GOLDEN DAWN ARKESTRA, 30.07.2019, Proton, Stuttgart

GOLDEN DAWN ARKESTRA, 30.07.2019, Proton, Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Dämmerung in Stuttgarts Bunker: Die Veranstalter Do The Do setzen eher kurzfristig ein Konzert mit dem Band-Kollektiv Golden Dawn Arkestra aus Austin, Texas im Club Proton an. Eine wilde Erfahrung folgt.

We come in peace.

„Nur“ neun des angeblich über 20 Mitglieder zählenden hippieesken Band-Kollektivs aus dem konservativen Süden der Vereinigten Staaten von Amerika haben es auf die dreistufig getreppte Bühne im Proton geschafft und tanzen die progressive Vielfältigkeit der USA vor, deren Existenz durch die Konzentration der Berichterstattung auf diese Scheiß-Regierung geradezu verschüttet wird. So könnte dieses Happening jedenfalls in diesen Tagen interpretiert werden.

GOLDEN DAWN ARKESTRA, 30.07.2019, Proton, Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Wie zur Bestätigung meiner These legen GDA gegen viertel vor neun mit ihrem ersten Song „Children Of The Sun“ gleich den Fokus auf die Gleichheit aller Menschen: wir sind alle Kinder der Sonne. Mit mesoamerikanisch anmutenden Masken und Kostümen wird eine wilde Melange aus Disco, Rock und Funk mit südamerikanischem Einschlag angerührt. Der Bandleader mit Bart und Bauch und Bommel auf der Birne steht am Korg-Keyboard, die eine Sängerin tanzt mit einem roten Plastikschellenkranz, die andere fällt durch ihre riesigen, aufgemalten Wimpern auf, Fächerstadt Karlsruhe Hilfsbegriff. Zwei Bläser pusten in Saxophone, komplettiert wird das mit Schlagzeug, Bass, Gitarre und garniert mit einem Conga-Klopfer. Ein Hauch von George Clintons Parliament weht durch das Proton. Da treffen The-Doors-Orgeln auf eine Nile-Rodgers-Gitarren, ein Impro-Duett mit elefantös anblökenden Saxophonen wird gegeben, ein wunderliches Intro mit langer morricone-artiger Westerngitarre, das tiefe Synthi-Gewabere, die Querflöte und der Tüchertanz führen zur Ethnodisco mit Art-Rock-Einschlag.

GOLDEN DAWN ARKESTRA, 30.07.2019, Proton, Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Das Publikum besteht zu zwei Dritteln aus kopfnickenden männlichen Musiknerds mittleren Alters (so wie ich) und zu einem Drittel aus barfuß und partiell bauchtanzenden, in Fließgewänder gewandeten BH-befreiten Frauen jüngeren Alters (so wie ich nicht).

Leider haben es nicht so viele Musikbegeisterte hierher geschafft. Leider bekommt die Band kein Licht von vorne. Die programmierte Standard-Kannensequenz läuft showbezugsunabhängig durch. Die kopfbewegten Scheinwerfer werden nicht angeworfen. Sehr abträglich. Wenn es voll wäre, wenn die Leute trunken wären, wenn das Licht besser wäre, könnte das Konzert orgiastisch ausarten, das Potenzial ist da. So läuft es eher mit angezogener Handbremse.

Im Proton wird San Miguel, Warsteiner und Desperados angeboten. Ich stelle fest:

1. Bei dieser Auswahl – so obskur das klingen mag – schmeckt Desperados am besten.
2. Desperados, also „Bier aromatisiert mit Tequila“ passt 1a zur Musik: seltsam-süßliche Mischung ohne Mischungsberührungsängste und mit erhöhter Umdrehung (5,9 %).
3. Seit Tijuana 1990 habe ich kein Desperados mehr zu mir genommen.

GOLDEN DAWN ARKESTRA, 30.07.2019, Proton, Stuttgart

Foto: Steffen Schmid

Golden Dawn Arkestra spielt versiert und professionell ein eher kurzes Konzert. Auch wenn es nicht so abgefahren ist wie es hätte sein können, muss ich das beim nächsten Mal wieder ausprobieren.

Das Proton ist als Konzertetablissement prinzipiell gut geeignet, der Sound ist in Ordnung, die Größe durchs Abhängen des hinteren Saales angemessen – angesichts des Stuttgarter Bühnenmangels durchaus eine Alternative. Nur das Licht muss besser werden… und das Bierangebot auch 😉

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