RENDEZ VOUS, DIE SELEKTION, 16.01.2019, Komma, Esslingen

Rendez Vous

Foto: Steffen Schmid

Ihr wisst, ich schätze das Komma sehr. Wegen seines tollen Bookings, wegen der sympathischen Mannschaft und wegen seiner immer besser gewordenen Technik. Und dennoch muss ich konstatieren: beim gestrigen Konzert der französischen Post-Punker Rendez Vous und der Lokalhelden Die Selektion wäre einiges verbesserungswürdig gewesen.

Die Selektion

Foto: Steffen Schmid

Dabei fängt der Abend sehr vielversprechend an: Die Selektion, das Duo aus Luca Gillian und Hannes Rief, findet einen wohlgefüllten Saal vor. Nicht schlecht, wenn man bedenkt, dass der französische Headliner doch eher unbekannt ist. Hier kann man offensichtlich auf ein Publikum setzen, dass sich auf das geschmackssichere Booking verlässt. Und als die zwei um ca. 21:20 Uhr mit ihrem „Prosecco Wave“, einer griffigen Mischung aus Elektrobeats, EBM und Ausflügen Richtung Industrial beginnen, dauert es nicht lange, dass das Publikum in Bewegung kommt. Gillians ruheloses Rumtigern, seine ausladenden Bewegungen, der pathetische Gesang und Riefs sparsam gesetzte Trompetenakzente; da lässt sich schnell erkennen, warum die Band – zumindest im Ausland – eine ziemliche Bekanntheit genießt. Und der Mischer leistet ganze Arbeit: die Anlage ist zwar mörderlaut, doch die anfangs zu scharfen Höhen bekommt er in den Griff, der Rest ist schön transparent mit schiebendem Bass. Und so wundert es nicht, dass der Auftritt zum besten Selektion-Gig wird, den ich bisher gesehen habe und das Publikum die zwei noch zu einer Zugabe auf die Bühne bittet.

Rendez Vous

Foto: Steffen Schmid

Und hier haben wir einen der beiden Faktoren, warum das Konzert insgesamt unter seinen Möglichkeiten bleibt: der verspätete Beginn zusammen mit einem opulenten Support-Auftritt führt letztlich dazu, dass die Band aus Paris erst nach halbelf beginnt. Das ist für einen Mittwoch eh schon nicht so richtig toll, aber erst recht nicht, wenn man weiß, dass Rückreisende nach Stuttgart meist gegen elf das Komma verlassen werden. (Und so kommt es dann auch: die zweite Hälfte des Rendez Vous-Auftritts findet vor halbleerem Saal statt.)

Rendez Vous

Foto: Steffen Schmid

Die Erwartungen an Rendez Vous, die auf ihrer ersten Deutschland-Tour sind, sind jedenfalls hoch und als das Quintett aus Paris seinen Auftritt mit einer Kaskade aus Sprechgesang beginnt, bin ich zuerst verwirrt: sollte ich mich im Konzert geirrt haben? Auf den Alben klang das doch eher nach noisigem Postpunk. Nach dem Intro entwickelt sich dann aber alles in die erwartete musikalische Richtung. Zumindest soweit ich das beurteilen kann. Denn der von der Band mitgebrachte Mischer hat alles derart laut abgemischt, dass eine differenzierte Wahrnehmung unmöglich ist. Dies ist weit jenseits der Schmerzgrenze und lässt mich hektisch nach dem Gehörschutz suchen, den das Komma bereitstellt. Nicht das erste Mal, dass ich miterleben muss, wie der Hausmischer eines Clubs untätig danebenstehen muss, während ein mitgebrachter „Experte“ sein Unwesen treibt. Sorry, dies hat nichts mehr mit einem intensiven Konzerterlebnis zu tun, das ist sinnlose Kraftmeierei und schafft letztlich nur Distanz zum Geschehen auf der Bühne.

Rendez Vous

Foto: Steffen Schmid

Vielleicht hätte ich noch feststellen können, dass der Drummer einen tollen Punch hat, dass der Bass wunderbar vorantreibt und wir hier einen herausragenden Vertreter der französischen Rockmusik haben. Und dass es sich, wie Frustration oder The Limiñanas beweisen, immer lohnt, einen Blick über den Rhein zu unseren Nachbarn zu werfen. So endet der Abend aber leider in infernalischem Lärm und mit einem halbleeren Saal. Schade.

Rendez Vous

Die Selektion

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