KREATOR, DIMMU BORGIR, HATEBREED, BLOODBATH, 08.12.2018, MHP-Arena, Ludwigsburg
Advent, Advent die Bühne brennt!
Vorne, hinten, dort und hier,
es treten Kreator ein, die Tür!
Mit dabei im Säckchen haben sie die eifrigen Helferlein Dimmu Borgir, Hatebreed und Bloodbath, um in Ludwigsburg ganz im Sinne der fröhlichen Weihnacht die European Apocalypse einzuläuten.
Ein erstes Knistern sollen die Stockholmer Bloodbath in der noch spärlich gefüllten Arena verbreiten, was gar nicht so einfach ist, wenn man schon zu so einer undankbaren Uhrzeit wie 18.00 Uhr loslegen soll und die meisten noch nüchtern und verfroren sind.
Sänger Nick Holmes kommt zu einem fies und kratzig klingenden Intro, dem Anlass entsprechend mit Anzug und weißen Kontaktlinsen und Blut verschmiert wie der Rest der Band, auf die Bühne und Unheilig …pardon, der musste sein… Bloodbath legen mit „Fleischmann“ von der aktuellen Platte „The Arrow Of Satan Is Drawn“ los. Das klingt schon ok, ist auch alles supertight gespielt und Nick Holmes klingt garstig und böse as fuck, aber der Funke will auf mich einfach nicht überspringen, was sich auch in der nächsten halben Stunde nicht ändern wird, wozu der mäßige Sound sein Übriges tut. „Let The Stillborn Come To Me“, „Eaten“ oder auch „So You Die“ sind die totalen Death Metal Hammer und finden hier und da auch den eigentlich verdienten Anklang, aber der Rahmen für rohen Death Metal stimmt heute in meinen Augen einfach nicht. Hinzu kommt auch der stark zugebaute Platz, welcher der Band zur Verfügung steht, da ist nicht viel Spielraum für die große Action. So plätschert der Auftritt eben Song für Song vor sich hin ohne große Erinnerungsmomente zu schaffen. Nach knapp einer halben Stunde ist das Set auch beendet und der doch recht höfliche Applaus bestätigt meine Annahme, dass das ein eher unglücklich gewählter Opener ist.
Wie man diese bei halbleeren Rängen etwas trostlos wirkende Halle mit Emotionen, Spaß und Hingabe füllt und auch denselben Platz auf der Bühne mit Präsenz nutzt, werden nun Hatebreed unter Beweis stellen. Die begleiten mich schon seit meiner Jugend und bereits jetzt freue ich mich auf den letzten Song. Da gab es in der Rofa auf der Tanzfläche immer ordentlich auf die Nuss.
Are you ready to party Ludwigsburg?
Oh ja, das ist Ludwigsburg definitiv. Und los geht´s mit „To The Treshold!“ Schon während der ersten Strophe kommt überall Bewegung in die Menge und wie ein Mahlstrom entwickelt sich vor der Bühne ein angebrachter Circle Pit und zieht immer mehr Leute in seine Bahnen. Die New Yorker haben sichtlich Bock auf das Chaos, welches sich vor ihnen auftut und Sänger Jamey Jasta feuert durchgehend an, noch ein wenig mehr durchzudrehen. Musikalisch ist das alles eine ordentliche Nummer simpler und reduzierter als bei Bloodbath, verfehlt aber seine Wirkung zu keinem Moment. Hatebreed gefallen mir immer am besten in ihren langsameren und midtempo-lastigen Momenten. Da entfalten ihre immer noch vorhandenen Hardcore Wurzeln den nächsten Pit zu stürzen. „Live For This“ setzt gleich den nächsten Treffer und meine Bedenken, wie wohl die Stimmung wird bei so einem gemischten Lineup gehen irgendwo in verknoteten Körpern, fliegenden Bechern und erhobenen Fäusten unter. Hatebreed haben ein unglaublich gutes Gespür für Breakdowns, die in manchen Momenten wie eine Vollbremsung wirken, die das Adrenalin hochjagt oder einen einmal tief durchatmen lassen bevor es wieder in den Sturm übergeht. Und so läuft der urige Trasher ebenso seine Runden im Pit wie die Herrschaften mit Corpse Paint oder Wife-Beatern und Bandana.
