HERBERT PIXNER PROJEKT, 26.07.2019, Theaterfestival Isny, Burkwanger Weiher, Isny
Was soll man bloß über das Herbert Pixner Projekt schreiben, ohne die Schublade mit überbemühten Superlativen zu öffnen?
Das familiäre Theaterfestival Isny startet in diesem Jahr mit eben diesem Projekt und damit mit einem Rumms, der mich in Schwingungen versetzt, denen ich mich nicht hingeben kann – heute wird gesessen. Die vier Musiker sitzen ebenfalls, mag wohl daran liegen, dass bestuhlt ist. Seit langer Zeit mein erster Konzertbesuch, bei dem nicht durchgequatscht wird. Nur hin und wieder fällt irgendwo eine Flasche um. Dass die Leute so schweigsam sind, schiebe ich darauf, dass man hier im schönen Allgäu noch nicht so übersättigt von kulturellen Angeboten ist – der euphorische Applaus zumindest lässt mich das vermuten.
Zurück zu Pixner und seinen Mitmusikern. Pixner spielt in der Hauptsache Diatonische (Steirische) Harmonika. Wie er diese dazu bringt, in einem Stück nach Bandoneon und in einem anderen nach Fender Rhodes zu klingen ist ungewöhnlich, ich kann keine Effektgeräte finden. Nicht nachdenken, genießen. Selten habe ich einen Musiker gesehen, der so mit seinen Instrumenten (ach ja, Klarinette, Trompete, Saxophon und ein Unbekanntes spielt er natürlich auch noch) verschmilzt. Aber mit keinem scheint er so verbunden wie mit der Harmonika, sie wirkt wie ein Teil seines eigenen Körpers. Ich denke, dass er wohl zu Staub zerfiele, nähme man ihm seine Instrumente weg. Neben der Musik liebt er offensichtlich seine Heimat Südtirol, die Stücke wie „Morgenrot“ und „Summernight“ inspiriert hat. Als guter Erzähler stellt er sich auch noch heraus. Hin und wieder teilt er uns mit, worum es in den Stücken geht, die durchweg ohne Gesang auskommen. So wurde beispielsweise eine Sage aus Südtirol vertont, in der unerhört grausame Dinge geschehen. Und einmal sagt er so neumodische Sachen, z.B. „Internet“, und das reißt mich in die Wirklichkeit zurück, das Internet ist so weltlich und aktuell für den charismatischen Pixner, der nicht in diese Zeit zu passen scheint.
An der Harfe hören wir Pixners Schwester Heidi Pixner, ihr Instrument ist verantwortlich für viele ungewöhnliche Klangerlebnisse. Sie muss sich hinter dem Bruder sicher nicht verstecken, sie beherrscht das komplizierte Instrument scheinbar ohne Mühe. Ob sie noch weitere spielt, werden wir heute nicht erfahren. Konzert-, Flamenco- und E-Gitarre hat Manuel Randi im Griff, er wird von Pixner als bestaussehender Gitarrist Südtirols vorgestellt. Er und Pixner treiben einander, genießen das gemeinsame Spiel. Bei so vielen melodischen Instrumenten braucht’s natürlich auch Kontra- und E-Bass, hier brilliert Werner Unterlercher, mal streichend, mal zupfend. Leider kann ich ihn nicht gut sehen, da er hinter einer Säule in meinem Blickfeld verschwindet.
Das Herbert Pixner Projekt mischt in seine Stücke traditionelle Ländler-Klänge, Flamenco, Blues, Rock, Tango … In „Dirty Kathy“ wird Dirty Diana von Michael Jackson zitiert, ein andermal meine ich, die lustigen Holzhackerbuam zu erkennen. Ich wäre gerne mal dabei, wenn die Stücke entstehen. Die Stücke wirken nicht konstruiert, sondern so, als ob sie im gemeinsamen Spiel entstünden, als Impuls dient eine Geschichte, ein Erlebnis, ein Morgen in den Hochalpen, von dem er uns erzählt. Selten hat mir ein Konzert von Anfang bis Ende so gut gefallen – und damit scheine ich nicht allein zu sein. Dreimal Standing Ovations, einige Zugaben. Dass solche Virtuosen in ein kleines Zirkuszelt am Rande einer kleinen oberschwäbischen Stadt schon zum zweiten Mal kommen und es sichtlich genießen, ist eine Wahnsinns-Referenz für dieses bezaubernde Festival.
Und dann bin ich heut beim Recherchieren nach den korrekten Musikernamen in diesem Internet auf ein Ticket für das Festspielhaus in Füssen gestoßen, wo das Herbert Pixner Projekt mit den Berliner Philharmonikern Symphonikern auftreten wird. Was soll ich sagen, ich habs gekauft.
Kleine Anmerkung, Pixner spielt mit dem Berliner Symphonikern, nicht mit den Philharmonikern. Aber dennoch wird es sicher ein grandioses Ereignis und ich werde in Berlin auf jeden Fall dabei sein.
Vielen Dank, Dominik, für’s aufmerksame Lesen. Wir haben den kleinen Fehler korrigiert. ;)
„… dass er wohl zu Staub zerfiele, nähme man ihm seine Instrumente weg.“
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