GREAT LAKE SWIMMERS, 13.12.2018, Manufaktur, Schorndorf
Tony Dekker ist ein beschäftigter Mann, nicht nur als Musiker. Bereits vor dem Konzert in der Manufaktur hat sich eine Traube von Menschen um den Kanadier gebildet; in aller Gelassenheit verkauft und signiert er bereits am Merchandise-Stand die Great-Lake-Swimmers-Alben. Gelassen sind auch die harmonischen Folk-Melodien der Great Lake Swimmers aus Toronto. Genau die passende Musik, um im vorweihnachtlichen Trubel, sofern nötig, einen Gang zurückzuschalten.
Außergewöhnliche Orte suchen Great Lake Swimmers für die Aufnahme ihrer Alben aus. „A Forest of Arms“ (2015) wurde zu Teilen in einer Tropfsteinhöhle aufgenommen, „The Waves, The Wake“, das siebte und aktuelle Album in einer Kirche. Sie wäre nur 150 Jahre alt, räumt Tony Dekker während des Abends ein, das sei natürlich nichts gegenüber den ehrwürdigen Gebäuden in Europa. Eine wohlige Klangwolke breitet sich aus, wenn Tony Dekker singt. Die ersten Songs „The Real Work“, „Side Effects“ und „In a Certain Light“ sind noch eher ruhig und holen einen sanft ab. Kein hoher Wellengang, eher so, wie wenn man in einen See geht und die kleinen Wellen sanft die Füße umspülen. Mir wird warm ums Herz, mein Platz ist zudem auch richtig gewählt, in der lauschenden Fanecke wird sich nicht hörbar unterhalten. Volle Konzentration auf die Musik.
Tony Dekker, schlanker Typ mit kantigem Gesicht, kann man zurecht als höflichen, charismatischen Menschen bezeichnen. Spürbar ist, dass er das Great-Lake-Swimmers-Mastermind ist, immer wieder bedankt er sich beim Publikum. In der Manufaktur hat er bereits mehrere Male gespielt. Sehr geehrt fühle er sich, im diesjährigen Jubiläumsjahr wieder dabei sein zu dürfen. „Show of Democracy“ nennt er den Abend, während er seine Gitarre stimmt und nach einem Publikumswunsch fragt. Wenn mich an dieser Stelle nicht alles täuscht, fällt die Wahl auf „Changing Colours“.
Die weiteren Musiker des Quintetts, Eric Arnesen (E-Gitarre/Banjo), Bert Higgins (Bass/Kontrabass), Kelsey Katrina McNulty (Akkordeon/Keyboard) und Drummer Marshall Bureau stehen ihm in nichts nach. Schön zu beobachten ist das präzise Spiel von Drummer Marshall Bureau. Zwischen Drumsticks, Besen und Klöppeln, wechselt er immer wieder durch und treibt mit passender Dynamik die Songs nach vorne. Ein Freund der Natur ist Tony Dekker. Aus dieser schöpft er seine Kraft und Inspiration. In den liebevoll arrangierten Songs ist dies auch hörbar. Auf dem Album „The Waves, The Wake“ sind die Songs opulenter und verspielter, da sie mit Bläsern und Streichern aufgenommen wurden. Auch wenn Bläser und Streicher Live nicht dabei sind, vereinen sich diese Arrangements in dem Keyboard- und Akkordeonspiel von Katrina McNulty.
Ein Instrument mag ich gar nicht: das Banjo. Aber Gitarrist und Banjospieler Eric Arnesen hat mich mit seinem Spiel so überzeugt, dass ich anfange, das ungeliebte Instrument zu mögen. Ein Konzert der Versöhnung – Weihnachten kann kommen.