Lemmy, Dio, Dimebag und Hanneman wird „Doomsayer“ gewidmet, gedenkt, gedankt und deren Spirit zu ehrlicher, roher Musik unterstrichen. „A Call For Blood“, „This Is Now“, man macht hier keine Späßchen und erwähnt immer wieder wie dankbar das Publikum hier als auch bei den regelmäßigen Stopps in Stuttgart ist. Da freut sich das Mosher-Herz.
Nach 45 Minuten Vollgas vor und auf der Bühne spielen sie als Abschluss auch noch meinen Favourite „I Will Be Heard“. Da juckt es Opa wieder gewaltig doch nochmal in den Ring zu steigen, leider sind die Plätze auf der Pressetribüne so eng…
Nach Hatebreed darf nun auch der Rest der Bühne enthüllt werden. Dimmu Borgir legen nochmal ein paar m² drauf bei der Größe des Backdrops. Dafür wirken die beiden umgedrehten Kreuze links und rechts am Bühnenrand etwas mickrig. (Sorry, Watain haben die Größeren).
Ich habe mich schon lange nicht mehr mit Dimmu Borgir beschäftigt und auch deren letzten Alben nur noch am Rande wahrgenommen ohne sie anzuhören. Ab einem gewissen Punkt wurde es mir schlicht zu symphonisch und pompös. Dennoch freue ich mich darauf, hoffentlich ein paar der älteren Sachen hören zu können und in Erinnerungen zu schwelgen an die ersten Nietenarmbänder, umgedrehten Kreuze, Ledermäntel und Mutters Kajal.
Mit einem standesgemäßen okkulten Intro, gespickt mit gutturalem Gesang kommen die Herren vermummt zu sechst auf die Bühne, was schnell zu Verwechslungen mit Behemoth führen könnte. Ja, Kutten mit übergroßen Kapuzen sind das Must Have bei Black Metal Bands 2018. Zudem muss man auch erstmal recherchieren, wer außer Shagrath und Silenoz eigentlich mit in der Band ist, da sich das Besetzungskarussell ähnlich schnell dreht wie bei Cradle of Filth.
„The Unveiling“ vom neu erschienenen Werk „Eonian“ markiert den Start einer extrem opulenten Show, vollgepackt mit Chören, Orchester und symphonischen Klangwänden. Ja, es ist mir immer noch zu operesk und pompös und es stört mich auch immer etwas, wenn bei Bands über die Hälfte dessen was man hört vom Band kommt. Mit „Interdimensional Summit“ und „Gateways“ wird das dann auch ziemlich auf die Spitze getrieben. Dennoch macht es Laune, weil auch die Band sichtlich Bock hat und Shagrath ziemlich gut bei Stimme ist und ordentlich durch die Gegend keift. Wenn die Gitarren von Galder und Silenoz zwischen den Klangwänden vom Keyboard mal ihren Freiraum bekommen, dann sägen sie sich auch wirklich gut ins Gehör und lassen durchblicken, dass diese Band mal mit trvem, norwegischen Black Metal begonnen hat. Mit „Indoctrination“ liefern sie, gepaart mit riesen Nebelsäulen und Strobogewitter, ein absolutes Inferno, dass für mich unter anderem den Höhepunkt der Show bildet.
Den Auftritt schließen Dimmu Borgir mit ihren beiden alten Vorzeige-Hits „Progenies Of The Great Apocalypse“ und natürlich „Mourning Palace“, einer der besten Symphonic Black Metal Songs, absolut würdig ab und auch Ludwigsburg ist ziemlich zufrieden mit dem eben dargebotenen.
Ein kleiner Fun-Fact am Rande:
Dimmu Borgir ist in Deutschland auch in der Hip-Hop Szene kein unbekannter Name, weil sich Vorzeige-Assi Bushido tatsächlich erdreistet hat in seinen Anfangstagen Mourning Palace unerlaubt zu stehlen und für seinen Song „Mittelfingah“ zu verwenden. Dafür gab es dann aber auch richtig Ärger aus dem hohen Norden.
