteten Bühne los. Das Setup ist allseits bekannt, oder? Die zwei haben ein Dutzend Saiteninstrumente, ein Keyboard und ein rudimentäres Schlagzeug dabei, dessen Bearbeitung sie sich teilen. Und mit dieser Ausstattung veranstalten sie ein Spektakel, dass man bei geschlossenen Augen eine mindestens vierköpfige Band auf der Bühne vermuten würde. Musikalisch lässt sich das in etwa im Bereich Indie-Folk mit einer ordentlichen Portion Pop einordnen. (Gerne werden hier mal Mumford & Sons als Referenz herangezogen, für mich haben Kids of Adelaide allerdings deutlich mehr Pfeffer).
Wenn es überhaupt etwas gibt, was mich bei den Gigs der Kids of Adelaide stört, dann ist es die dauernde Animation mitzuklatschen oder mitzusingen (Ich weiß, damit gehöre ich zu einer Minderheit). Aber, als wenn Benni Nolle meine Gedanken gelesen hätte, verkündet er in einer seiner ersten Ansagen, wie blöd er diese Mitmach-Aufforderung bei andern Bands finde und dass er volles Verständnis habe, wenn man das auch doof finde. Sie würden es aber trotzdem machen, meint er breit grinsend. Und genau so wie sie mir hier den Wind aus den Kritiker-Segeln nehmen, verhält es sich mit der möglichen Kritik an mangelnder musikalischer Vielfalt. Gerade als man nach drei Alben befürchten musste, dass sie in der Folk-Sackgasse feststecken könnten, bringen sie mit „Into The Less“ ein elektronisch-rockiges Album, das die alten Fans ordentlich fordert. Das ist nicht nur sehr erfrischend, das lässt auch erkennen, dass die beiden sehr genau ihr Tun reflektieren.
Überhaupt: der hohe Anspruch, den die zwei an sich stellen, ist unübersehbar. Sound und Licht, die ganze Setlist – das ist alles wohlüberlegt und von allerhöchster Qualität und legt letztlich die Grundlage für einen fulminanten Gig. Auch wenn sie immer wieder damit kokettieren, wie sie sich zwischen den vielen Gitarren verschusseln, der Kapo schon wieder nicht zu finden ist, sich gegenseitig den Wein wegtrinken oder Benni sich in ausufernden, ur-komischen Ansagen verliert. Letztlich ist es die perfekte Eingespieltheit, die scheinbare Mühelosigkeit, der berückend schöne zweistimmige Gesang, und das schöne Gefühl, dass hier zwei echt dicke Freunde auf der Bühne stehen, was ihren Konzerten diese mitreißende Dynamik verleiht. Und es ist nicht zu übersehen, dass vieles davon bei ihrer Tätigkeit als Straßenmusiker perfektioniert wurde.
Wer einmal ein rein akustisches Konzert der beiden erlebt hat, der weiß, dass sie dort ihre ganze Stärke ausspielen. Dass die Reduktion den wunderschönen Kern ihrer Songs hervorbringt. Und das wissen die beiden auch. Deshalb gibt es auch kein Konzert ohne einen Ausflug ins Publikum, wo sie im Licht der Handy-Taschenlampen einen Song unplugged zum Besten geben. Dieses Mal ist es der nagelneue, noch nicht veröffentlichte Track „Wild Job“, der seine Feuertaufe mit Bravour besteht. (Witzig, dass sie dort im Kreis ihrem ehemaligen Englischlehrer begegnen.)
Nach mehr als neunzig Minuten endet der offizielle Teil mit „The Mountaineer“, dem Song für Bennis Vater, der an diesem Abend natürlich auch im Publikum ist. Auch wenn es der erste Auftritt in Esslingen ist, das Konzert ist ein echtes Heimspiel. Und so lassen sich die beiden nicht lumpen und hauen noch eine üppige Zugabe raus. Ein üppiger, mitreißender Gig, der – auch wenn die Songs sich manchmal doch etwas ähneln – keine einzige Länge hat. Wer die Kids noch nie gesehen hat, dem gebe ich hiermit eine uneingeschränkte Empfehlung: Ein Abend mit den Kids of Adelaide macht glücklich.
Setlist
I’m in Red
Jinx
Black Hat
Ornithologist
White in Black
Wild Job (Unplugged)
Tried and Trusted
Moving
Parted (Acoustic Version)
You Ain’t Going Nowhere (Bob Dylan Cover)
On My Mind
Books to the Fire
Mountaineer
Home
Old One
White Opposite (Unplugged)