Für Kreator wird nun erstmal die Bühne verhangen mit einem riesigen schwarzen Vorhang. Dahinter wird ordentlich umgebaut, getreu dem Motto im Dunkeln ist gut Munkeln. Wenn man so vor die Bühne schaut, hat sich eine ansehnliche Menge an Metal-Kutten versammelt mit ordentlicher Bierlaune, die sicherlich dafür sorgen wird, dass die Stimmung gleich ihren Höhepunkt findet.
Es erklingt Run To The Hills und schaut man dabei nur in die Menge könnte man meinen, Maiden selbst stehen auf der Bühne, so ekstatisch wird da mitgesungen. Auf den Vorhang wird eine kleine Botschaft projeziert, die ankündigt, was in der nächsten Stunde angesagt ist.
Ludwigsburg are you ready to get destroyed?
Und los geht die Sause. Der Vorhang fällt und die „Enemies of God“ trashen los. Super fetter Sound von allen Instrumenten, da ist man gleich voll mit dabei und beginnt erregt zu grinsen. Über vier LED-Wände wird die blasphemische Botschaft visuell unterstrichen und auch die Konfettikanone findet gleich zu Beginn ihren Einsatz. Mille Petrozza ist schwer motiviert und fragt immer mal wieder sympathisch „Seid ihr bereit euch umzubringen?“ oder äußert seinen scheinbar sehnlichsten Weihnachtswunsch „Ich will hier die totale Zerstörung sehen“. Wenn dann mit Songs wie „Hail To The Hordes“ und „Gods Of Violence“ direkt nachgelegt wird, scheint dieser Wunsch beim Blick in die Halle möglicherweise in Erfüllung zu gehen. Und wie schon angekündigt beginnt dann auch die Bühne zu brennen. „Satan Is Real“ wird untermauert von einem halben Dutzend Flammenwerfern am Bühnenrand. Sollte sich gerade zufällig ein Geistlicher in die Halle verirren, wird da mehr nötig sein als ein paar Ave Maria um da nicht vom Glauben abzufallen.
An dieser Stelle möchte ich den Blick für einen Moment weg von der Bühne lenken, da neben mir eine kleine Tragödie passiert ist. Ein enthusiastischer Kreator Fan kommt mit Bier in der Hand „Satan is real“ gröhlend die Treppe hinunter und rutscht aus. Das frische Bier fällt ihm natürlich aus der Hand und der leere Blick in seinen Augen brennt sich tief in die Seele ein. Fluchend schleppt er sich die Treppen wieder hoch. Der Schmerz im Rücken scheint nebensächlich beim Gedanken an das verschüttete Bier. Wenden wir uns wieder Schönerem zu.
Auch Kreator erinnern uns an all die verstorbenen Helden und über die Bildschirme flimmern schwarzweiße Portraits von Lemmy, Amy Winehouse, Dimebag Darrell und vielen mehr. Dazu stimmen sie „Fallen Brother“ an. Respekt vor dem Schaffen Anderer, wenn auch nicht aus dem gleichen Metier, wird heute Abend groß geschrieben. Unser gefallener Held ist nach nur einem verpassten Song auch wieder am Start mit frischem Bier und lässt sich von der Security an die Hand nehmen, um sicher die Treppen hinunter zu kommen und gemeinsam mit Kreator, sicherlich mit Extramotivation, die „Flag Of Hate“ zu hissen.
Auch Kreator lassen es sich nicht nehmen und fordern die Meute auf für „Hordes Of Chaos“ die Halle zu teilen, um gemeinsam in einer Wall of Death unterzugehen. Zusätzlich feuert man nochmal ordentlich Konfetti und Luftschlangen mitten rein, um auch sicherzugehen, dass jeder seinen Spaß hat.
Pleasure To……?
Pleasure To…..?
KILL!!!!
Ein letzter Schlachtruf von Mille Petrozza und ein letztes Mal wird der Acker vor der Bühne nochmal richtig bearbeitet mit Unterstützung von „Pleasure To Kill“. Gemeinsam geht man unter in Feuersäulen, Bierregen und Konfetti. Zum Abschluss kann ich nur nochmal erwähnen, dass ich zu Anfang dachte, dieses Lineup passt stimmungsmäßig überhaupt nicht zusammen, aber ich wurde eines besseren belehrt, weil am Ende alle mit einem gemeinsamen Ziel zum Konzert kamen. Ordentlich die Sau rauszulassen.
Prost!